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INTERNATIONAL/012: China mischt die Karten neu - Gold und Euro statt Greenback (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Juli 2011

China: Gold und Euro statt Greenback - Im Reich der Mitte werden die Karten neu gemischt

Von Antoaneta Becker


London, 25. Juli (IPS) - Angesichts der von China angehäuften US-amerikanischen Staatsanleihen im Wert von 1,2 Billionen Dollar steigt im Reich der Mitte das Interesse an Investitionen und Geschäften, die in Euro und anderen Devisen abgewickelt werden. In jüngster Zeit empfehlen Chinas Finanzgurus und Hüter der nationalen Devisenreserven von umgerechnet drei Billionen US-Dollar sogar Gold als Rettungsanker für die wirtschaftliche Stabilität.

Yu Yongding, ein ehemaliger Berater der chinesischen Zentralbank und entschiedener Kritiker US-amerikanischer Staatsanleihen, hat die politische Führung in Peking aufgefordert, als Schutz vor dem Verfall des Dollars die Währungsreserven des Landes möglicht breit zu diversifizieren.

Auf einem internationalen Wirtschaftsforum in Peking wies Yu auf die wachsenden Schulden der USA hin und warnte vor Turbulenzen, in die nicht nur alle US-Vermögenswerte, sondern die Weltwirtschaft geraten könnten.

Mit seinen düsteren Prognosen ist der chinesische Währungsexperte nicht allein. Auch Großbanken wie Goldman Sachs rechnen mit einem langsamen aber stetigen Verfall des US-Dollar. Allein in den nächsten zwölf Monaten werde sein Wert gegenüber dem Britischen Pfund 15 Prozent einbüßen, heißt es bei Goldman Sachs. Nach Yus Berechnungen hat sich der Wert des so genannten Greenback zwischen 1929 und 2009 um 94 Prozent verringert.

Während Investoren weltweit damit begonnen haben, durch den Umtausch ihrer Dollar-Reserven in andere Währungen drohenden Verlusten vorzubeugen, verteidigt US-Präsident Barack Obama die unter der Schuldenlast ächzende Wirtschaft seines Landes. Die USA seien keineswegs so sehr in Bedrängnis wie "Griechenland oder Portugal", versicherte Obama. Unbeeindruckt drohen die Rating-Agenturen 'Moody's' und 'Standard & Poor' jedoch damit, die Kreditwürdigkeit der USA herabzustufen. Jetzt fürchten die Gläubiger, vor allen die Chinesen, wie lange noch das Land die Zinsen für seine Kredite aufbringen kann.


Interesse am Euro

Da der Dollar zusehends an Attraktivität verliert, hatte China schon in den vergangenen drei Jahren sein Augenmerk auf den Euro gerichtet. Mitten in der Euro-Schuldenkrise erwarb China im vergangenen Jahr ein Paket griechischer Staatsanleihen und leaste im Gegenzug den Hafen von Piräus für 35 Jahre. Später kaufte es Spanien Staatsanleihen im Wert von 1,4 Milliarden Dollar ab.

Als Chinas Regierungschef Wen Jiabao im Juni drei europäische Länder besuchte, gab es Berichte, Peking interessiere sich für eine Beteiligung am Euro-Rettungsfonds. Daraufhin warnte der 'European Council on Foreign Relations' vor Chinas Drängelei nach Europa. Man dürfe die Werte der EU nicht gegen Investitionen eintauschen, betonte der einflussreiche Thinktank.

Einige chinesische Experten befürworten Chinas Europa-Engagement. So gab der Kommentator Ming Jinwei kürzlich im wöchentlich erscheinenden chinesischen Wirtschaftsmagazin 'Economic Observer' zu bedenken: "Chinas Annäherung an Europa ist ein Schritt zur Befreiung des Landes und der globalen Finanzwelt aus der Abhängigkeit von den USA und dem US-Dollar."


Globalisierung des Yuan

China bemüht sich, den Yuan als international akzeptierte Währung zu etablieren. Geschäfte mit Brasilien wurden bereits auf der Basis der Landeswährungen abgeschlossen. Ähnliche Vereinbarungen gab es auch mit Indien, Russland, Südafrika und anderen Ländern. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wickelte die Volksrepublik sieben Prozent ihres Handels in der eigenen Währung ab. Gegenüber dem Vorjahr war das ein 20-facher Anstieg.

Die rasche Globalisierung des Yuan lässt nach Ansicht des Finanzexperten Yu Yongding Chinas Bestand an ausländischen Devisen ständig wachsen. Immer mehr Importe müssen in Yuan bezahlt werden, während seine ausländischen Handelspartner ihre Rechnungen für chinesische Güter lieber in anderen Währungen begleichen.

Kürzlich empfahl Xia Bin, ein Berater der chinesischen Staatsbank, die Zentralbank müsse ihre Strategie in Sachen Währungsreserven dringend überholen. Anstatt die Schulden westlicher Regierungen aufzukaufen sollte China in strategische Aktien investieren und mehr Gold kaufen, zitierten Medien den Experten. Peking hat nach eigenen Angaben seine Goldreserven auf 1.054 Tonnen im Wert von 54 Milliarden Dollar verdoppelt. Geplant ist ein weiterer Ausbau der Goldreserven auf 8.000 Tonnen. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2011