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HUNGER/252: Ägypten - Initiative gegen Exportverbot von Grundnahrungsmitteln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Juni 2011

Ägypten: Initiative gegen Exportverbot von Grundnahrungsmitteln - Gefahr für ärmste Länder

Von Isolda Agazzi


Genf, 30. Juni (IPS) - Besonders arme Länder, die sich nicht aus eigener Kraft ernähren können, sollen von den Exportbeschränkungen für Getreide und andere Agrarprodukte ausgenommen werden. Diesen Antrag wird Ägypten der Welthandelsorganisation (WTO) auf ihrer Ministerkonferenz Mitte Dezember in Genf vorlegen.

Von der Ausnahmeregelung sollen die gut 77 Entwicklungsländer in der WTO profitieren, die wie die ärmsten Länder (LDCs) als Nettoimporteure von Nahrungsmitteln (NFIDCs) gelten. Die afrikanischen Länder und LDCs unterstützen den von den NFIDCs ausgearbeiteten Vorschlag. Auch die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) haben die WTO-Konferenz aufgefordert, einen besonderen Beschluss zu Exportbeschränkungen zu fassen.

Im Rahmen einer Tagung über Preisschwankungen bei Nahrungsmitteln befasste sich zudem das 'Centre for Trade and Sustainable Development' (ICTSD) in Genf mit dem Vorschlag. So hatte nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) Russlands vorjähriger Exportstopp für Weizen zwischen Juli und September 2010 das Getreide weltweit um 60 bis 80 Prozent verteuert. Russland soll bis Ende dieses Jahres WTO-Mitglied werden. Seit Anfang des Jahres verfügten 21 Staaten, darunter Kirgisien, Mazedonien, Moldawien und die Ukraine Exportstopps für bestimmte Getreidesorten.

In einem Interview mit IPS betonte Ägyptens WTO-Botschafter Hisham Badr: "Man darf diesen besonders schutzlosen Ländern nicht durch einen Exportstopp für Nahrungsmittel ihre Überlebensfähigkeit nehmen, schon gar nicht in Zeiten internationaler Energie-, Finanz-, Wirtschafts- und Nahrungsmittelkrisen." Seit Juni 2010 hat die schwindelerregende Preisentwicklung dazu geführt, dass die Zahl der extrem Armen in Ländern mit geringen und mittleren Einkommen auf 44 Millionen angestiegen ist.

Seit Beginn der Demokratiebewegung spielt in Ägypten die gesicherte Versorgung mit Nahrungsmitteln eine wesentliche Rolle, wenn über die angestrebte soziale Gerechtigkeit diskutiert wird. Weil jedoch der Abschluss der so genannten Doha-Entwicklungsagenda auf sich warten lässt, schlagen Ägypten und die Gruppe der afrikanischen WTO-Länder vor, die Frage des Exportstopps für Nahrungsmittel in das innerhalb der WTO umstrittene sogenannte 'Early Harvest'-Paket zu übernehmen, das aus der Gesamtagenda der Doha-Runde ausgegliedert werden und von der WTO-Ministerkonferenz im Dezember verabschiedet werden soll.

"Uns geht es dabei um eine umfassendere Strategie", erklärte Badr. "Gemeinsam mit der Dominikanischen Republik will Ägypten auf der WTO-Generalversammlung im September eine zusätzliche Initiative über Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln anstoßen", berichtete er. "In enger Zusammenarbeit mit der FAO sind wir zudem dabei, ein Informationssystem für den Agrarmarkt aufzubauen, um effizient auf die Preisschwankungen bei Agrarprodukten reagieren zu können", sagte Ägyptens WTO-Mann. "Bislang hat zwar noch kein Land diese Initiative abgelehnt, doch viele Länder ziehen es vor, erst einmal abzuwarten", bedauerte Badr. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.ictsd.org
http://www.wto.org/
http://www.fao.org
http://www.wfp.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=51719
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=56226

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2011