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VERBAND/1999: Für die Vielfalt - Neuausrichtung des EU-Saatgutrecht gefordert (BÖLW)


Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW e.V.)
Pressemitteilung vom 11. Februar 2014

Für die Vielfalt: BÖLW fordert Neuausrichtung des EU-Saatgutrecht

Vorschläge der EU-Kommission zum EU-Saatgutrecht vom Agrarausschuss des EU-Parlaments als unzureichend abgelehnt



Berlin, 11.02.14 Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hat sich heute gegen einen Vorschlag der EU-Kommission zu Neuregelung des Saatgutrechts ausgesprochen. Dieser sei unzureichend. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), kommentiert die Ausschuss-Entscheidung:

"Der BÖLW begrüßt die Zurückweisung der Kommissionsvorlage zum Saatgutrecht. Der EU-Agrarausschuss hat richtig erkannt, dass sie keine praxistaugliche Grundlage für eine Weiterentwicklung ist. Würde der Vorschlag umgesetzt, könnte der dramatische Verlust von Obst-, Gemüse- und Getreidesorten forciert und die Existenz wichtiger Züchtungsunternehmen aufs Spiel gesetzt werden. Ohne Biodiversität ist die weltweite Ernährungssicherung in Gefahr: Eine Anpassung der Pflanzen an die Folgen des Klimawandels, wie Dürre, wäre ohne eine breite genetische Vielfalt bei Nutzpflanzen kaum möglich.

Wir erwarten von den EU-Abgeordneten, dass sie nach der entscheidenden Ablehnung des Vorschlags jetzt ihre Kritikpunkte benennen. Nur so wird der Kommission klar, welche Änderungen im Verordnungsentwurf vorgenommen werden müssen, um Saatgutvielfalt zu erhalten und eine vielfältige Züchtung zu ermöglichen. Mit einer neuen Verordnung muss dafür Sorge getragen werden, dass traditionelles Saatgut ohne bürokratische Hemmnisse erhalten bleibt und neue Züchtungen für verschiedene Anbausysteme und Nutzungen einfach und ohne Hindernisse einen Markzugang bekommen. Bisher würden einige große Unternehmen, die nur wenige Hochertragssorten auf den Markt bringen, deutlich bevorzugt; andere Unternehme und Züchtungsansätze hingegen verdrängt. Der BÖLW fordert EU-Kommission und -Parlament auf, bei der Überarbeitung der Saatgutverordnung folgende Punkte besonders zu berücksichtigen:

1. Sorten, welche für den Öko-Landbau gezüchtet sind, müssen unter Öko-Bedingungen und auf passenden Standorten geprüft werden.

2. Sorten, die sich durch ein weniger einheitliches Erscheinungsbild auszeichnen, müssen zugelassen werden können.

3. Informationen zur Züchtungsmethode der Sorten müssen allgemein verfügbar sein.

4. Der Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt bei Nutztieren und - Pflanzen sind ein wichtiges öffentliches Ziel sowie eine die Verpflichtung der Staaten über internationale Verträge. Daher muss die wissenschaftliche und praktische Kompetenz zur Prüfung von Sorten in öffentlicher Hand und vor Ort erhalten bleiben und darf nicht privatisiert werden.

Würden diese vier Forderungen bei einer Neufassung des Saatgutrechts nicht eingearbeitet, wäre eine Liberalisierung des Saatgutmarktes, in dem das staatliche Zulassungswesen als freiwilliges Qualitätssystem fungiert, zu bevorzugen."


Hintergrund

Mit der Neufassung des EU-Saatgutrechts sollen zahlreiche europäische und nationale Regelungen zusammengeführt werden. Die Neufassung wird von der EU-Kommission seit 2007 diskutiert. Sie hatte den Entwurf im Mai 2013 vorgestellt. Von den Abgeordneten des EU-Parlaments wurden im Dezember 2013 über 1.400 Änderungsanträge eingebracht. Sprecher aller Fraktionen haben in den vergangenen Wochen grundsätzliche Kritik an dem Entwurf geäußert. Die EU-Kommission ist nun aufgefordert, den Entwurf der Verordnung zurückzunehmen. Andernfalls bliebe er unbearbeitet im EU-Parlament hängen. Da sich die Fraktionen im Agrarausschuss nicht auf einen Resolutionstext an die Kommission einigen konnten, wird dieser vermutlich in den nächsten Wochen im Plenum des EU-Parlaments weiter debattiert werden. Eine Neuvorlage des Verordnungsvorschlags durch die Kommission würde etliche Monate in Anspruch nehmen. Am 11.02.2014 haben sich 37 von 39 Abgeordneten des EU-Agrarausschusses gegen den Vorschlag der Kommission ausgesprochen.

Weitere Infos:
http://www.boelw.de/saatgut.html
www.freievielfalt.de

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Quelle:
Pressemitteilung vom 11. Februar 2014
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW e.V.)
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Joyce Moewius, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 030-28482-307, Fax: 030-28482-309
E-Mail: moewius@boelw.de
Internet: www.boelw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2014