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AUSSEN/596: Neue Publikation - "Deutsches Engagement im Irak: Wie weniger mehr sein kann" (idw)


Bonn International Center for Conversion (BICC) - 22.05.2018

Neue Publikation
"Deutsches Engagement im Irak: Wie weniger mehr sein kann"


Irak befindet sich anhaltend im Umbruch. Nach dem militärischen Sieg der "Globalen Koalition gegen Daesh" über den sog. Islamischen Staat (IS) Ende 2017 standen mit den Parlamentswahlen am 12. Mai 2018 politische Weichenstellungen an. Der aktuelle BICC Policy Brief formuliert Politikempfehlungen an die Bundesregierung und fordert ein konfliktsensibles, nach lokalen Gegebenheiten differenziertes Vorgehen.

Auf der Basis von Beobachtungen und Interviews, die die BICC-Forscherinnen Carina Schlüsing und Katja Mielke jüngst während eines Aufenthalts im Nordirak sammelten, argumentieren die Autorinnen, dass die Bundesregierung durch punktuell zu implementierende Maßnahmen die konstruktive Bearbeitung von Konfliktlagen auf lange Sicht strategisch beeinflussen kann, indem sie ihr militärisches Engagement zurückfährt und diplomatische sowie zivile Maßnahmen ausbaut.

In BICC Policy Brief 4\2018 "Deutsches Engagement im Irak: Wie weniger mehr sein kann" formulieren sie die folgenden Politikempfehlungen:

• Aktuelles militärisches Mandat klarer ausdifferenzieren
Die deutsche Ausbildung der irakischen Streitkräfte bedarf einer klar formulierten Strategie, welche Partner mit welchen Zielen ausgebildet werden und was sinnvolle Indikatoren für die Zielerreichung und Wirkungsüberprüfung sind. Dafür sind unabhängige Evaluierungsmöglichkeiten der Mission notwendig.

• Militärische Zusammenarbeit auf nicht-letale Maßnahmen beschränken
Kampfmittelräumung und Sanitätsdienste sollten ausgebaut werden. Die militärische Befähigung irakischer Sicherheitskräfte sollte die Bundesregierung einstellen, weil sie die dringend notwendigen Versöhnungs- und Ausgleichsprozesse in der Gesellschaft potenziell torpediert. Waffen- und Kampfmittellieferungen in den Irak dürfen nicht wieder aufgenommen werden.

• Hinwirken auf Vertrauensbildung in der Bevölkerung und integrative Politik der irakischen Partner
Die Bundesregierung sollte die Zentralregierung und die kurdische Autonomieregierung drängen, symbolische und materielle Zugeständnisse gegenüber Minderheiten zu machen z. B. durch die Anerkennung lokaler Bedrohungswahrnehmungen, Verhandlungen über Schutzmechanismen für Minderheiten und die Erarbeitung einer Strategie für Rückkehrmöglichkeiten der Binnenvertriebenen.

• Diplomatischer Druck: UNAMI mit breiterem Mandat für den Verfassungsklärungsprozess ausstatten
Die Bundesregierung sollte ihre Unterstützung für die Zentral- und Autonomieregierung an deren Bereitschaft knüpfen, einen Verfassungsklärungsprozess zu den Artikeln 111/112 und 140 einzuleiten und auf die erneute Ausweitung des Mandats für UNAMI als geeignete Mediationsinstitution hinwirken.

• Praktisches Engagement: Bereitstellung externer Expertise für die schrittweise Bearbeitung von Verfassungsartikel 140 und Unterstützung beim Wiederaufbau
Landrestitutionsprozesse in vergleichsweise weniger strittigen Gebieten sollten zur Identifikation von best practices für nachhaltige Konfliktmediation dienen. Dazu kann die Beratung und Expertise deutscher Rechtsberater angeboten werden. Die materielle Unterstützung der Bundesregierung für den Wiederaufbau sunnitischer Provinzen und Minderheitengebiete sollte lokale Initiativen zum Infrastruktur(wieder)aufbau einschließen.


BICC Policy Brief 4\2018 "Deutsches Engagement im Irak: Wie weniger mehr sein kann" zum Download:
www.bicc.de/publications/publicationpage/publication/deutsches-engagement-im-irak-wie-weniger-mehr-sein-kann-806/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution445

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bonn International Center for Conversion (BICC), 22.05.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2018

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