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WISSENSCHAFT/930: 315 Tage Nationale Akademie der Wissenschaften - Leopoldina zieht Bilanz (idw)


Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina - 25.05.2009

315 Tage Nationale Akademie der Wissenschaften

Die Leopoldina zieht eine erste Bilanz


(Berlin) Seit knapp einem Jahr ist die Leopoldina in Halle Nationale Akademie der Wissenschaften. "Unser größter Erfolg in dieser neuen Funktion ist, dass wir keine Diskussionen im Elfenbeinturm führen, sondern als Stimme der Wissenschaft von Politik und Öffentlichkeit gefragt und gehört werden", erklärt Prof. Dr. Volker ter Meulen, Präsident der Leopoldina.

"Form follows function", die äußere Form wird von der Funktion bestimmt - dieses Credo des US-Architekten Louis Sullivan fand jetzt Gehör bei den Geldgebern der Leopoldina: Um ihre neuen Aufgaben als Nationale Akademie der Wissenschaften wahrnehmen zu können, wird die Leopoldina nach dessen Sanierung in das denkmalgeschützte "Logenhaus auf dem Jägerberg" in Halle umziehen: Der angemessene Rahmen für eine nationale Akademie.

Die Zusage von 15,7 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die Leopoldina-Präsident Prof. Dr. Volker ter Meulen als "rundum positiv" bezeichnet. Seit dem 14. Juli 2008 ist die Leopoldina die Nationale Akademie der Wissenschaften. Sie soll in voller Unabhängigkeit wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen wissenschaftlich bearbeiten und die Ergebnisse der Öffentlichkeit und Politik vermitteln.

Das Prinzip: Kooperation.

Die Leopoldina arbeitet mit anderen Akademien eng zusammen. Ein Koordinierungsgremium unter der Federführung der Leopoldina erarbeitet derzeit das Konzept für die Zusammenarbeit mit der Deutschen Akademie für Technik-wissenschaften (acatech) sowie den Länderakademien einschließlich der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW). Das Gremium stimmt die Themen ab, setzt die Arbeitsgruppen ein und verabschiedet die Empfehlungen nach einer externen Evaluierung. Aber auch die großen deutschen Wissenschaftsorganisationen gehören zu den Kooperationspartnern der Leopoldina.

Das Konzept: Flexibilität.

"Je nach Aufgabenstellung wird bei unseren Vorhaben die optimale wissenschaftliche Besetzung zusammengestellt", erläutert ter Meulen. "Bei den großen Themen arbeiten wir mit der BBAW und acatech zusammen". Dies werde im Koordinierungsgremium abgestimmt. Doch es gibt auch Aktivitäten mit anderen Akademien und Forschungsinstitutionen im In- und Ausland. Beispiele hierfür sind mehr als 20 Veranstaltungen der Leopoldina pro Jahr mit nationalen und internationalen Partnern im In- und Ausland. Ein Symposium mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften zum Thema Nanotechnologie in China im Jahr 2007 geht im Juli 2009 in Münster in die zweite Runde.

Das Ziel: Antworten auf Zukunftsfragen.

Oberstes Ziel aller Aktivitäten ist es, drängende Zukunftsfragen aufzuzeigen, die aus wissenschaftlicher Sicht fächerübergreifend und interdisziplinär bearbeitet und beantwortet werden sollten. Beispiel für ein solches Thema ist das Projekt "Altern in Deutschland". Dieses wurde von der Leopoldina zusammen mit der acatech bereits im Jahr 2006 gestartet. "Wären wir schon damals Nationale Akademie der Wissenschaften gewesen", sagt ter Meulen, "wäre dies ein Beispiel für ein Projekt, dass wir mit allen anderen Akademien gemeinsam entwickelt hätten." Inzwischen hat die Akademiengruppe "Altern in Deutschland" ihre umfangreichen Analysen und Empfehlungen vorgelegt. In der nun folgenden Phase sollen unter Federführung von Leopoldina-Vizepräsidentin Prof. Dr. Ursula M. Staudinger, Bremen, einige ausgewählte Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden.

Eine andere, interdisziplinär ausgerichtete Arbeitsgruppe von Leopoldina und BBAW, deren Etablierung ebenfalls schon vor der Ernennung der Leopoldina zur Nationalen Akademie der Wissenschaften vereinbart worden war, beschäftigt sich mit dem ebenfalls gesellschaftlich hoch relevanten Thema "Fertilität und gesellschaftliche Entwicklung".

Das Thema Infektionskrankheiten ist ein Beispiel für einen fachspezifischen Komplex, zu dem innerhalb kurzer Zeit unter Federführung der Leopoldina von den im European Academies Science Advisory Council (EASAC) zusammengeschlossenen nationalen Akademien der EU-Mitgliedsstaaten mehrere Stellungnahmen erarbeitet wurden. "Dieses Thema ist wichtig, da Infektionskrankheiten uns alle bedrohen", sagt ter Meulen. So wurden beispielsweise Stellungnahmen zu den Themen "Antibiotikaresistenz von Bakterien", "Schutzimpfung", "Migration und Infektionskrankheiten" oder aktuell im März 2009 zum Thema "Tuberkulose" veröffentlicht.

Neben diesen langfristigen Projekten veröffentlicht die Leopoldina auch Stellungnahmen, die aufgrund der Dringlichkeit kurzfristig erarbeitet werden müssen. Ein Beispiel hierfür ist die unter Leitung von Leopoldina-Vizepräsidentin Prof. Dr. Bärbel Friedrich, Berlin, erarbeitete Stellungnahme der Leopoldina aus dem Jahr 2007 zur Stammzellforschung in Deutschland. Eine weitere Stellungnahme zur "Synthetischen Biologie", bei der die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Leopoldina und acatech zusammenarbeiten, befindet sich gerade in der abschließenden Abstimmung.

Die Form: gut gerüstet für die Neuen Aufgaben.

"Mit ihrer neuen Aufgabe hat sich die Tätigkeit der Leopoldina, ihrer Mitglieder und ihrer Gremien grundlegend geändert", erklärt die Generalsekretärin Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug. Im Dezember 2008 verabschiedeten die Mitglieder der Leopoldina eine neue Satzung, welche die Mitglieder und Sektionen deutlich stärker als bisher in die Arbeit der Akademie einbindet. "Die Leopoldina wurde eine Arbeitsakademie mit einem hauptamtlichen Präsidenten", sagt Schnitzer-Ungefug. Um die neuen Aufgaben bewältigen zu können, wurde und wird die Mitarbeiterzahl ausgebaut, entstehen neue Abteilungen für Politikberatung, für Internationale Beziehungen und für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. "Als wir zur Nationalen Akademie ernannt wurden, hatten wir 23,5 Planstellen", berichtet Schnitzer-Ungefug. Im Jahr 2009 sind 15 weitere hinzu gekommen, bis zum Jahr 2011 sollen 70 Mitarbeiter in Halle arbeiten, ein Verbindungsbüro in Berlin wird ebenfalls eingerichtet.


Über die Akademie Leopoldina
Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle an der Saale (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Im Juli 2008 wurde die Leopoldina zur Nationalen Akademie der Wissenschaften in Deutschland ernannt.
Sie fördert inter- und transdisziplinäre Diskussionen durch öffentliche Symposien, Meetings, Vorträge, die Arbeit von Arbeitsgruppen, verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse, berät die Öffentlichkeit und politisch Verantwortliche durch Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Themen, fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, und sie betreibt wissenschaftshistorische Forschung.
Der Leopoldina gehören zur Zeit etwa 1350 Mitglieder in aller Welt an. Drei Viertel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Viertel aus 30 weiteren Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen sowie aus den Kultur-, Technik-, empirischen Geistes-, Verhaltens- und Sozialwissenschaften gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben. Unter den derzeit lebenden Nobelpreisträgern sind 31 Mitglieder der Leopoldina.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution743


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina,
Prof. Dr. Jutta Schnitzer-Ungefug, 25.05.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2009