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HUNGER/253: Offensive gegen Hunger - Internationales Bündnis will Maisanbau fördern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Juli 2011

Ernährung: Offensive gegen Hunger - Internationales Bündnis will Maisanbau fördern

Von Lily Hough


Washington, 11. Juli (IPS) - Das weltgrößte Bündnis für Agrarforschung hat eine neue Kampagne zur Bekämpfung des Hungers angekündigt. Um bis 2030 die Nachfrage von rund 600 Millionen Menschen nach Mais zu befriedigen, soll der Anbau des Getreides auf breiter Ebene gefördert werden.

Wie die Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) kürzlich in Washington mitteilte, soll die Erforschung neuer, dürrebeständiger Maissorten mit 170 Millionen US-Dollar finanziert werden. Zugleich ist geplant, die bereits bekannten Varietäten, die Krankheiten in Subsahara-Afrika und Asien standhalten, zu verbessern.

Thomas Lumpkin, Generaldirektor des Zentrums zur Verbesserung von Mais und Weizen (CIMMYT) sprach von einem "höchst ambitionierten Projekt, mit dem der Hunger in der Welt gelindert werden kann". Er appellierte an Regierungen und private Institutionen, gemeinsam auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Der fortschreitende Anstieg der Weltbevölkerung hat die internationale Landwirtschaft vor große Herausforderungen gestellt. Im Oktober wird den Schätzungen zufolge die Sieben-Milliarden-Marke erreicht sein. Eine gerechte Verteilung von Lebensmitteln und stabile Preise sind jedoch nicht gewährleistet.

Vor allem die ärmeren Länder haben jedoch die Mittel für Nahrungsmittelforschung drastisch gekürzt. Gerade dort ist die Notlage der Hungernden aber besonders groß. US-Präsident Barack Obama hatte im Juni 2009 einen Beitrag von 3,5 Milliarden Dollar zu einem Hilfspaket von insgesamt 22 Milliarden Dollar der Gruppe der acht wichtigsten Industriestaaten (G-8) zugesagt. Die Initiative zur Bekämpfung des globalen Hungers und zur Nahrungssicherung wurde im darauf folgenden Monat auf dem Gipfeltreffen im italienischen L'Aquila angekündigt.


USA können Zusagen nicht einhalten

Das Tauziehen zwischen dem US-Kongress und der Regierung hat die Umsetzung der Zusagen Obamas bislang verhindert. Washington musste in der internationalen Entwicklungshilfe sogar drastische Kürzungen vornehmen.

Obwohl sich die Welt inzwischen von der globalen Finanzkrise erholt hat, sind die Zusagen von L'Aquila bisher nur zu einem Viertel erfüllt, wie der Generaldirektor des Nahrungsforschungszentrums 'International Food Policy Research Institute', Shenngen Fan, sagte. "Bevor die Weltgemeinschaft neue Empfehlungen ausspricht, sollte sie erst ihre früheren Verpflichtungen erfüllen", erklärte er.

Fast ein halbes Jahrhundert nach der 'grünen Revolution' - der ersten breit angelegten Initiative zur Entwicklung neuer Getreidesorten in den Ländern des Südens - ziehen die Investitionen nach den Krisenzeiten zu Beginn des 21. Jahrhunderts allmählich wieder an.

Vor der Agrarreform in den späten sechziger Jahren war jeder dritte Einwohner von Entwicklungsländern unterernährt. Als die 'grüne Revolution' Ende der achtziger Jahre ihren Höhepunkt erreichte, hatte nur noch jeder Fünfte nicht ausreichend zu essen. Die Gesamtzahl der Unterernährten sank zum ersten Mal in der jüngeren Vergangenheit unter die Marke von 800 Millionen.

Dank großzügiger Zuschüsse konnte die Nahrungssicherung zwischen 1970 und 1990 mit dem Anstieg der Weltbevölkerung Schritt halten. Dann jedoch flossen die Gelder in den folgenden Jahren immer spärlicher. Grund dafür war, dass die reichen Staaten der Entwicklungs- und Agrarhilfe nicht mehr dieselbe Priorität einräumten wie vorher.

Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage führte im vergangenen Jahrzehnt zu größeren Preissprüngen. Nach Ansicht von Weltbank-Präsident Robert Zoellick trug diese Entwicklung dazu bei, weltweit soziale Unruhen zu schüren. Die Weltbank gehört zu den Gründern von CGIAR.

Erst vor wenigen Tagen setzte die Polizei in Kenia Tränengas ein, um Protestdemonstrationen gegen rasant gestiegene Maispreise aufzulösen. Mais ist in dem afrikanischen Land mit rund 40 Millionen Einwohnern ein Grundnahrungsmittel. Am Horn von Afrika sind zurzeit schätzungsweise zwölf Millionen Menschen von den Folgen der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren betroffen.


Maispreis in Afrika um bis zu 40 Prozent gestiegen

"Die Hilfsanstrengungen stehen vor enormen Hürden", sagte Jane Cocking von der Hilfsorganisation 'Oxfam'. "Es ist nicht genug Geld vorhanden, um Lebensmittel in ausreichenden Mengen zu kaufen. Und die Maispreise in Afrika sind seit einem Jahr um bis zu 40 Prozent gestiegen."

Gegen diese Missstände will CGIAR, das Geber in einem Konsortium aus 15 renommierten Forschungsinstituten zusammenbringt, mit Projekten im Umfang von bis zu 600 Millionen Dollar angehen. Die geplante Finanzierung des Maisanbaus mit 170 Millionen Dollar wurde zu einem Zeitpunkt angekündigt, als die Preise für das Getreide in Kenia stärker anstiegen als während der Nahrungskrise 2007/08.

Wie der Vorsitzendes CGIAR-Konsortiums, Carlos Perez del Castillo, erklärte, soll das Programm ermöglichen, dass sich die Produktivität des Maisanbaus verdoppelt. Zudem will das Bündnis sicherstellen, dass die Agrarbetriebe den Folgen des Klimawandels besser standhalten und die Anbauflächen verkleinern können. Studien der in Mexiko ansässigen Organisation CIMMYT zufolge könnte die Nachfrage nach Mais bis 2050 noch um das Doppelte steigen. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.cgiar.org/
http://www.cimmyt.org/
http://www.ifpri.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56407

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2011