Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

INTERNATIONAL/090: Nährstoffanreicherung von Pflanzen soll gegen versteckten Hunger helfen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Juni 2013

Ernährung: Nährstoffanreicherung von Pflanzen soll gegen versteckten Hunger helfen

von Thalif Deen


Bild: © Busani Bafana/IPS

In Afrika wird für eine nährstoffreichere Manioksorte geworben
Bild: © Busani Bafana/IPS

Rom, 27. Juni (IPS) - Die Weltagrarorganisation FAO, die gegen die Unterernährung von mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit ankämpft, will die Anreicherung von Pflanzen mit Mikronährstoffen fördern. Das Verfahren, das sich in der Fachsprache Biofortifikation nennt, zielt darauf ab, den Mikronährstoffgehalt von Pflanzen durch spezielle Zuchtmethoden zu erhöhen.

Die Züchtungen erfolgen im Rahmen von 'HarvestPlus', einem von der Beratungsgruppe für Internationale Agrarforschung (CGIAR) unterstützten und in nationalen Forschungszentren vor allem der Entwicklungsländer durchgeführten Programm.

Die erste angereicherte Nutzpflanze, die von afrikanischen Wissenschaftlern entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Kartoffelzentrum (CIP) in Umlauf gebracht wurde, war die orangefarbene Süßkartoffel, die laut CGIAR bis zu 100 Prozent der für Kleinkinder empfohlenen Tagesdosis an Vitamin A liefern kann.

Sechs weitere Nutzpflanzen sollen nun mit Hilfe konventioneller Zuchtmethoden mit zusätzlichen Nährstoffen angereichert werden: Maniok und Mais mit Pro-Vitamin A, Bohnen und Perlhirse mit Eisen sowie Weizen und Reis mit Zink. Die ersten drei Varietäten sind für Afrika und der Rest für Südasien bestimmt.

Nach Angaben von CGIAR wurden neue Sorten der vier ersten Pflanzen im letzten Jahr vorgestellt. Weizen und Reis sollen im Laufe dieses Jahres folgen. Während es Zeit braucht, Saaten in ausreichender Menge zu produzieren, geht das Institut davon aus, dass bis Jahresende bereits um die 500.000 Bauern die Pflanzen anbauen können.

"Das Programm zielt auf die Bekämpfung des verdeckten Hungers, der durch das Fehlen von Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen in Nahrungsmitteln verursacht wird", sagte der Leiter der Ernährungsabteilung von HarvestPlus, Erick Boy. "Das ist derzeit das weltweit größte Ernährungsproblem." Wie Boy hervorhob, verursacht der Mangel an Pro-Vitamin A, Zink und Eisen eine ganze Reihe von Gesundheitsproblemen, vor allem bei Frauen und Kindern.


Drei Millionen Familien sollen 2015 von Programm profitieren

Dem Experten zufolge wird das angereicherte Saatgut spätestens 2015 an mehr als drei Millionen Bauernfamilien in sieben Ländern Afrikas und Asiens verteilt. "Das ist nicht schlecht für ein Programm, das 2003 bei null angefangen hat", meinte er. Durch den regelmäßigen Verzehr dieser Nutzpflanzen könne die Hälfte des Bedarfs an Pro-Vitamin A, Zink und Eisen gedeckt werden. Nach Ansicht von CGIAR nehmen zwei Milliarden Menschen auf der Erde diese Nährstoffe nicht in ausreichender Menge zu sich.

Die Unterversorgung kann bei Kindern zu einem niedrigen IQ, Wachstumsstörungen und sogar Blindheit führen. Sowohl Kinder als auch Erwachsene werden anfälliger für Krankheiten, und werdenden Müttern und ihren Kindern drohen während der Geburt höhere Gesundheitsrisiken. Nach Angaben der Weltbank steigt bei mangelernährten Kindern die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Schule abbrechen und als Erwachsene in schlechter bezahlten Berufen tätig sind. Damit wird das gesamte Wirtschaftswachstum geschwächt.

Fraglich ist allerdings, ob die Verbraucher die veränderten Nahrungsmittel annehmen werden, insbesondere wenn sie anders aussehen und schmecken. Laut FAO gibt es Anzeichen dafür, dass die Konsumenten willig sind, diese Nahrungsmittel selbst zu höheren Preisen zu kaufen. So seien ugandische Verbraucher bereit, für orangefarbenen Maniok so viel zu zahlen wie für die weiße Variante. Eine spezielle Werbekampagne sei nicht notwendig gewesen. Ähnliche Ergebnisse wurden in Sambia erzielt, wo auch orangefarbener Mais gut angenommen wurde.


Projekte auch in Lateinamerika

Auf die Frage, warum das Projekt zwar Afrika und Asien, nicht aber Lateinamerika im Blick hat, antwortete Boy, dass Subsahara-Afrika und Südasien am stärksten von verdecktem Hunger betroffen seien. Lateinamerikanische Staaten hätten in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei der Verbesserung der Ernährungssituation mehr Erfolg gehabt. Man arbeite aber daran, in gefährdeten Ländern wie Guatemala eisenreiche Bohnen und stark zinkhaltigen Mais zu verbreiten.

Anfang Juni hat die britische Regierung HarvestPlus 46,4 Millionen Dollar für die Entwicklung und Verbreitung von sechs nährstoffangereicherten Nutzpflanzen bereitgestellt, die für Millionen Haushalte in Afrika und Asien bestimmt sein sollen. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.harvestplus.org/
http://www.cgiar.org/
http://www.fao.org/publications/sofa/en/
http://www.ipsnews.net/2013/06/biofortification-may-hold-keys-to-hidden-hunger/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 27. Juni 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2013