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VERBAND/1610: Die Milchbauern zahlen ohne Mitspracherecht (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Die Milchbauern zahlen ohne Mitspracherecht

Dubiose Verbände kontrollieren Millionenbeträge aus Abgaben


Viele bayerische Milchbauern ärgern sich regelmäßig, wenn sie auf ihrer Milchgeld-Abrechnung die folgenden Abgaben aufgeführt sehen: 0,15 Cent gemäß Paragraph 22 des Milch- und Fettgesetzes und 0,05 Cent für den "Milchförderungsfonds" (MFF).


Die Milch-Fett-Zwangsabgabe

Die 0,15 Cent sind eine Zwangsabgabe, aus der folgende Zwecke bedient werden können: Förderung von Milchgüte, Hygiene, Milchleistungsprüfungen, Beratung, Werbung (!), Minderung erhöhter Erfassungskosten oder Minderung der Transportkosten zwischen Molkereien. Ausdrücklich heißt es: Die Mittel sind gesondert zu verwalten und dürfen nicht zur Bestreitung von Verwaltungskosten der obersten Landesbehörden verwendet werden. Leider ist im Gesetz bisher nichts Vergleichbares über die Bestreitung von Verwaltungskosten des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) gesagt. Denn drei Prozent dieser 0,15 Cent gehen an den sogenannten Verband der Milcherzeuger Bayern e.V.. Der leistet dafür folgendes: Milchpreisvergleiche als Grundlage für die regionalen Vereinbarungen zwischen MEGs und Molkereien, Milchpreiserfassung, Marktberichte (per Fax an Vermarkter und Interessierte). Dafür sind angestellt: ein Hauptgeschäftsführer, zwei Geschäftsstellenleiter Schwaben und Nordbayern, ein Sachbearbeiter sowie vier Sekretärinnen. Angesiedelt ist der Verband beim BBV, der Geschäftsführer ist zugleich Milchreferent des BBV.

Verwaltet wird das Ganze durch den dubiosen "Verband der Milcherzeuger Bayern". Die Zahlenden (alle Milchbauern) haben hierin keine gleichberechtigten demokratischen Einflussmöglichkeiten: Wer nicht Mitglied ist in irgendeinem "Gremium", kann nicht Mitglied werden. Mitglieder sind also nur Funktionäre, die zudem nicht per Wahl oder Beitritt in den Verband kommen, sondern per Berufung durch den Vorstand. Der kann - aber muss nicht - sich dabei auf Vorschläge der Vorstände der Bezirksverbände des BBV beziehen. Wer also nicht im BBV ist, muss sich trotzdem bei der Bezirksversammlung des BBV bewerben, in der Hoffnung auf Gunst beim BBV-Bezirksvorstand. Im Vorstand des Verbands ist die Hälfte der Sitze schon per Satzung an einen eingegrenzten Kreis vergeben, nämlich an die Vorsitzenden der Bayern-MEG, der Vereinigung der MEGs und an einen Vertreter des BBV. Für all das haben die Finanzbehörden sogar noch das Prädikat der "Gemeinnützigkeit" vergeben.


Die Milchförderungsfondsabgabe

Eine solche Abgabe gibt es nur in Bayern, die Milchförderungsfonds der anderen Bundesländer finanzieren sich anders, in Niedersachsen z.B. durch Einzahlungen der Landvolk-Kreisverbände. Aus den obigen Mitteln des Milch- und Fettgesetzes soll nach Angaben der Verantwortlichen angeblich nichts an den MFF gehen, auch der Verband der Milcherzeuger habe damit nichts zu tun. Es gibt aber in Person von Herrn Seufferlein eine Personalüberschneidung bei der Geschäftsführung beider Fonds und zudem mit dem BBV.

Für die Milchbauern gibt es keine Mitgliedschaft und keine demokratische Einflussnahme, denn Träger sind der BBV, der Genossenschaftsverband Bayern und der Verband der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft. Über die Vergabe der Mittel entscheidet der Verwaltungsausschuss mit deutlicher Molkereimehrheit (vier Vertreter der Genossenschaften, vier der privaten Molkereien und nur vier "Milcherzeuger" als Vertreter der Zahlenden. Wie Letztere bestimmt werden, ist unklar. Wer nicht Mitglied des BBV ist, hat vermutlich auch hier keine Chance.

Rechnungsabschlüsse oder Prüfberichte oder Einzelheiten über die Förderprojekte werden Beitragszahlern auch auf Nachfrage hin vorenthalten. Die in der Satzung genannten Zwecke dienen der Milchindustrie: Marktstützung von Blockbutter, Förderung der Exporte von Molkereien, Feuerwehrmaßnahmen "für die Abwehr der Folgen von Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern" (vereinbar mit der Tarifautonomie?). Die Abgabe zum Milchförderungsfonds kann auf Antrag jeder Milchbauer sparen. Aber das wird durch folgenden Umstand erschwert: Wer kündigt, verliert im Falle der Maul- und Klauenseuche auch alle Ansprüche aus dem MKS-Fonds, in den der Milchförderfonds einzahlt.

Der BBV bekommt für seine Geschäftsführung eine Kostenerstattung - unklar in welcher Höhe und für wie viele Personen.


Wackelige Konstruktionen

Insgesamt kommen - bei 7,5 Milliarden kg bayerischer Milch - jährlich ganz erkleckliche Summen zusammen: bei der Milch-Fett-Gesetz-Abgabe ca. 350.000 Euro für den BBV und beim MFF 3,75 Millionen Euro. Die Frage ist erlaubt, ob und inwieweit der BBV diese Gelder aus Milcherzeugerbeiträgen nutzt, um einen Teil seiner Referenten und seines Personals zu bezahlen - ganz abgesehen von den Geldern für die Funktionäre in den Gremien.

Vieles bei diesen "Abgaben-Verbänden" scheint allein schon vereinsrechtlich wackelig und angreifbar, vieles ist verknüpft mit der Anerkennung der BBV als "Körperschaft öffentlichen Rechts" - auch dies eine bayerische Besonderheit und angreifbar. Besonders nachdem durch den Bund Deutscher Milchviehhalter und die AbL das Quasi-Monopol des BBV gebrochen ist.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010, S. 10
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2010