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SICHERHEIT/089: Kein Geld für die Bombe! - Finanzgeschäfte mit Atomwaffenindustrie unter Beschuss (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2012

Abrüstung: Kein Geld für die Bombe! - Finanzgeschäfte mit Atomwaffenindustrie unter Beschuss

von Thalif Deen


New York, 6. März (IPS) - Mehr als 300 Banken, Pensionsfonds, Versicherungsunternehmen und Vermögensverwalter halten mit ihren Investitionen die Atomwaffenindustrie am Leben. Sie sollen nun dazu gebracht werden, die Finanzierung der Rüstungsunternehmen einzustellen.

Dieses Ziel verfolgt die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die in einem neuen 180-seitigen Bericht das Zusammenspiel zwischen Finanzdienstleistern, Rüstungskonzernen und Atomwaffenstaaten untersucht hat. Wie lukrativ das Geschäft mit 'der Bombe' ist, ergibt sich allein aus der Tatsache, dass die Erneuerung und Wartung der weltweiten Atomwaffenarsenale jährlich mehr als 100 Milliarden US-Dollar verschlingt.

Wie aus der ICAN-Studie 'Don't Bank on the Bomb: The Global Financing of Nuclear Weapons Producers' hervorgeht, stammen die nuklearen Sprengköpfe und die für ihren Einsatz notwendigen Raketenwerfer, Bomber und U-Boote aus Rüstungsschmieden wie 'BAE Systems' und 'Babcock International' (Großbritannien), 'Lockheed Martin' und 'Northrop Grumman' (USA), 'Thales' und 'Safran' (Frankreich) und 'Larsen & Toubro' (Indien).

"Finanzinstitutionen investieren in diese Unternehmen, indem sie ihnen Darlehen, Aktienanteile und Anleihen zur Verfügung stellen", heißt es in der Untersuchung, die mit Details über die finanziellen Transaktionen aufwartet, von denen 20 Unternehmen profitieren, die einen entscheidenden Anteil an der Herstellung, Wartung und Modernisierung atomarer Rüstungsgüter US-amerikanischer, britischer, französischer und indischer Atomwaffen haben.


De-Investitionskampagne gefordert

ICAN zufolge wird es höchste Zeit für eine koordinierte globale De-Investitionskampagne. Eine solche Bewegung hätte das Potenzial, die Waffenmodernisierungsprogramme zum Erliegen zu bringen, sind die Autoren überzeugt. Ebenso könnte sie einen wichtigen Beitrag leisten, die internationalen Normen gegen Atomwaffen zu stärken und die Verhandlungen über ein universelles Kernwaffenverbot in Schwung zu bringen.

Der Report appelliert an die Finanzorganisationen, ihre Investitionen in die Atomwaffenindustrie einzustellen. "Jeder Atomwaffeneinsatz würde gegen internationales Recht verstoßen und hätte verheerende humanitäre Folgen. Indem Finanzinstitutionen in die Waffenindustrie investieren, tragen sie zum Aufbau atomarer Kräfte bei."

In einem Vorwort des Berichts schreibt der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, dass "niemand von einer solch furchtbaren Todesindustrie profitieren sollte, die uns alle bedroht". Er forderte die Finanzinstitutionen auf, "das Richtige zu tun" und Bemühungen zu unterstützen, die Gefahr der radioaktiven Verseuchung zu bannen. Der Abzug von Investitionen habe sich bereits im Kampf gegen die rassistische Apartheid in seinem Lande bewährt und müsse nun gegen die schlimmste menschliche Erfindung - die Atombombe - eingesetzt werden.

Wie Tim Wright, ICAN-Kampagnenleiter und Ko-Autor des Berichts, gegenüber IPS erklärte, haben bereits einige in der Studie genannte Finanzinstitutionen ihre Bereitschaft signalisiert, ihre Investitionen in die Atomwaffenproduzenten aufzugeben.

Wright erwartet, dass die ICAN-De-Investitionskampagne die besten Resultate in Ländern erzielen wird, in denen der Widerstand gegen Atomwaffen am stärksten ist wie in Japan und in Skandinavien. Immer mehr Banken seien inzwischen bereit, sich bei Investitionsentscheidungen an gewisse ethische Kriterien zu halten. Die Herstellung von Waffen, die ganze Städte zerstören können, sei eindeutig unethisch.


Nachdruck durch Boykott

Von den 322 Finanzinstitutionen, die in dem Bericht angeführt werden, befindet sich die Hälfte in den USA und ein Drittel in Europa. Die Studie stellt aber auch asiatische, australische und nahöstliche Finanzdienstleister heraus. Am stärksten involviert sind die 'Bank of America', 'BlackRock' und 'JP Morgan Chase' in den USA, 'BNP Paribas' in Frankreich, die Allianz und Deutsche Bank in Deutschland, 'Mitsubishi UJF Financial' in Japan; BBVA und 'Banco Santander' in Spanien, die 'Credit Suisse' und UBS in der Schweiz sowie 'Barclays', HSBC, 'Lloyds' und die 'Royal Bank of Scotland' in Großbritannien.

Auf die Frage, ob ein Boykott dieser Finanzinstitutionen machbar sei, antwortete Wright mit 'ja'. Ein solcher Schritt müsse in Erwägung gezogen werden, sollten die Banken weiterhin in die Atomwaffenindustrie investieren. "Wenn Banken nicht de-investieren, sollten sich Verbraucher nach anderen Geldinstituten umsehen." Schließlich gebe es genügend Alternativen. Was die multinationalen Banken angeht, könnte sich seiner Meinung nach ein koordinierter Boykott in mehreren Ländern als überaus wirksam erweisen.

Die Untersuchung zitiert auch Setsuko Thurlow, einen Überlebenden des US-Atomwaffenangriffs auf Hiroshima 1945. Thurlow betonte, dass jeder Mensch, der über ein eignes Bankkonto verfügt oder in einen Pensionsfonds einzahlt, die Möglichkeit habe, sein Geld ethisch und zum Wohl der Menschheit anzulegen. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.dontbankonthebomb.com/
http://ipsnews.net/2012/03/abolitionists-target-funds-behind-nuclear-arms-industry/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2012