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INTERNATIONAL/159: Gentechnik für Afrika (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 400 - Juni 2016
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Gentechnik für Afrika
In Afrika versuchen die Konzerne mit ihren Gentechpflanzen der ersten Generation noch mal richtig Geld zu machen

Von Stig Tanzmann, Brot für die Welt


Während in Europa und insbesondere in Deutschland schon gegen die "neuen" Gentechnikverfahren gestritten wird, erlebt der afrikanische Kontinent eine bisher nicht da gewesene Welle von Feldversuchen mit kommerziellem Hintergrund und Zulassungsanträgen für den kommerziellen Anbau von GVOs. Am weitesten sind die Zulassungsanstrengungen bei GVO-Baumwolle. In Malawi wurde der kommerzielle Anbau von Bt-Baumwolle schon 2013 im Abkommen mit der G8 New Alliance durch Monsanto angekündigt. Monsanto hätte sich zu diesem Zeitpunkt nicht träumen lassen, dass der kommerzielle Anbau 2016 immer noch nicht genehmigt sein würde. Dies kann aber nicht über die äußerst prekäre Situation in Malawi hinwegtäuschen, denn gleichzeitig hat die Zivilgesellschaft zurzeit keine Kapazitäten, auch noch die Feldversuche mit GVO-Bananen und GVO-Mais zurückzudrängen. Auch mit Blick auf GVO-Baumwolle ist zu befürchten, dass die Zulassung nicht dauerhaft blockiert werden kann.

Viele Befürworter

Ähnlich sieht es in Nigeria aus, auch dort wird die Kommerzialisierung von GVO-Baumwolle vorangetrieben, obwohl gerade im Fast-Nachbarland Burkina Faso der kommerzielle Anbau von Bt-Baumwolle gescheitert ist. In Nigeria hat sich eine große Koalition von über hundert Organisationen, welche mehr als fünf Millionen Menschen repräsentieren, gegen den Anbau von Bt-Baumwolle und die ebenso geplanten GVO-Mais-Feldversuche formiert. Ob es zu einer Zulassung kommt, ist wie immer unklar. Doch der für die Zulassung zuständige Direktor der nigerianischen Biosicherheitsbehörde hat in einem Interview keinen Zweifel daran gelassen, dass er GVOs für sicher hält, die europäische Zurückhaltung mit Blick auf GVOs nicht verstehen kann und sich jeden positiven Bezug auf Europa in der nigerianischen Debatte verbietet. Weiter stellt er klar, dass es auch nigerianische Wissenschaftler und Institute seien, die an den GVOs arbeiten.

Die Abgrenzung vom europäischen Umgang mit GVOs ist bei vielen afrikanischen Entscheidungsträgern inzwischen so klar und deutlich, dass es nicht überrascht, wenn sich Monsanto in Europa traut, auf den Bericht des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments zur G8 New Alliance, in dem auch die Propagierung von GVOs durch die G8-Allianz kritisiert wird, mit dem Vorwurf des Neokolonialismus an das EU-Parlament zu reagieren. Der Direktor der nigerianischen Biosicherheitsbehörde ist nur die Spitze des Eisbergs von Gentechnikbefürwortern in Afrika.

Etablierte Netzwerke der Konzerne

Die großen Saatgutkonzerne, wie Bayer, Dupont, Monsanto und Syngenta, haben in den letzten Jahren zusammen mit der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, USAID und AGRA (Alliance for a Green Revolution in Africa) ein gut verwobenes Netzwerk von Gentechnikprofiteuren und -befürwortern in Regierungen, Ministerien, wissenschaftlichen Instituten und der Wissenschaftsgemeinschaft quer durch den afrikanischen Kontinent aufgebaut. Insbesondere für Wissenschaftler war und ist die Forschung an und zu GVOs häufig die einzige Möglichkeit, eine wissenschaftliche Karriere zu starten, denn in diesem Sektor gibt es Stipendien über Gates, AGRA und USAID sowie die Möglichkeit, Zugang zu renommierten US-Universitäten zu bekommen. Gleichzeitig floss und fließt viel Geld der Entwicklungszusammenarbeit in diesen Bereich.

Unbedingt beachtenswert und auch besorgniserregend ist, dass in diese Netzwerke der großen Konzerne systematisch eigentlich von ihnen geschützte Gensequenzen für Forschungsprojekte afrikanischer Wissenschaftsinstitute und afrikanischer Regierungen, gerade mit Blick auf auch von der normalen Züchtung vernachlässigten Pflanzen eingespeist wurden. Dies wurde dann durch finanzielle Hilfe von außen für die Forschungs- und Entwicklungsprojekte (z. B. durch die Gates-Stiftung und andere) sekundiert. Gerade der Fokus auf die vernachlässigten Pflanzen (Kassava, Sorghum, Süßkartoffel, Augenbohne, Straucherbsen und Bananen), aber auch auf Reis, hat der GVO-Technologie zunehmend afrikanische Wurzeln verliehen. Von der internationalen Öffentlichkeit kaum bemerkt finden in diesem Bereich schon teils weit reichende Feldversuche statt. Im Fokus stehen Länder wie Ägypten, Burkina Faso, Ghana, Kenia, Malawi, Nigeria und Uganda. Es muss in Betracht gezogen werden, dass es durch die Feldversuche schon zur Kontamination von Nicht-GVO-Saatgut der genannten Pflanzen gekommen ist. Dies sollte in Zukunft auch beim Export dieser Pflanzen beachtet werden, selbst wenn es nicht zu der angestrebten Kommerzialisierung dieser neuen GVO-Pflanzen kommt.

Ein spezieller Fall ist Südafrika, das Zentrum des GVO-Anbaus in Afrika. Dort wird von Monsanto eine Kommerzialisierung des schon viel beworbenen dürreresistenten (WEMA) GVO-Maises vorbereitet, dies auch vor dem Hintergrund der starken Dürre im südlichen Afrika. Klagen der Zivilgesellschaft, die auch die Effektivität des Maises infrage stellt, sind gegen die ersten Feldversuche anhängig.

Anhand der bereitwilligen Bereitstellung von geschützten genetischen Sequenzen für Forschung mit anschließender Kommerzialisierung, vor allem von lange vernachlässigten afrikanischen Ernährungspflanzen, durch die großen Saatgut Konzerne, derer sie sich auch in der Green Washing Initiative des Access to Seed Index öffentlich rühmen, zeigt sich auf der einen Seite, als wie strategisch wichtig der afrikanische Kontinent weiter betrachtet wird; auf der anderen Seite zeigt sich aber auch, wie sehr die "alten" Gentechnikverfahren inzwischen schon für die Konzerne entwertet sind. Das große Geld verspricht man sich anscheinend eher von den "neuen" Gentechnikverfahren auf Basis von CRISPS/CAS u. a. Aus diesem Grund können die genetischen Sequenzen für die "alten" Verfahren bereitwillig geteilt werden. Afrika wird nun also mal wieder als letzte Ausfahrt für eine inzwischen veraltete Technologie genutzt. Ziel scheint dabei auch zu sein, die GVO-Technologie zu afrikanisieren und so eine neue Akzeptanz für GVOs aufzubauen. In Teilen scheint dies gelungen und Monsanto hat schon begonnen zu zeigen, wie dies in Zukunft gegen die Kritiker der Grünen Gentechnik genutzt werden soll.

Was zählt ist Profit

Dass hinter diesen afrikanischen Aktivitäten der großen Saatgutkonzerne weiter knallharte Geschäftsinteressen stehen, sollte nicht vergessen werden und wird deutlich, wenn man betrachtet, wie strategisch eben diese Konzerne in den letzten Jahren die letzten größeren unabhängigen afrikanischen Saatgutfirmen gekauft haben. Sollten also einmal GVOs in größerem Stil in Afrika angebaut und gehandelt werden, werden sie so sicher profitieren, denn sie haben die Handelsnetzwerke in der Hand. Auch sollte beachtet werden, dass die Frage des Marktzugangs in Entwicklungsländern, also auch den afrikanischen Staaten, eine wichtige Rolle bei den zurzeit ablaufenden Mega-Fusionen im Saatgutbereich spielt. Syngenta hat vor allem auch deshalb positiv auf das Übernahmeangebot von ChemChina reagiert, weil sich das Management so mehr Marktanteile und Umsatzwachstum in den Entwicklungsländern verspricht.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 400 - Juni 2016, S. 4
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juli 2016

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