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LANDWIRTSCHAFT/1520: Warum Leguminosen so wertvoll sind (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 355 - Mai 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Pflanzen einer ganz besonderen Art
Warum Leguminosen so wertvoll sind - und warum sie so ein Schattendasein fristen

von Christoph Dahlmann



Legumi-Was? Was man als Frage eines Fünfjährigen auffassen könnte, kam von einer (fachfremden) Moderatorin innerhalb eines Fachforums zum Thema "Landwirtschaft am Sojatropf" auf der Grünen Woche in Berlin. Und eigentlich muss es auch nicht verwundern, dass die vielen Arten der Hülsenfrüchte nur noch wenige Leute kennen. Wirft man einen Blick in die Historie des Leguminosenanbaus in Deutschland ist die Kurve eine stetig fallende. Wurden 1950 noch fast 1,5 Millionen Hektar Leguminosen, also Futterleguminosen wie Klee/-gras und Körnerleguminosen wie Ackerbohnen angebaut, so lag der Anbauumfang 2011 bei nur noch 350.000 Hektar. Die Gründe sind die zunehmende Intensivierung in der stetig fallende. Wurden 1950 noch fast 1,5 Millionen Hektar Leguminosen, also Futterleguminosen wie Klee/-gras und Körnerleguminosen wie Ackerbohnen angebaut, so lag der Anbauumfang 2011 bei nur noch 350.000 Hektar. Die Gründe sind die zunehmende Intensivierung in der Landwirtschaft durch steigenden Input synthetischer Düngemittel, Einengung der Fruchtfolgen auf wenige, anscheinend ökonomisch vorzüglichere Arten und internationale Handelsabkommen wie das Blair-House-Abkommen. In diesen wurden der EU als Gegenleistung für die Gewährung der zollfreien Einfuhr von Ölsaaten und Eiweißpflanzen in die EU - vor allem seitens der USA - mehr Freiheiten in der Getreideerzeugung gestattet. Die EU entwickelte sich vom Getreideimporteur zum weltweit zweitgrößten Getreideexporteur nach den USA. Dies war, neben der Intensivierung des Getreideanbaus, nur möglich durch zunehmend höhere Anteile von importiertem Soja in den Futterrationen bei gleichzeitigem Absenken des Getreideanteils in den Mischungen.


Wieso Leguminosen?

Viele positive Effekte für den Pflanzenbau, Klimaschutz und die menschliche wie tierische Ernährung sprechen für die Leguminosen. Neben ihrer wunderbaren Eigenschaft, den ausreichend vorhandenen Luftstickstoff durch Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln zu binden und dadurch einen erheblichen Anteil zur Reduzierung des synthetischen Düngemittelbedarfs leisten beziehungsweise leisten zu können (Bauernstimme berichtete, Ausgabe 01/2012), sind sie Humusmehrer und für den Erhalt und Aufbau der Bodenfruchtbarkeit von entscheidender Bedeutung. Besonders die Leguminosen aus dem Feldfutterbau wie Kleearten und Luzerne, zumeist im Gemenge mit Gräsern angebaut, vollbringen hier große Leistungen, wie viele Bäuerinnen und Bauern, besonders aus dem ökologischen Landbau, zu berichten wissen. In der Regel erhebliche Mehrerträge bei den nachfolgenden Früchten dokumentieren diese Vorteile auch praktisch. Als wertvolle Eiweißlieferanten können auch die "heimischen Leguminosen" wie Ackerbohne und Co in der Fütterung einen Anteil zur Eiweißbereitstellung leisten.


Kein Anbau trotz positiver Effekte

Wieso spielt der Anbau eine so geringe Rolle bei all diesen positiven Eigenschaften? Aus den oben beschriebenen Gründen setzte eine sich "negativ verstärkende Entwicklung" ein, wie es Experten gerne bezeichnen. Sprich kein Anbau - keine Züchtung, keine Züchtung - kein Anbau. Dies lässt sich auf die Gebiete Vermarktung, pflanzenbauliche Forschung und Ausbildung ausweiten. Kennzeichnend für diese Entwicklung in der Forschung ist, dass zum Beispiel in der öffentlichen Futterpflanzenforschung wesentliche Bereiche in den letzten Jahrzehnten gestrichen wurden, wie es Dr. Ulf Feuerstein von der DSV-Tochter EuroGrass jüngst auf dem "Züchtertreffen-Leguminosen" der AbL NRW kund tat. Interessant, aber nicht verwunderlich ist, dass die Leguminosen nicht von der fast ein Jahr lang andauernden Hochpreisphase bei Düngemitteln in 2008/09 profitieren konnten. So flexibel ist die Landwirtschaft dann offenbar nicht. Hinzu kam, dass der Preis für synthetische Düngemittel eben immer noch unter dem kalkulatorischen Wert einer Einheit Stickstoff lag. Und trotzdem haben konventionelle Landwirte sich in dieser Phase zumindest vermehrt mit den Vorfruchteffekten von legumen Zwischenfrüchten als Stickstofflieferant für die Hauptfrucht auseinandergesetzt. Also, alles mal wieder eine Frage des Preises? Sicherlich auch, aber alle positiven externen Effekte der Leguminosen lassen sich nur schwer monetär richtig bewerten. Würde exakt gerechnet, sind sie schon heute konkurrenzfähig. Mit solchen Aussagen kommt man in viehintensiven Regionen nicht gut an. Und es ist sicherlich auch richtig, dass innerhalb einer solchen Wirtschaftsweise, mit Stickstoffüberschüssen von über 100 Kilogramm je Hektar, die Leguminosen ihre Vorteile nicht genügend ausspielen können - in allen anderen aber schon.


Die Soja-Dominanz

Die hohen Importmengen an Soja, überwiegend Sojaschrot, sind hinlänglich bekannt. Letzteres ist ein Abfallprodukt bei der Herstellung von Sojaöl, ein sogenanntes Koppelprodukt. Allerdings kommt die Wertschöpfung der Sojabohne zu mindestens zwei Drittel aus der Erzeugung des Schrotes. Eine große Menge Importsoja in der tierischen Ernährung könnte durch Ackerbohne und Co substituiert werden. Besonders in der Wiederkäuerernährung ist die gesamte Bandbreite von Körner- bis Futterbauleguminosen gut einsetzbar, selbst wenn man kritiklos an der bisherigen Produktionsintensität festhält. Am kompliziertesten, aber auch nicht unmöglich ist noch die Substitution von Soja im Geflügelbereich.


Förderungen und Forderungen

Innerhalb des Vorschlags der EU-Kommission zur Reform der gemeinsamen Agrarpolitik nimmt das Greening eine wichtige Rolle ein. Leguminosen werden hier nicht explizit erwähnt, aber durch die geplante Einführung der ökologischen Vorrangflächen ohne vollständige Ausführungen, was hier alles anrechenbar ist, ist der Handel eröffnet. Teile des Bauernverbands diffamiert sie als Flächenstilllegung, andere Fraktionen, im Schulterschluss mit der Union zur Förderung der Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) fordern, dass Leguminosen innerhalb der ökologischen Vorrangflächen anrechenbar sein sollen. Die Agrarministerien der rot-grünen Landesregierungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen stoßen in eine ähnliche Richtung, fordern aber innerhalb einer zehnprozentigen ökologischen Vorrangfläche unter anderem die Anrechenbarkeit von 20 Prozent Leguminosen als Alternative.

Das ähnelt schon am meisten dem Vorschlag der Bundes-AbL, die kurz und knapp 20 Prozent Leguminosen oder Leguminosengemenge als Bedingung für den vollen Erhalt der Direktzahlungen fordert. Einfach und wirksam eben!



Christoph Dahlmann
Projekt "Vom Acker in den Futtertrog"

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 355 - Mai 2012, S. 12
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,30 Euro
Abonnementpreis: 39,60 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juni 2012