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LANDWIRTSCHAFT/1534: Leguminosen - Die Lobby bläst zum Generalangriff (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 357 - Juli/August 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Leguminosen - Die Lobby bläst zum Generalangriff
... und das BMELV plant eine Eiweißpflanzenstrategie

von Christoph Dahlmann



Die Schonfrist für Bohne und Co. ist vorbei. Wurde anfangs noch hinter verschlossenen Türen von Toepfer International gegen Greening und Eiweißinitiative argumentiert (Unabhängige Bauernstimme 6/2012), ist nun der Ring frei fürs Leguminosen-Bashing in der Öffentlichkeit. Sei es der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) mit seiner Aussage, heimischer Leguminosenanbau "sei weder ökonomisch sinnvoll noch ökologisch nachhaltig", oder die Union zur Förderung von Öl- & Proteinpflanzen (UFOP), die durch ihre Forderung für die Aussaat 2012 "Raps bis an die Schmerzgrenze der Fruchtfolge" anzubauen, indirekt gegen die Leguminosen schießen. Wie sind denn nun die Argumente der "Big Player"? Grundgedanke ist der der arbeitsteiligen Welt, sprich: Jeder macht das, was er vermeintlich am besten kann. Die Europäer vornehmlich Getreide und Raps und die Amerikaner (Süd wie Nord) überwiegend Eiweiß, also Soja. Aber stimmt dieser merkwürdige Blick auf die Welt? Für Brasilien, das zweitgrößte Sojaanbauland nach den USA, werden Durchschnittserträge für Soja von 2,73 t/ha in der Statistik angegeben. Dies sind Erträge, die mit den zunehmenden Aktivitäten rund um die Soja auch in Teilen Deutschlands geerntet werden. Vor allen Dingen sind dies aber Erträge, die trotz aller züchterischen wie pflanzenbaulichen Vernachlässigung der heimischen Körnerleguminosen von diesen bei weitem übertroffen werden. Aber letztlich geht es im Futtertrog um die Aminosäuren und das Aminosäuremuster. Soja weist hier Qualitäten auf, die Bohne und Co. nicht bieten können. Aber, die Ergänzung mit sogenannten freien Aminosäuren spielt schon heute in der konventionellen Tierernährung eine wichtige Rolle. Etwa 25 Prozent werden auf diesem Wege den Futterrationen zugeführt.


Stickstoff - ja bitte!

Von den Gegnern heimischer Leguminosen wird außerdem angeführt, dass durch die in der GAP geplanten sieben Prozent ökologische Vorrangfläche Anbauflächen verloren gehen, die sonst mit Weizen und Raps bestellt werden. Diese Mengen fehlen dann für den Export und außerdem seien die. Rohproteinerträge je Hektar höher mit Weizen und Raps, als wenn dort zum Beispiel Leguminosen angebaut würden. Aber legitim ist zu fragen, wie diese erst so kleinen Weizen- und Raps-Pflanzen auf einmal so groß werden, und vor allen Dingen, wie sie es schaffen, dann in der Regel einen, hohen Kornertrag zu bringen. Es gibt viele Experten, die vermuten, dass dies am Stickstoff liegen könnte. Was nun, wenn diese Ressource, die in der Regel energieintensiv mit Öl und Gas hergestellt werden muss, immer weniger, zu immer höheren Preisen zur Verfügung steht? Neben der Ausblendung aller positiven externen Effekte, die die Leguminosen für die Fruchtfolgen in Europa hätten, sind sie auch regional verfügbares Futter. Die letzte schlechte Soja-Ernte in großen Teilen Südamerikas schlägt sich schon in hohen Preisen nieder. Wie sähe es bei einer weiteren nicht zufriedenstellenden Ernte aus?

Ein weiterer Punkt, ist der der Verfügbarkeit. Der Bedarf an Eiweiß ist in den letzten Jahren speziell in Asien sehr stark gestiegen und wird allen Prognosen nach weiter steigen. Eine Stabilität in der Verfügbarkeit von Eiweiß könnte in Zukunft auch bedeuten, dass die Quellen regionaler Herkunft sind, sei es über Körnerleguminosen, Leguminosen aus dem Futterbau oder anderen Verarbeitungsprodukten wie den vermehrten Einsatz von zum Beispiel Rapsschrot. Die Ölmühlen singen ja auch schon das hohe Lied der Eiweißpflanze Raps und ihres Koppelprodukts Rapsschrot. Aber nicht nur im letzten Jahr war der Rapsanbau, besonders die Ernte, für viele Bauern keine Freude. Und bezüglich der Ertragsstabilität liegt die vielgescholtene Körnerleguminose besser als der Winterraps, so Ergebnisse aus einem EU-Forschungsvorhaben von 2006.


Eiweißpflanzenstrategie

Dass man um das Thema Leguminosen nicht mehr herum kommt, hat auch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) mitbekommen. Man versucht sich zwar noch um den Begriff zu drücken, aber am 14. Juni fand in Berlin immerhin eine Veranstaltung zur Eiweißpflanzenstrategie statt. Experten und Expertinnen erklärten anderen Experten und Expertinnen die Vorzüge der Leguminosen. Aber in dem Punkt, wo viele Menschen ganz genau hingucken, bei der Ökonomie, hat auch das vorgelegte Entwurfpapier die altbekannten Schwächen.

Positive Fruchtfolgeeffekte der Leguminosen, die vorher noch mit 150 €/ha erwähnt werden, finden später keinen Einzug in Deckungsbeitrags-Berechnungen, genauso wenig wie ein möglicher innerbetrieblicher Futterwert. Die Sojabohne schneidet zwar hier als Leguminose gut ab, die Angaben kommen aber aus dem klimatisch vorzüglichen Bayern. Auch sind die Erträge der Soja mit 26,9 dt/ha erstaunlich hoch im Vergleich zur Ackerbohne (35,1 dt/ha) und Futtererbse (32,2 dt/ha). Und dass in Bayern im Schnitt 80 dt/ha Weizen geerntet werden, darf auch berechtigt angezweifelt werden. Man wird den Eindruck nicht los, dass hier mit den Erträgen je nach Interessenslage "gespielt" wird. Es ist schon seit längerem ein offenes Geheimnis, dass die Körnerleguminosen in den offiziellen Statistiken schlechter abschneiden, als Bauern real dreschen. Bei der verzweifelten Suche nach WTO-konformen Lösungen für das Greening stellte das Bundesministerium die Möglichkeit "Pflanzen ohne Stickstoff-Düngung" vor. Innerhalb der ökologischen Vorrangfläche sieht das Ministerium mitunter auch die Leguminosen als Möglichkeit an. Ansonsten steht die Entwicklung von drei Modellregionen, in denen unter Einbezug unterschiedlicher Akteure im Bereich Anbau, Verarbeitung und Verwertung gearbeitet werden soll, an. Die Regionen unterteilen sich in Nord (Lupine), Mitte (Ackerbohnen, Erbse) und Süd (Soja). Fernab davon dass die Leguminosen aus dem Futterbau gänzlich fehlen, ist diese Regionaleinteilung schon grob fahrlässig, haben doch zum Beispiel die Erbse und Ackerbohne eine weitaus größere Bedeutung im Süden als die Soja. Abschließend lassen wir Helmut Born, Generalsekretär des Bauernverbandes zu Wort kommen: "Die Bauern würden sich über eine weitere Frucht über 10 Prozent freuen und wieso sollten dies nicht die Leguminosen sein?" Hört sich erst mal gut an. Nur lag der Funktionär dann doch ein wenig falsch mit seiner Schlussfolgerung, helfen könne da nur "Forschung, Forschung, Forschung". Helfen würde dies, ausreichend wäre es aber nicht. Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der AbL, gab ihm ein wenig Nachhilfe. "Um eine Ökologisierung der Landwirtschaft zu erreichen, bedarf es veränderter Rahmenbedingungen, und die müssen bei der nächsten Agrarreform nach 2013 greifen. Konsequentes Umsetzen der AbL-Forderung von 20 Prozent Leguminosen auf den Ackerflächen zum vollen Erhalt der Direktzahlungen wäre da sehr hilfreich, um nach dem Scheitern von Rio, wenigstens in Europa etwas Positives für Klima und Bodenfruchtbarkeit zu erreichen."


Christoph Dahlmann, AbL-Projekt vom Acker in den Futtertrog

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 357 - Juli/August 2012, S. 14
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2012