Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FINANZEN

INTERNATIONAL/047: Weltbank will Blick für Landrechte schärfen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. April 2013

Finanzen: Weltbank will Blick für Landrechte schärfen

von Carey L. Biron


Bild: © Naimul Haq/IPS

Bäuerinnen in Bangladesch
Bild: © Naimul Haq/IPS

Washington, 9. April (IPS) - Die Weltbank will künftig ihren Fokus stärker auf den Schutz von Landbesitz und Investitionen in eine sozial und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft legen. In diesem Zusammenhang kritisierte sie erneut die Landnahmen ausländischer Konzerne, die sich in den letzten Jahren vor allem in Afrika riesige Grundstücke für den Anbau von Agrarexportgütern angeeignet haben.

"Die Weltbankgruppe teilt die Bedenken gegenüber den Risiken, die mit dem großflächigen Landerwerb einhergehen", so Weltbankpräsident Jim Yong Kim kürzlich in einer Mitteilung seiner Organisation. "Für Millionen armer Menschen ist der Zugang zu Land entscheidend. Moderne, effiziente und transparente Strategien mit Blick auf die Landrechte sind von größter Bedeutung, um die Armut zu verringern und Wachstum, Agrarproduktion, Ernährung und die Nachhaltigkeit der Entwicklung zu verbessern."

Nach Jahrzehnten, in denen internationale Investoren einschließlich bilateraler Geber und multilateraler Finanzierungsorganisationen die landwirtschaftlichen Sektoren nahezu komplett vernachlässigt haben, versuchen seit geraumer Zeit die unterschiedlichsten Akteure sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden.

Am 8. April räumte Kim ein, dass auch die Weltbank ihre Agrarinvestitionen erhöht habe. Er betonte jedoch die Notwendigkeit, Anstrengungen zum Schutz lokaler Landrechte zu unternehmen und Nichtregierungsorganisationen zu befähigen, Regierungen bei Verstößen haftbar zu machen.


Jahreskonferenz in Washington

Im Vorfeld ihrer viertägigen Konferenz zum Thema Land und Armut vom 8. bis 11. April in Washington erklärte die Weltbank, dass angesichts eines Bevölkerungszuwachses von zwei Milliarden Menschen bis 2050 eine Ausweitung der globalen Agrarproduktion um 70 Prozent erforderlich sei.

Der Anstieg der Nahrungsmittel- und Benzinpreise, gepaart mit den Unsicherheiten durch den Klimawandel macht laut Weltbank eine Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion sowohl durch große Konzerne als auch durch Kleinbauern erforderlich. Die Finanzorganisation empfiehlt aber auch die Standardisierung von Investitionen und Landrechten als Maßnahme, den kleinen Farmern bei der Steigerung ihrer Ernten zu helfen.

"Nutzbares Land ist Mangelware, und es kommt so häufig vor, dass Spekulanten und skrupellose Investoren Kleinbauern, Viehhirten und andere Personengruppen ausnutzen, weil jenen die Macht fehlt, für ihre Rechte einzutreten", sagte die Weltbank. Das gelte vor allem für Länder mit schwach ausgeprägten Schutzsystemen.

Die Bank will nun dazu beitragen, den Umgang mit Land insoweit zu regulieren, dass auch der traditionelle Landbesitz stärker geschützt wird und Frauen in den Genuss von Landrechten kommen.

Vor allem seit dem Anstieg der Nahrungsmittelpreise und der Nachfrage nach Biotreibstoffen in den letzten zehn Jahren ist Agrarland zu einem lukrativen Rohstoff geworden, und internationale Investoren richten ihren begehrlichen Blick dabei vorwiegend auf Afrika.

Untersuchungen der Weltbank aus dem Jahre 2011 haben ergeben, dass Investoren des Privatsektors allein 2009 um die 60 Millionen Hektar Land in Entwicklungsländern gekauft oder gepachtet haben - Tendenz steigend. In vielen Fällen wiesen lokale Organisationen auf die Komplizenschaft zwischen Landnehmern und den Regierungen der Zielländer hin, wodurch eine Beteiligung aller relevanten Akteure und somit die Einhaltung internationaler Standards verhindert wurde.

"Es macht sich seit kurzem die Tendenz bemerkbar, das riesige Landflächen an internationale Investoren gratis oder zu Vorzugspreisen vergeben werden, offenbar in der Hoffnung, dass sich dadurch der Entwicklungsprozess beschleunigen lässt", meint Nicholas Minot, Wissenschaftler am 'International Food Policy Research Institute', einer Denkfabrik in Washington. "Bis zu einem gewissen Grad lässt sich dahinter eine gewisse Logik erkennen. Doch muss man sich immer die Frage stellen, ob das betroffene Land nicht traditionell von Kleinbauern ohne Landtitel beackert wird", sagte Minot.

Das Thema Landnahme wird auch auf der Weltbankkonferenz weiter vertieft. Dazu meinte der Weltbankberater Jorge Muñoz, dass die internationale Finanzorganisation mit dem 'Land Governance Assessment Framework' ein neues Instrument geschaffen habe, das den Ländern erlaube, sich einen Überblick über Landbesitz und Landbesitzrechte zu verschaffen. Muñoz zufolge haben bereits 33 Länder damit begonnen, das Rahmenwerk zu nutzen.

Darüber hinaus wird die Weltbank auch an der Umsetzung Freiwilliger Richtlinien für einen verantwortungsvollen Umgang mit Landbesitz, Fischerei und Wäldern im Zusammenhang mit nationaler Ernährungssicherheit mitwirken. Bisher haben sich der UN-Entwicklungsbehörde UNAIDS zufolge 22 Länder um technische Unterstützung zur Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien bemüht.


Anarchie verhindern

"Die Freiwilligkeit der Richtlinien funktioniert nicht immer", so Danielle Nierenberg, Mitbegründerin von 'Food Tank', einer in Washington angesiedelten Denkfabrik. "Doch ohne solche Richtlinien werden wir in die Anarchie verfallen. Es ist wichtig, dass Regierungen und Verbraucher die Initiative ergreifen, um Konzerne dazu zu bewegen, die Richtlinien ernst zu nehmen."

Die Weltbank beteiligt sich mit der Weltagrarorganisation FAO zudem an einem Prozess zur Entwicklung internationaler Prinzipien für verantwortungsvolles Investment in der Landwirtschaft.

In den letzten Jahren haben sich einige zivilgesellschaftliche Organisationen aber auch mit der Rolle befasst, die die Weltbank selbst bei der Förderung großflächiger Landkäufe spielt. Im Mittelpunkt der Kritik steht vor allem die Internationale Finanzkorporation (IFC). Doch Muñoz zufolge wird die Bedeutung des privatwirtschaftlichen Arms der Weltbank überschätzt, zumal die IFC weniger auf die Finanzierung als auf die Bereitstellung technischer Hilfen zugunsten von Reformen abhebe.

"Es gibt ein großes globales Problem mit Land Grabbing", bestätigte Muñoz. "Aufgabe der Weltbank wird es in erster Linie sein, den Ländern dabei zu helfen, ihren Umgang mit Land zu regulieren und das Verhalten der Privatinvestoren zu verbessern." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.fao.org/economic/est/issues/investments/prai/en/
http://econ.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTDEC/EXTRESEARCH/EXTPROGRAMS/EXTIE/0,,contentMDK:23278099~pagePK:64168182~piPK:64168060~theSitePK:475520,00.html
http://www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/bn-land-lives-freeze-041012-en_1.pdf
http://www.ipsnews.net/2013/04/world-bank-to-strengthen-focus-on-land-rights/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. April 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2013