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DEMOGRAPHIE/315: "Bevölkerungswachstum muss zurück in die Köpfe" (idw)


Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung - 09.07.2015

"Bevölkerungswachstum muss zurück in die Köpfe"


Anlässlich des Weltbevölkerungstags am 11. Juli warnen Wissenschaftler am Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung vor einer wachsenden Zahl von Konflikten und Flüchtlingen.

Laut Schätzungen der Vereinten Nationen wird allein in den kommenden 15 Jahren die Einwohnerzahl der zwanzig fragilsten Staaten der Welt um insgesamt rund 300 Millionen steigen. Heute schon fällt es diesen Ländern schwer, ihre Einwohner mit Nahrungsmitteln, Straßen oder Ärzten zu versorgen. Dort wächst die Unzufriedenheit, politische Systeme wanken und radikale Ideologien breiten sich aus. Die dramatischen Folgen sind längst sichtbar - etwa in Form gewalttätiger Konflikte, Terrorismus oder auch überfüllter Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer.

"Das Bevölkerungswachstum muss dringend wieder zurück in die Köpfe der Politikgestalter", appelliert Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. "Nur wenn Bevölkerungszahlen bei der Ausgestaltung von Entwicklungspolitik eine zentrale Rolle spielen, können wir humanitäre Katastrophen rechtzeitig erkennen und bestenfalls verhindern." Das sollten die internationalen Entscheidungsträger gerade in den kommenden Tagen vor Augen haben - zunächst bei der Konferenz zur Finanzierung der globalen Entwicklungsagenda im äthiopischen Addis Abeba und kurz darauf bei den finalen Verhandlungen um die bis 2030 weltweit gültigen "Nachhaltigen Entwicklungsziele" (SDGs) in New York.

"Wir haben wegen dieser Verhandlungen zurzeit die historische Chance, Entwicklungspolitik in die richtige Richtung zu lenken", so Klingholz. Besonders vielversprechend seien die in den SDGs vorgeschlagenen Bildungsinvestitionen. Denn Bildung trägt wesentlich dazu bei, das Bevölkerungswachstum zu bremsen. "Ein Schulbesuch bis zum Ende der Sekundarstufe befähigt die Menschen außerdem, im Anschluss einer gewinnbringenden Arbeit nachzugehen", so Klingholz. "Darüber hinaus verschreiben sich besser Gebildete seltener extremistischen Ideen und suchen stattdessen nach kreativen Lösungen für die Probleme ihrer Länder." Doch die Effekte einer langfristig angelegten Bildungspolitik werden leider erst in einigen Jahren spürbar sein.

"Aber auch kurzfristig muss die Politik handeln", fordert Klingholz. "Wir benötigen einerseits eine klare, EU-weite Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik, die den Menschen in den Krisenländern Einreisemöglichkeiten in Aussicht stellt, die aber andererseits auch deutlich macht, dass Europa nicht jeden aufnehmen kann", sagt der Institutsleiter.

Über die Folgen des Bevölkerungswachstums für die Entwicklungsländer wie auch für die Europäische Union hat das Berlin-Institut in den vergangenen Monaten tiefgehende Analysen unternommen: Das mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes entstandene Diskussionspapier "Krise an Europas Südgrenze" diskutiert, welche Herausforderungen auf die Länder der EU zukommen und wie diesen kurz- und langfristig zu begegnen ist. Die gemeinsam mit Autoren des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) erarbeitete Studie "Consequential Omissions" zeigt die zentrale Rolle von Bevölkerungsentwicklungen für sozio-ökonomischen Fortschritt und leitet daraus zentrale Forderungen für die neuen Sustainable Development Goals ab.

Beide Veröffentlichungen erreichen Sie kostenfrei unter
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Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung ist ein unabhängiger Thinktank, der sich mit Fragen regionaler und globaler demografischer Veränderungen beschäftigt. Das Institut wurde 2000 als gemeinnützige Stiftung gegründet und hat die Aufgabe, das Bewusstsein für den demografischen Wandel zu schärfen, nachhaltige Entwicklung zu fördern, neue Ideen in die Politik einzubringen und Konzepte zur Lösung demografischer und entwicklungspolitischer Probleme zu erarbeiten.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ruth Müller, 09.07.2015
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2015

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