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MARKT/2105: Ende der Milchquote - Die Verbraucherpreise werden nicht sinken (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 15 vom 10. April 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Die Verbraucherpreise werden nicht sinken Seit dem 31. März 2015 gibt es in der Landwirtschaft keine Milchquote mehr

von Manfred Dietenberger


Schon im zweiten Halbjahr 2014 bekamen die Landwirte für ihre Milch nach EU-Angaben fast zwölf Prozent weniger Geld. Die Konsumenten zahlten dennoch vier Prozent mehr für den Liter. Milchverarbeitende Industrie und Großhandel feiern jetzt die Abschaffung der Quote als Punktsieg für das "freie Unternehmertum".

Auch der Bund der Deutschen Landjugend (BDL) scheint begeistert. Matthias Daun, Bundesvorsitzender des BDL stieß mit einem Glas Milch auf das Ereignis an: "Der Ausstieg aus der Milchquote kommt zur richtigen Zeit". Die deutschen und europäischen Milchbauern seien gut gerüstet und die Molkereien solide aufgestellt. Die Junglandwirte könnten die lang ersehnten Veränderungsprozesse in den Betrieben durchführen. "Der Weltmarkt wird das Volumen aufnehmen können", so Daun.

Er und sein Verband setzen darauf, dass die Weltbevölkerung weiter wachsen wird und die Menschen in den asiatischen Staaten mehr Milch und Käse konsumieren. Besonders die Chinesen würden in Zukunft noch mehr Milchpulver aus Deutschland importieren. Doch geht die Rechnung auf?

China hat in den letzten Jahren die eigene Milchwirtschaft ausgebaut, Russland kauft seit Mitte 2014 in Erwiderung der EU-Sanktionen nichts mehr.

Fakt ist: Nun stehen die sich im ständigen Clinch mit den finanzkräftigeren Verarbeitungsbetrieben und Einzelhandelsketten befindenden Milchbauern einer Handvoll großer Molkereien und Schlachthöfe gegenüber, die ungehemmt die Preise diktieren können. Wer dabei das Nachsehen haben wird, ist nicht schwer zu erahnen. Schon in den vergangenen fünfzehn Jahren hat sich - trotz Milchquote - die Zahl der Milchviehbetriebe in Deutschland etwa halbiert. Allzu viele Landwirte bekommen heute schont weniger als 30 Cent pro einem Liter Milch - ein mieser Preis für die Knochenarbeit im Kuhstall. Martin Hofstetter von Greenpeace warnt vor "ausgebrannten Milchkühen, bankrotten Kleinbauern und mehr Schadstoff- und Klimabelastung als Folgen der verfehlten Politik. "Verbraucher erhalten in Zukunft ein billigeres, aber schlechteres Milchprodukt." Nach Geflügel und Schweinen stehe nun der Ausverkauf der bäuerlichen Milchviehhaltung an. "Wir werden einen massiven Strukturwandel erleben, an dessen Ende die Kuh zur Sau gemacht wird. Selbst in Süddeutschland werden jetzt Massentierhaltungsställe mit mehr als tausend Kuhplätzen gebaut. Letztlich werden viele kleine und mittlere Bauernhöfe auf der Strecke bleiben". Es sei zu befürchten, "dass Milchviehbetriebe, die für den Export produzieren, aus Kostengründen vermehrt gentechnisch veränderte Soja zufüttern werden". Zukünftig werde die Produktion dorthin wandern, wo es am billigsten sei: Weg von teureren Lagen wie dem Mittelgebirge, hin zu den hochproduktiven kostengünstigen Standorten an der Küste von Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie im Allgäu. "Diese Regionen werden wie bereits bei der Schweine- und Geflügelproduktion massiv mit Ammoniak, Nitrat, klimaschädlichem Methan und Lachgas belastet werden", so Hofstetter. Profitieren werden auch die Großagrarier - auf den privatisierten Ländereien der früheren DDR - und die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (PPG).

Für die Bauern bot die Milchquote einen Schutz, sozusagen ein kleines Stück Planwirtschaft im Chaos des kapitalistischen Konkurrenzkampfes. Mit der Milchquote konnte ein Bauer relativ stabile Einnahmen erzielen und seine Produktion einigermaßen planen. Das hat das Wirtschaften erleichtert, das Risiko begrenzt und ein halbwegs auskömmliches Leben ermöglicht. Durch die Vergrößerung des Marktdruckes werden - wie bereits erwähnt - viele Bauern zu Gunsten größerer Einheiten aufgeben müssen. In diese großen Einheiten, ob GmbH, AG oder KG, kann das Großkapital gewinnbringend investieren. Der Agrarmarkt wird weiter monopolisiert.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 15 vom 10. April 2015, Seite 2
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. April 2015

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