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REDE/803: Zu Guttenberg - Mandatsverlängerung für den OEF-Einsatz, 26.11.09 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, zur Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA vor dem Deutschen Bundestag am 26. November 2009 in Berlin


Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zum dritten Mal in diesem Marathon der Mandatsdebatten, die wir heute führen.

Ich fühle mich, Herr Arnold, an das vorhin von Ihnen gebrauchte Wort "Demut" erinnert. Zur Demut gehört übrigens auch, dass man gelegentlich zuhört, wenn man angesprochen wird, Herr Arnold. Wenn Sie sich in aller Bescheidenheit eben auch über den UN-Sicherheitsrat hinwegsetzen, ist das mit Demut auch nur bedingt vereinbar. Wenn Sie die Kontinuität der Verantwortung betonen - davon halte ich sehr viel - , gleichzeitig aber ein Stück Verantwortungsvergessenheit mit einspielen lassen, möchte ich Ihnen sagen: Es war nicht nur Verteidigungsminister Jung, der zuletzt über das UNIFIL-Mandat mitentschieden hat, es waren auch Ihr Außenminister und die SPD in der Regierung, die das mitentschieden haben. Das sollte man auch an einem solchen Abend nicht vergessen, Herr Arnold. Darauf darf man schon einmal hinweisen.

Ende 2001 hat dieses Hohe Haus erstmalig unseren militärischen Einsatz im Kampf gegen den internationalen Terrorismus gebilligt. Mittlerweile ist Afghanistan - ja, aus beachtlichen Gründen - aus unserem OEF-Portfolio gestrichen worden, doch bis heute leisten wir auf dieser Grundlage erfolgreich unseren Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus am Horn von Afrika und im Rahmen der NATO-Operation Active Endeavour im Mittelmeer.

Der internationale Terrorismus ist auch heute, acht Jahre nach dem 11. September 2001, weiterhin eine weltweite Gefahr, mit allen Wirkkräften, die damit verbunden sind. Die umfassende Bekämpfung des internationalen Terrorismus bleibt deshalb die zentrale Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft. Das gilt es weiterhin zu betonen.

Deshalb wird auch heute OEF noch gebraucht. OEF ist erfolgreich und verbindet die Vereinigten Staaten mit ihren transatlantischen Partnern. Auch diesen Aspekt sollten wir nicht gänzlich ausblenden. Es braucht gleichermaßen die Anwendung politischer, entwicklungspolitischer, polizeilicher, nachrichtendienstlicher, aber eben auch militärischer Mittel, um den Terrorismus und seine Ursachen zu bekämpfen. Deshalb ist es richtig, dass wir unseren Einsatz fortsetzen. Deutschland stellt sich seiner Verantwortung, wenn es darum geht, gemeinsam in der internationalen Staatengemeinschaft auch für Terrorismusbekämpfung einzustehen. Nur solange wir uns beteiligen, können wir auch mitsprechen und die Operation mitgestalten. Das ist gerade mit Blick auf Afghanistan auch nicht gänzlich ohne Bedeutung für die Sicherheit unserer Soldaten dort. Das darf auch einmal betont werden.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 8. Oktober 2009 mit der Resolution 1890 (2009) seine fortdauernde Unterstützung für die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Terrorismus im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen bekräftigt. Wir wollen das bisherige Mandat für die Operation Enduring Freedom fortschreiben. Das Mandat schließt den NATO-Einsatz mit ein.

Wir wollen aber auch hier einen Prozess erkennbar werden lassen, wie wir es heute schon bei UNIFIL angesprochen haben, indem wir die Obergrenze von 800 auf 700 Soldaten absenken; denn wir sind auch so in der Lage, das erforderliche Fähigkeitsprofil für den Antiterroreinsatz am Horn von Afrika und im Mittelmeerraum abzubilden.

Die Operation Enduring Freedom sowie der Einsatz der NATO im Mittelmeer im Rahmen der Operation Active Endeavour sind ein guter militärischer Beitrag zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus.

Ich sage aber auch, Bezug nehmend auf den Kollegen Westerwelle, dass es Sinn macht, im nächsten Jahr eine gemeinschaftliche Mission zu überprüfen. Dann wird man sehen, inwieweit man das, was ich als Prozess beschrieben habe, auch als Prozess gestalten kann. Ich glaube, das ist wichtig und auch ein wichtiges Signal, dass die Koalition hier zusammensteht.

Durch den Einsatz von See- und Seeluftstreitkräften der Operation Enduring Freedom wird Terroristen am Horn von Afrika und in angrenzenden Seegebieten der Zugang zu Rückzugs- und Aktionsräumen und die Nutzung potenzieller Verbindungswege zu terroristischen Strukturen auf der arabischen Halbinsel erschwert. Gleichzeitig wird ein Beitrag zum Schutz dieser für den Welthandel strategisch wichtigen Seepassage vor terroristischen Anschlägen geleistet. Auch das ist nicht unter den Tisch zu kehren. Diese Seepassagen sind für uns entscheidend. Sie sind wichtige Handelswege. Nicht nur die Piraterie spielt hier eine Rolle, sondern auch der Terrorismus.

Bei einem Punkt bin ich - überraschend genug - bei Ihnen, Herr Ströbele, und das habe ich hier auch schon betont: Es geht sehr wohl darum, die Ursachen der Piraterie zu bekämpfen, auch, wie ich vorhin gesagt habe, in entwicklungspolitischer Hinsicht. Aber der dialektische Sprung, den Sie gemacht haben, ist schon bemerkenswert. Sie sagen, dass die Piraterie dramatisch zunimmt, sobald dort unten die Seewege auch militärisch gesichert werden. Das übersteigt zumindest meinen Horizont, lieber Herr Ströbele.

Ich bin ganz froh, wenn ich am Horizont gelegentlich ein Schiff sehe, das vor Piraterie schützt.

Dem gleichen Ziel dienen im Mittelmeer die NATO-See- und -Seeluftstreitkräfte im Rahmen der Operation Active Endeavour.

Ich bitte deshalb heute um Ihre Zustimmung zur Verlängerung des Einsatzes bewaffneter Streitkräfte im Rahmen der genannten Operationen und um ein klares Votum, damit ein aktives Eintreten Deutschlands im Kampf gegen den internationalen Terrorismus weiterhin erkennbar bleibt, ein Zeichen der Solidarität mit unseren Partnern gesetzt wird und darüber hinaus deutlich gemacht wird, dass wir bereit sind, im Zuge der Entwicklung dieses Mandates zu überprüfen, ob eine gemeinschaftliche Mission in diesem Sinne zugelassen werden könnte oder sollte.


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Quelle:
Bulletin Nr. 119-7 vom 26.11.2009
Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg,
zur Fortsetzung der Beteiligung der Bundeswehr bei der Unterstützung der
gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA vor dem
Deutschen Bundestag am 26. November 2009 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2009