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WISSENSCHAFT/1359: Wissenschaftsrat - Ergebnisse der Frühjahrssitzungen 2017 in Halle (idw)


Wissenschaftsrat - 02.05.2017

Wissenschaftsrat | Ergebnisse der Frühjahrssitzungen in Halle (Saale) (26.-28. April 2917)


In seinem Positionspapier zu "Strategien für die Hochschullehre" hat der Wissenschaftsrat die bisherigen Entwicklungen und Ansätze zur Stärkung der Hochschullehre in den Blick genommen und leitet daraus zentrale strategische Handlungsfelder ab. Neben dem Bund-Länder-Programm Forschungsbauten hat sich der Wissenschaftsrat auf seinen Frühjahrssitzungen zudem mit drei Evaluations- und vier Akkreditierungsverfahren beschäftigt. Zu den Ergebnissen im Einzelnen:

In seinem neuen Positionspapier Strategien für die Hochschullehre betrachtet der Wissenschaftsrat systemisch die bisherigen Entwicklungen und Ansätze zur Stärkung der Hochschullehre und leitet daraus zentrale strategische Handlungsfelder ab. Ausschlaggebend war für ihn die Frage, wie sich Wertschätzung und Sichtbarkeit der Lehre an den deutschen Hochschulen erhöhen lassen. Beim Blick auf die Rahmenbedingungen, Anreize und Strukturen an den Hochschulen stellt er fest, dass in den letzten Jahren insbesondere durch zahlreiche Förderprogramme viel in Bewegung gekommen ist und zahlreiche innovative Lehrprojekte entstanden sind. Allerdings ist an vielen Hochschulen noch keine übergeordnete Strategie für den Bereich der Lehre entwickelt worden, mit der die vielen Einzelerfolge inhaltlich verknüpft und langfristig die Erfolge stabilisiert werden könnten. Das Positionspapier beschreibt dafür zentrale Handlungsfelder und Ansatzpunkte.

Das Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK), Delmenhorst, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem international anerkannten Institute for Advanced Studies (IAS) mit eigenständigem Fellow- und Tagungsprogramm entwickelt. Es fördert zugleich mit großem Erfolg die Kooperation und strategische Weiterentwicklung der Universitäten Bremen und Oldenburg. In der Summe bescheinigt der Wissenschaftsrat dem HWK, als Katalysator und "Denkraum" im Nordwesten wertvolle Beiträge zur Stärkung der universitären Forschungsschwerpunkte und zur Initiierung von Forschungsgruppen und Verbundvorhaben geleistet zu haben.

Unzufrieden zeigt sich der Wissenschaftsrat mit der Entwicklung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn. Die Ressortforschungseinrichtung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) war 2009 eigens gegründet worden, um die wissenschaftliche Arbeit zur Unterstützung des Bundesbauressorts deutlich und dauerhaft zu stärken. Nach vielversprechenden Anfängen hat sich der Forschungsanteil des Instituts jedoch zuletzt halbiert. Gestiegen ist hingegen der Anteil an Dienstleistungen, die das BBSR für den Bund wahrnehmen muss.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig und Berlin, bekräftigt ihre Rolle als eines der weltweit führenden Metrologieinstitute in überzeugender Weise. Ihr obliegen insbesondere die Darstellung, Bewahrung und Weitergabe physikalischer Einheiten zur Sicherung der internationalen Einheitlichkeit der Maße. Für die Messung mit höchster Genauigkeit und Zuverlässigkeit betreibt die PTB metrologische (auf Messprozesse bezogene) Forschung und Entwicklung in großenteils exzellenter Qualität. Durch kluges Veränderungsmanagement gelingt es der PTB, neue zukunftsorientierte Bereiche wie die Nanometrologie aufzubauen. Wesentlich hierfür ist der hohe Stellenwert forschungsstrategischer Prozesse in der Ressortforschungseinrichtung.

Sechs der zwölf zur Förderung empfohlenen Vorhaben im Bund-Länder-Programm Forschungsbauten entstammen in der aktuellen Förderphase 2018 der Medizin und Pharmakologie sowie drei der programmatisch-strukturellen Linie Hochleistungsrechnen. Innerhalb dieser Vorhaben herrscht eine breite und bemerkenswerte Interdisziplinarität. Dies trifft sowohl auf die Vorhaben der Medizin zu, die mehrheitlich sonst voneinander getrennt forschende medizinische Fächer und weitere Lebenswissenschaften verbinden, als auch auf die Hochleistungsrechner, die die Methodenwissenschaften eng mit Anwendungswissenschaften aller Fachgruppen verzahnen.

Auf seinen Frühjahrssitzungen hat der Wissenschaftsrat zudem vier Verfahren der Institutionellen Akkreditierung beraten: Kühne Logistics University - Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung (kurz KLU), Hamburg; Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter; Fachhochschule für Sport und Management Potsdam; Fliedner Fachhochschule Düsseldorf (FFH).

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Wissenschaftsrat | Gemeinsame Verantwortung für die Hochschullehre

Wissenschaftsrat nimmt Hochschulen und Wissenschaftspolitik in die Pflicht für langfristige Strategien


In seinem neuen Positionspapier "Strategien für die Lehre" betrachtet der Wissenschaftsrat systemisch die bisherigen Entwicklungen und Ansätze zur Stärkung der Hochschullehre und leitet daraus zentrale strategische Handlungsfelder ab. Ausschlaggebend war für ihn die Frage, wie sich Wertschätzung und Sichtbarkeit der Lehre an den deutschen Hochschulen erhöhen lassen.

Beim Blick auf die Rahmenbedingungen, Anreize und Strukturen an den Hochschulen stellt er fest, dass in den letzten Jahren insbesondere durch zahlreiche Förderprogramme viel in Bewegung gekommen ist und zahlreiche innovative Lehrprojekte entstanden sind. Allerdings ist an vielen Hochschulen noch keine übergeordnete Strategie für den Bereich der Lehre entwickelt worden, mit der die vielen Einzelerfolge inhaltlich verknüpft und langfristig die Erfolge stabilisiert werden könnten. Die Hochschulen sind für ihre Kernaufgaben Forschung und Lehre gleichermaßen institutionell verantwortlich.

"Um die gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten zu stärken, muss man sich zunächst auf die Ziele von Lehre verständigen und diese Lehrziele klar und differenziert beschreiben. Hier sehen wir noch Verbesserungsbedarf", erläutert Professorin Martina Brockmeier, Vorsitzende des Wissenschaftsrates. Diese inhaltliche Zielorientierung der Studiengänge soll in Einklang stehen mit einer umfassenden Lehrstrategie. Damit können wirkungsvoll die vielen Aufgaben der Lehre verzahnt werden: von der Curriculumsentwicklung einzelner Studiengänge über passende didaktische Qualifizierungsangebote bis hin zum Umgang mit der Heterogenität der Studierenden oder der Digitalisierung in der Lehre. "Die Bedeutung der Lehrleistung und ihre Professionalisierung sollte sich auch in Berufungsverfahren zeigen", so Brockmeier.

In der Mitverantwortung für eine wirksame Umsetzung der Strategien stehen nach Ansicht des Wissenschaftsrates auch die Länder und der Bund. Um Anreize für die gemeinsame Gestaltung der Lehre zu setzen, müssten sämtliche Lehraufgaben in die Berechnung des Lehrdeputats und die Regellehrverpflichtung der Länder eingehen. Erprobte wirkungsvolle Strukturen zur Verbesserung der Lehre sollten durch die Grundausstattung der Hochschulen und nicht durch temporäre Fördermittel finanziert werden können, dafür ist eine angemessene Grundfinanzierung nötig. Die Dynamik der Fördermaßnahmen sollte unbedingt erhalten werden - darum braucht es wirksame Anschlüsse an den Qualitätspakt Lehre nach 2020. Die entstandene Expertise sollte vernetzt werden, um wirkungsvolle Maßnahmen zu übertragen und auszubreiten.

Zu prüfen wäre, ob eine neue bundesweite eigenständige Organisation diese Aufgaben bündeln und dauerhaft Fördermittel für lehrbezogene Vorhaben auf Antrag vergeben könnte, sowohl für neue innovative Lehrprojekte und übergeordnete Programme an Hochschulen als auch für die Ausbreitung erfolgreicher Maßnahmen. Eine weitere Aufgabe dieser Organisation könnte es sein, die Expertise in der Lehre systematisch zu vernetzen und Bewertungsverfahren und -kriterien in der Lehre zu entwickeln. Eine eigene Organisation gäbe der Lehre insgesamt mehr Gewicht und Sichtbarkeit, so Brockmeier: "Auch die Lehre braucht in Deutschland eine eigene Stimme."


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6190-17.pdf
- Strategien für die Hochschullehre | Positionspapier (Drs. 6190-17)

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Wissenschaftsrat | Das Hanse-Wissenschaftskolleg - Leuchtturm im Nordwesten

Wissenschaftsrat empfiehlt weitere Stärkung der Kollegstrukturen im Rahmen des Kooperationsmodells mit den Universitäten Bremen und Oldenburg


Das Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK), Delmenhorst, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem international anerkannten Institute for Advanced Studies (IAS) mit eigenständigem Fellow- und Tagungsprogramm entwickelt. Es fördert zugleich mit großem Erfolg die Kooperation und strategische Weiterentwicklung der Universitäten Bremen und Oldenburg. Fellowships und Tagungen werden im HWK in den Schwerpunktbereichen "Brain", "Earth", "Society" und "Energy" organisiert, die an strategische Forschungsschwerpunkte der beiden Universitäten angelehnt sind.

In der Summe bescheinigt der Wissenschaftsrat dem HWK, als Katalysator und "Denkraum" im Nordwesten wertvolle Beiträge zur Stärkung der universitären Forschungsschwerpunkte und zur Initiierung von Forschungsgruppen und Verbundvorhaben geleistet zu haben. Auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Region profitieren von der Präsenz und internationalen Anziehungskraft des HWK.

Mit einer Vielzahl von Fellowships, flexiblen Aufenthaltsdauern und der Möglichkeit, Forschungsinfrastrukturen bei Kooperationspartnern an den Universitäten in Bremen und Oldenburg zu nutzen, ist das HWK insbesondere für Natur- und Technikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler außerordentlich attraktiv. Die seit 2008 vollzogene interdisziplinäre Öffnung der Schwerpunktbereiche sowie die Ergänzung des HWK-Portfolios um Fellows aus dem künstlerischen und schriftstellerischen Bereich hat der Wissenschaftsrat nachdrücklich begrüßt. Er empfiehlt dem HWK und seinen Stiftern, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu verfolgen, die Schwerpunkte zu interdisziplinären Plattformen auszubauen und durch themenbezogene Calls for Fellows die programmatische Eigenständigkeit auszubauen. Zugleich sollte durch die gezielte Förderung gemeinsamer Diskussionen und Vorhaben der Fellows sowie die Einrichtung längerfristiger Fellowships und deren Flankierung durch Gastprofessuren an den Universitäten die Kollegeigenschaften des HWK weiter gefestigt werden. Hierzu sollte auch die Einführung eines Alumni-Programms einen wichtigen Beitrag leisten.

Das HWK hat seit 2013 durch ein Postdoc-Fellow-Programm für Angehörige der Universitäten Bremen und Oldenburg sowie durch die Unterstützung dortiger Forschungsgruppen seine Kooperation mit den Universitäten nochmals weiter ausgebaut. Der Wissenschaftsrat bewertet dies positiv, sofern damit weiterhin Stärken der Universitäten unterstützt werden können und die interdisziplinäre Zusammenarbeit gestärkt wird. Er macht darauf aufmerksam, dass zusätzliche Leistungen auch einen zumindest moderaten Aufwuchs bei den jährlichen Zuwendungen der Stifterländer nötig machen.

"Unsere Empfehlungen zielen darauf, die Kollegeigenschaften des HWK zu vertiefen; ihre Umsetzung würde die Anziehungskraft des Kollegs für international ausgewiesene Fellows und damit die wissenschaftliche Attraktivität der gesamten Nordwest-Region weiter stärken", fasst die Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professorin Martina Brockmeier, die Ergebnisse der Evaluierung des HWK zusammen.


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6218-17.pdf
- Stellungnahme zum Hanse-Wissenschaftskolleg (HWK), Delmenhorst (Drs. 6218-17)

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Wissenschaftsrat | Forschung im BBSR muss deutlich gestärkt werden


Unzufrieden mit der Entwicklung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn, zeigt sich der Wissenschaftsrat in einer jüngst verabschiedeten Stellungnahme. Die Ressortforschungseinrichtung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) war 2009 eigens gegründet worden, um die wissenschaftliche Arbeit zur Unterstützung des Bundesbauressorts deutlich und dauerhaft zu stärken.

Nach vielversprechenden Anfängen hat sich der Forschungsanteil des Instituts jedoch zuletzt halbiert. Gestiegen ist hingegen der Anteil an Dienstleistungen, die das BBSR für den Bund wahrnehmen muss. Der wissenschaftliche Beirat, der das Bundesinstitut strategisch beraten und an der Qualitätssicherung der Forschung mitgewirkt hat, wurde 2014 aufgelöst. "Der Wissenschaftsrat sieht diese Entwicklung mit Sorge", so die Vorsitzende des Gremiums, Martina Brockmeier. "Um die Bundesregierung, aber auch die Länder und Kommunen in den wichtigen Politikbereichen Bau, Stadtentwicklung und Raumplanung fundiert beraten zu können, ist hochwertige Forschung in weitaus größerem Umfang erforderlich als gegenwärtig. Unerlässlich sind zudem wissenschaftsförderliche Rahmenbedingungen."

Der Wissenschaftsrat appelliert daher mit großem Nachdruck an das BMUB, den Forschungsbereich des BBSR wieder zu stärken und die hierfür erforderlichen Umstrukturierungen vorzunehmen. So sollen zentrale Verantwortlichkeiten für die Forschung in der Leitung des Instituts verankert werden und bei der Besetzung von Leistungspositionen wieder einschlägige wissenschaftliche Qualifikationen maßgeblich sein. Zudem spricht sich der Wissenschaftsrat für die Einrichtung eines Beratungsgremiums aus externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus, das das BBSR auch bei der Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Arbeit unterstützen soll. Das BMUB bittet er, die Option einer Verselbstständigung des Instituts zu prüfen. Derzeit ist das BBSR eine Organisationseinheit des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn, und verfügt nicht über eigene Haushaltsmittel.

Aber auch das Institut selbst muss sich aktiv um die Stärkung seiner Forschung bemühen. Besonders wichtig ist dabei eine engere Zusammenarbeit mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in seinen Aufgabengebieten. Diesen hat das BBSR durchaus etwas zu bieten, wie der Wissenschaftsrat feststellt. Das Institut verfügt über bundesweit einzigartige Sammlungen raum- und wohnungsmarktbezogener Daten, die sowohl für Bund, Länder und Kommunen als auch für die Wissenschaft sehr wertvoll sind. Um den Zugang externer Forschender zu diesen Daten zu erleichtern und auf diesem Weg dazu beizutragen, dass die Daten umfassend wissenschaftlich ausgewertet werden, bekräftigt der Wissenschaftsrat seine Empfehlung, ein Forschungsdatenzentrum am BBSR einzurichten.


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6217-17.pdf
- Stellungnahme zum Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn (Drs. 6217-17)

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Wissenschaftsrat | PTB beeindruckt durch strategische Stringenz und Leistungsstärke

Spitzenforschung mit internationaler Strahlkraft im Wirtschaftsressort


Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig und Berlin, bekräftigt ihre Rolle als eines der weltweit führenden Metrologieinstitute in überzeugender Weise. Ihr obliegen insbesondere die Darstellung, Bewahrung und Weitergabe physikalischer Einheiten zur Sicherung der internationalen Einheitlichkeit der Maße. Für die Messung mit höchster Genauigkeit und Zuverlässigkeit betreibt die PTB metrologische (auf Messprozesse bezogene) Forschung und Entwicklung in großenteils exzellenter Qualität.

Durch kluges Veränderungsmanagement gelingt es der PTB, neue zukunftsorientierte Bereiche wie die Nanometrologie aufzubauen. Wesentlich hierfür ist der hohe Stellenwert forschungsstrategischer Prozesse in der Ressortforschungseinrichtung. Dabei beeindruckt die strategische Stringenz, mit der die Bundesanstalt Grundlagenforschung und Anwendung verknüpft. Die Bedeutung von Forschung und Methodenentwicklung für die Dienstleistungen der PTB ist hier außergewöhnlich hoch, die Angebote und Leistungen selbst sind von ausgezeichneter Qualität.

Bemerkenswert ist zudem, wie intensiv sich das PTB in europäischen Forschungsprogrammen und Netzwerken einbringt. Die strategisch vernetzte Verbundforschung auf europäischer Ebene ist außerordentlich wichtig, um relevante Interessengebiete fachspezifisch zu bündeln und längerfristig zu bearbeiten. Nur auf diese Weise lässt sich die aufgabenbezogene Forschung der PTB überhaupt realisieren.

"Um ihre führende Rolle auch in Zukunft zu sichern", resümierte die Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Martina Brockmeier, "muss sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt für die fortschreitende Digitalisierung gut aufstellen. Referenz-Messgrößen werden für die digitalisierte Wirtschaft mit Industrie 4.0 und Internet der Dinge immer wichtiger." Aufgrund der hochdynamischen Entwicklung der Forschungs- und Technologiefelder ist es nach Auffassung des Wissenschaftsrates zwingend notwendig, die Aktivitäten in diesem Feld mit hoher Priorität auszubauen. "Zwar gibt es eine Reihe von internationalen Standardisierungsorganisationen", so Brockmeier, "eine PTB-ähnliche Autorität in der Messtechnik fehlt jedoch in einer zunehmend vernetzten Welt. Diese Lücke sollte die PTB schnellstmöglich besetzen." Hierzu bedarf es insbesondere einer klaren Beauftragung der PTB, auch in Abgrenzung zu weiteren relevanten Einrichtungen auf diesem Gebiet.


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6216-17.pdf
- Stellungnahme zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), Braunschweig und Berlin (Drs. 6216-17)

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Wissenschaftsrat | Förderphase 2018 im Zeichen der Medizin und der Hochleistungsrechner


Nachdem die letzte Förderphase des Bund-Länder-Programms für Forschungsbauten durch eine extreme fachliche Breite der Vorhaben gekennzeichnet war, entstammen in der aktuellen Förderphase 2018 sechs der zwölf zur Förderung empfohlenen Vorhaben der Medizin und Pharmakologie sowie drei der programmatisch-strukturellen Linie Hochleistungsrechnen.

Doch auch innerhalb dieser Vorhaben herrscht eine breite und bemerkenswerte Interdisziplinarität. Dies trifft sowohl auf die Vorhaben der Medizin zu, die mehrheitlich sonst voneinander getrennt forschende medizinische Fächer und weitere Lebenswissenschaften verbinden, als auch auf die Hochleistungsrechner, die die Methodenwissenschaften eng mit Anwendungswissenschaften aller Fachgruppen verzahnen. "Damit erfüllt das Programm Forschungsbauten aus unserer Sicht sehr deutlich eine mit seiner Einrichtung von Bund und Ländern verbundene Hoffnung", so Professorin Martina Brockmeier, Vorsitzende des Wissenschaftsrates. "Denn es ermöglicht die interdisziplinäre Kooperation in spezifisch darauf ausgerichteten Infrastrukturen, die den Hochschulen sonst nicht zur Verfügung stünden."

Die Spannbreite der in diesem Jahr vorgestellten Forschungsprogramme kann durch die folgenden Beispiele verdeutlicht werden:

Im Berlin Center for Advanced Therapies (BeCAT) der Charité soll die neue Arzneimittelklasse der Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) basierend auf lebenden Zellen, Gewebekompositionen oder Gen-Vektoren aus der Grundlagen- und Technologieforschung heraus bis zur klinischen Prüfung entwickelt werden. Dabei wollen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Entwicklung von ATMP aller Klassen in vier klinischen Themenfeldern für Krankheiten mit einem hohen medizinischen Bedarf fokussieren. Beteiligte Fachgebiete der Charité sind insbesondere: Onkologie, Immunologie, Molekularbiologie, Genetik, Transplantationsmedizin und Nephrologie, sowie Kardiologie/Kardiochirurgie und Traumatologie.

Mit dem M3 (Malignom, Metabolom, Mikrobiom) Forschungsinstitut will die Universität Tübingen ein Forschungskonzept umsetzen, das darauf abzielt, das Zusammenspiel von genetischen und metabolischen Bedingungen des Organismus in Verbindung mit dem individuellen Mikrobiom in der Entstehung von Tumorerkrankungen oder deren Vorstufen zu untersuchen. Durch die Integration von bioinformatischen und systembiologischen Ansätzen soll eine präzise Beeinflussung dieser miteinander verbundenen Systeme ermöglicht werden, um innovative Therapiekonzepte zur Behandlung und Prävention von Krebserkrankungen oder entzündlich metabolischen Erkrankungen, die zur Tumorentstehung prädisponieren, zu entwickeln. Dieses Ziel soll durch ein interdisziplinäres Forscherteam aus der Onkologie/Immunologie, Diabetologie und Infektionsforschung sowie aus der Bioinformatik, Systembiologie und Systempharmakologie verfolgt werden.

Computational Engineering ist ein Profilschwerpunkt der TU Darmstadt. Damit ist eine interdisziplinär verschränkte Herangehensweise bei der Untersuchung komplexer Ingenieursanwendungen und natürlicher Phänomene mittels computergestützter Modellierung, Analyse, Simulation und Optimierung gemeint. Der zur Beschaffung vorgesehene Hochleistungsrechner "Lichtenberg II" soll sowohl für die anwendungsgetriebene Forschung der Ingenieurwissenschaften, zum Beispiel der Simulation von Benetzungs- oder Verbrennungsprozessen oder der Entwicklung datenbasierter Ansätze für komplexe Phänomene, als auch für methodische Forschung, z. B. im Hinblick auf parallele Programmierung oder Numerik, genutzt werden. Er wird vor allem von den Disziplinen Maschinenbau, Materialwissenschaften, Chemie, Physik, Mathematik, Informatik und Elektrotechnik genutzt werden. 25 Prozent der vorhandenen Rechenzeit kann von fachlich einschlägigen Antragstellern bundesweit genutzt werden.

In der aktuellen Förderphase (2018) können alle zwölf als förderwürdig eingestuften Vorhaben finanziert werden. Sie erfordern Investitionen im Umfang von rd. 303 Millionen Euro. Die Vorhaben wurden nach wissenschaftsimmanenten Qualitätskriterien gereiht. Dabei wurden zwei Vorhaben (A-B) der thematisch offenen Linie insgesamt mit "herausragend", vier (C-F) mit "sehr gut - herausragend" und weitere drei (G-I) mit "sehr gut" bewertet. Sie sowie drei Vorhaben aus der programmatisch-strukturellen Linie "Hochleistungsrechner", von denen zwei (A-B) mit "herausragend" und eines (C) mit "sehr gut bis herausragend" bewertet wurde, werden zur Förderung empfohlen:

Thematisch offene Förderung:

A - B
- Charité Berlin: Berlin Center for Advanced Therapies (BeCAT)
- Universität Tübingen (Medizin): M3 Forschungsinstitut

C - F
- Technische Universität Braunschweig: Zentrum für Brandforschung (ZeBra)
- Technische Universität Dresden (Medizin): Zentrum für Metabolisch-Immunologische
- Erkrankungen und Therapietechnologien Sachsen (MITS)
- Universität Göttingen (Medizin): Heart & Brain Center Göttingen (HBCG)
- Universität Würzburg: Zentrum für Philologie und Digitalität (ZPD)

G - I
- Universität Jena: Forschungsneubau CEEC Jena II
- Universität Jena (Medizin): Center for translational Medicine - CeTraMed
- Universität Lübeck (Medizin): Center for Research on Inflammation of the Skin (CRIS)

Programmatisch-Strukturelle Linie "Hochleistungsrechner"

A - B
- Technische Universität Darmstadt: Ersatzbeschaffung für den Hochleistungsrechner der TU Darmstadt - Lichtenberg II
- Universität Paderborn: Hochleistungsrechner Noctua

C
- Universität Frankfurt: GOETHE-Hochleistungsrechner des Center for Scientific Computing

Damit sind - vorbehaltlich der abschließenden Entscheidung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) am 23. Juni 2017 - insgesamt 147 Forschungsbauten in das Förderprogramm aufgenommen.


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6181-17.pdf
- Empfehlungen zur Förderung von Forschungsbauten (2018)

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Wissenschaftsrat | Vier Entscheidungen im Verfahren der Institutionellen Akkreditierung


Auf seinen Wintersitzungen hat der Wissenschaftsrat vier Verfahren der Institutionellen Akkreditierung beraten, darunter die Kühne Logistics University - Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung (kurz KLU), Hamburg, die Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter, die Fachhochschule für Sport und Management Potsdam sowie die Fliedner Fachhochschule Düsseldorf (FFH). Die Ergebnisse im Einzelnen:

Der Wissenschaftsrat empfiehlt die Verleihung des Promotionsrechts an die Kühne Logistics University - Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung (kurz KLU), Hamburg befristet für fünf Jahre. Die Hochschule wurde im Jahr 2010 gegründet und ist inzwischen vom Land Hamburg unbefristet staatlich anerkannt. Betreiberin und alleinige Gesellschafterin der Trägereinrichtung ist die Kühne-Stiftung mit Sitz in der Schweiz. Die KLU bietet ihren 241 Studierenden einen Bachelorstudiengang, zwei konsekutive und einen weiterbildenden Masterstudiengang mit den Schwerpunkten Logistik und Unternehmensführung an. Am Promotionsbegleitprogramm der KLU nehmen derzeit 21 Doktorandinnen und Doktoranden teil.
Der Wissenschaftsrat würdigt die Erweiterung des wissenschaftlichen Profils der KLU und insbesondere deren innovative Umsetzung mittels kooperativer Professuren. Ebenso sind die sehr guten wissenschaftlichen Leistungen der Professorinnen und Professoren und die erfolgreiche Nachwuchsförderung im Rahmen kooperativer Promotionsverfahren herauszuheben. Die KLU verfügt über alle institutionellen Voraussetzungen für das Promotionsrecht und hat überzeugende Planungen für ein eigenes strukturiertes Promotionsprogramm vorgelegt.
Seine Entscheidung verbindet der Wissenschaftsrat mit einer Auflage zur Governance der Hochschule.

Im Fall der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter, hat sich der Wissenschaftsrat gegen die Akkreditierung einer universitären Fakultät 2 für Human- und Gesellschaftswissenschaften und die Ausweitung des Promotionsrechts ausgesprochen. Er empfiehlt aber, das bestehende Promotionsrecht bis zur Reakkreditierung der gesamten Hochschule zu verlängern.
Die Alanus Hochschule ist seit 2002 als Kunsthochschule staatlich anerkannt. Seit 2015 befindet sie sich in einer Umstrukturierung. Sie will zwei Hochschultypen unter einem Dach vereinen. An der Fakultät 1 werden künstlerische Fächer und Architektur angeboten. An der Fakultät 2 sind die wissenschaftlichen Fächer angesiedelt. Sie verteilen sich auf die Fachbereiche Künstlerische Therapien und Therapiewissenschaften, Bildungswissenschaft und Wirtschaft. Das Akkreditierungsverfahren bezieht sich auf die Fakultät 2, die einen universitären Anspruch erhebt. Der Wissenschaftsrat kommt zu der Entscheidung, dass die Fakultät 2 derzeit nicht den Anforderungen an eine Universität oder gleichgestellte Hochschule genügt. Die Forschungsleistungen sind dem Anspruch und der Breite der Fakultät 2 nicht angemessen. Zudem bestehen Mängel in der Forschungsprofilierung, den institutionellen und finanziellen Rahmenbedingungen der Forschung, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, den Kooperationen, der personellen Ausstattung und dem Profil der Studiengänge.
Allerdings empfiehlt der Wissenschaftsrat, dass an den Fachbereich Bildungswissenschaft verliehene Promotionsrecht gemäß Kunsthochschulgesetz NRW zu verlängern. Der Wissenschaftsrat würdigt, dass entsprechend den Anforderungen des Kunsthochschulgesetzes überzeugende Strukturen geschaffen und erste Promotionsverfahren absolviert wurden. Die Empfehlung für die Verlängerung des Promotionsrechts ist mit Auflagen verbunden. Diese beziehen sich auf das Verhältnis von Betreibern und Hochschule, den Standort in Mannheim, die Verortung der Waldorfpädagogik im Diskurs der Erziehungswissenschaften und die Bibliothek.

Die Fachhochschule für Sport und Management Potsdam wird vom Wissenschaftsrat zunächst für die Dauer von drei Jahren mit Auflagen reakkreditiert. Der Akkreditierungszeitraum verlängert sich bei fristgerechter Erfüllung der Auflagen auf fünf Jahre.
Die Fachhochschule für Sport und Management Potsdam wurde 2009 gegründet und ist befristet staatlich anerkannt. Der Betreiber der Hochschule ist der Landessportbund Brandenburg. An der Hochschule studieren rd. 200 Studierende in den zwei Bachelorstudiengängen Management und Sport/Angewandte Sportwissenschaft.
Der Wissenschaftsrat würdigt das eigenständige Profil der Hochschule, die Anwendungsorientierung des dualen Studienkonzepts und die positive Entwicklung der Forschungsleistungen. Kritisch sieht der Wissenschaftsrat die zu geringe Zahl an Professorinnen und Professoren und die Ausstattung der Bibliothek.
Die Reakkreditierung ist mit Auflagen zur professoralen Personalausstattung, zur Ausstattung der Bibliothek und zur Hochschulgovernance verbunden.

Die Fliedner Fachhochschule Düsseldorf (FFH) wird vom Wissenschaftsrat für die Dauer von fünf Jahren mit drei Auflagen institutionell akkreditiert. Die Hochschule wurde im Jahre 2011 vom Land Nordrhein-Westfalen für den Zeitraum von fünf Jahren befristet staatlich anerkannt und nahm zum Wintersemester 2011/12 ihren Studienbetrieb auf. Betreiberin der Hochschule ist die Kaiserswerther Diakonie, die zu den ältesten diakonischen Unternehmen in Deutschland zählt. Die FFH bietet ihren rund 1.200 Studierenden elf Bachelor- und drei Master-Studiengänge in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales an.
Der Wissenschaftsrat würdigt die praxisorientierte akademische Ausbildung, die in hohem Maße von der engen Anbindung an die Kaiserswerther Diakonie profitiert. Mit ihrem auf das Gesundheits-, Sozial,- Bildungs- und Erziehungswesen ausgerichteten Studienangebot reagiert die FFH auf den wachsenden Fachkräftebedarf in diesen Bereichen und gestaltet Akademisierungsprozesse verantwortungsvoll mit. Forschungsvorhaben unterstützt die Hochschule durch ein vielfältiges Förderinstrumentarium. Positiv hervorzuheben ist ferner, dass die FFH der Qualitätssicherung eine erkennbar hohe Bedeutung beimisst.
Der Wissenschaftsrat verbindet sein Votum mit Auflagen, die einen Aufwuchs des hauptberuflichen professoralen Personals und eine Überarbeitung der Berufungs- und der Grundordnung bezwecken.


Weitere Informationen unter:
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6174-17.pdf
- Kühne Logistics University, Hamburg
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6172-17.pdf
- Alanus Hochschule, Alfter
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6176-17.pdf
- Fachhochschule für Sport und Management Potsdam
https://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/6179-17.pdf
- Fliedner Fachhochschule Düsseldorf



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilungen unter:
http://idw-online.de/de/institution415

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Wissenschaftsrat, Dr. Christiane Kling-Mathey, 02.05.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2017

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