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HUNGER/281: Sudan - USA stocken Hungerhilfe auf, Konflikt mit dem Südsudan vergrößert die Not (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. April 2012

Sudan: USA stocken Hungerhilfe auf - Konflikt mit dem Südsudan vergrößert Not in Grenzregionen

von David Elkins



Washington, 4. April (IPS) - US-Präsident Barack Obama hat das US-Außenamt in einem Memorandum aufgefordert, die Hungerhilfe des Landes für den Sudan aufzustocken. Damit reagierte er auf die katastrophale Ernährungslage tausender Zivilisten im Zuge der jüngsten Auseinandersetzungen an der sudanesisch-südsudanesischen Grenze.

Es liege im nationalen Interesse, die gesetzlich vorgesehenen Hilfsgelder in Höhe von bis zu 26 Millionen US-Dollar aus dem US-Nothilfefonds zur Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten bereit zu stellen, um den in Bedrängnis geratenen Menschen in den sudanesischen Bundesstaaten Süd-Kordofan and Blue Nile zu helfen, hieß es in dem am 3. April veröffentlichten Papier.

Einen Tag zuvor hatte sich Obama mit Blick auf die Eskalation der Spannungen zwischen dem Sudan und dem Südsudan besorgt über die Folgen geäußert, die die fortgesetzten Kämpfe mit sich bringen könnten. An den südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir richtete er den Appell, die Feindseligkeiten zu beenden.

Obama sprach von der Notwendigkeit, die Kämpfe in den von beiden Ländern beanspruchten Grenzregionen und insbesondere in Süd-Kordofan zu beenden. Ferner unterstrich er die Bedeutung, die einem Abkommen über die Öl-Transport-Gebühren zukomme. "Es ist nicht nur wichtig, die beiden Regierungen für ein Ölabkommen zu gewinnen.

"Ebenso entscheidend ist es, die Fragen vertraglich zu regeln, die sie so sehr spalten und gegeneinander aufbringen", meinte Princeton Lyman, US-Sonderbeauftragter für den Sudan und den Südsudan, während einer Telefonkonferenz am 2. April. "Wir müssen uns um eine möglichst weitreichende diplomatische Lösung bemühen, die viele Fragen klärt." Außerdem gelte es zu bedenken, dass die Probleme von beiden Seiten verursacht würden.


Gesprächsgipfel gescheitert

Präsident Kiir und sein sudanesischer Amtskollege Omar al-Bashir sollten eigentlich in der ersten Aprilwoche zu Gesprächen zusammengekommen. Doch die Welle der Gewalt, die Zusammenstöße zwischen Bodentruppen und Luftangriffe in mehreren Grenzregionen wie Süd-Kordofan und Blue Nile beinhaltete, vernichtete die Chancen für einen solchen Friedensgipfel. In der letzten Märzwoche kam es im Grenzstaat Unity, in dem sich die wichtigsten Ölfelder und Förderanlagen befinden, zu Zusammenstößen.

US-Politiker und der UN-Sicherheitsrat drängten beide Seiten zu Deeskalationsmaßnahmen. Doch Analysten zufolge ist es falsch, beide Staaten gleichermaßen für die jüngste Gewaltwelle verantwortlich zu machen. Damit verspiele die internationale Gemeinschaft ihre Glaubwürdigkeit als unparteiischer Vermittler und begünstige eine Verlängerung des Konflikts, warnten sie.

"Wir sollten herausstellen, dass es keine Beweise dafür gibt, dass der Süden die Sudanesische Volksbefreiungsarmee Nord unterstützt oder vorhat, dies zu tun", meinte der Sudanexperte Eric Reeves in seinem Blog sudanreeves.org. Die bestehende Asymmetrie zu ignorieren, hieße den Sudan zu ermuntern, seine Militäroperationen im Süden fortzusetzen.

Etliche regionale Beobachter haben darauf hingewiesen, dass die Hardliner innerhalb der sudanesischen Regierung von einer Fortsetzung des Konflikts nur profitieren werden. "Möchte-Gern-Mediatoren sollten der Versuchung widerstehen, sich die 'Guten' im Sudan auszugucken und sich auf ihre Seite zu schlagen", warnten die beiden Regionalexperten Alan Goulty and Nuredin Satti in einem Bericht, der vom 'Woodrow Wilson Center for International Affairs' im letzten Monat veröffentlicht wurde.

"Die Konfliktparteien brauchen Hilfe, um Frieden zu schließen und nicht, um Krieg zu machen", heißt es in dem Report. Darüber hinaus sei es wichtig, jede Parteilichkeit zu unterbinden, die nur dazu führen werde, dass Verhandlungen ausblieben und beide Seiten abwarteten, dass der Druck von außen den jeweiligen Kontrahenten schwäche.


Hilfskorridor gefordert

Abgesehen von den im letzten Monat ausgetragenen Kämpfen ums Öl müssen der Sudan und der Südsudan auch in anderen Bereichen einen Konsens erreichen. Dazu gehört die Erlaubnis, den Hilfsorganisationen den Zugang zu den in Not geratenen Menschen zu gestatten, von denen viele kurz vor dem Hungertod stehen. Auch müssen die Grenzen demarkiert und der Status der Vertriebenen geklärt werden.

"Höchste Priorität für die US-Regierung hat die Einrichtung eines Hilfskorridors. Dies macht aber das Einverständnis beider Seiten und ein Ende der Kämpfe erforderlich", meinte David Shinn, früherer US-Botschafter in Äthiopien.

Die politische Opposition in den USA ist im Wahljahr vor allem darum bemüht, Obama für die steigenden Ölpreise verantwortlich zu machen. Doch dazu meinte ein Regierungsvertreter, dass es viele Faktoren für den Preisanstieg gebe, auf die Washington keinen Einfluss habe.

Angesichts des fortgesetzten Streits über den Preis der südsudanesischen Erdöltransporte in den Sudan, der die wichtigsten Pipelines und Infrastruktur für den Export zum Roten Meer besitzt, sieht sich die Regierung in Juba mit einem beträchtlichen Einnahmenrückgang konfrontiert. Bevor die Exporte gestoppt wurden, garantierte die geschätzte Förderkapazität von 345.000 Barrel Öl pro Tag 98 Prozent der südsudanesischen Einnahmen.

"Wir sind unbedingt an einer Entspannung interessiert und versuchen, den preistreibenden Faktoren entgegenzuwirken", meinte Jay Carney, der Pressesprecher des Weißen Haues Ende März bei einer Pressekonferenz.


Hoffnung auf chinesische und indische Diplomatie

Von anderen Ländern wird das Gleiche erwartet. So verspricht man sich von China, das bis zum Ende der Lieferungen 67 Prozent der sudanesischen Exporte bezog, und anderen asiatischen Staaten einen diplomatischen Vorstoß, der die Krise zwischen dem Sudan und dem Südsudan beendet.

"Sowohl China als auch Indien haben viel in den Ölsektor investiert. Deshalb haben sie beide ein veritables Interesse an einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den zwei Ländern, von denen ja der Süden bekanntlich das Öl und der Norden die Infrastruktur besitzt", sagte Botschafter Princeton Lyman. "Aus diesem Grund sind wir im ständigen Kontakt mit den Chinesen, und ich bin in Kontakt mit dem neuen chinesischen Gesandten", fügte er hinzu. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2012/04/03/presidential-memorandum-unexpected-urgent-refugee-and-migration-needs
http://www.sudanreeves.org/2012/03/28/conflict-in-the-heglig-region-of-south-kordofan-implications/
http://www.wilsoncenter.org/sites/default/files/FINAL-AFR120228_policy5T_0329_rpt.pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107305

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2012