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INTERNATIONAL/088: Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Oktober 2015

Finanzen: Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter - Reichstes Prozent besitzt 50 Prozent des Weltvermögens

von Julia Krämer


Berlin (IPS) - PewDiePie hat gerade seinen Zehnmilliardsten Klick bekommen. So oft wurde sein Youtube-Kanal bisher angeklickt. Darin spielt Felix Kjellberg, wie der Schwede mit bürgerlichem Namen heißt, Computerspiele und kommentiert diese. 39 Millionen Abonnenten hat sein Kanal. Laut Forbes ist Kjellberg der bestverdienende YouTube-Star der Welt. Allein in laufenden Jahr soll er bereits zwölf Millionen Dollar verdient haben.

Kjellberg ist nicht nur Millionär, er gehört zu den reichsten Menschen der Welt. Um zum Club der reichsten '1 Prozent' zu gehören, reicht es schon, 759.900 Dollar zu besitzen. Alle Menschen zusammen, die unter diese Kategorie fallen, besitzen die Hälfte des globalen Haushaltseinkommens, heißt es im gerade veröffentlichten Global Wealth Report der Bank Crédit Suisse. Zwar ist der Wohlstand in diesem Jahr geringfügig gesunken und lag bei 250 Billionen US-Dollar. Doch im nächsten Jahr wird sich der Trend vermutlich umkehren. Freuen können sich darüber nicht alle. Denn die Schere zwischen den reichsten und ärmsten Menschen öffnet sich weiter.

Am meisten gestiegen ist der Wohlstand in den USA: 4,6 Billionen US-Dollar mehr als im Vorjahr haben die Amerikaner angehäuft. Allerdings: der Anstieg von 2013 auf 2014 lag bei 9 Billionen Dollar. Mehr Reichtum als 2014 häuften auch die Chinesen an (1,5 Billionen) und die Briten (360 Milliarden). Mit weniger Reichtum als im Vorjahr müssen sich die Deutschen begnügen. Sie haben insgesamt 2 Billionen US-Dollar weniger. Das hängt allerdings auch mit den Wechselkursen zusammen.


Schweizer sind am Reichsten

Immerhin verfügt ein Deutscher im Durchschnitt über knapp 178.000 US-Dollar an Vermögen. Damit schaffen es die Bundesbürger nicht unter die ersten zehn der Vermögendenliste. An deren erster Stelle stehen die Schweizer mit rund 567.000 US-Dollar. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Neuseeland (rund 400.000), Australien (rund 365.000), die USA (353.000) und Norwegen (321.000).

"Reichtum konzentriert sich noch immer stark in Europa und den Vereinigten Staaten", sagte Crédit-Suisse-Vorsitzender Tidjane Thiam im Rahmen der Veröffentlichung des Berichtes. "Trotzdem war der Wachstum in aufstrebenden Volkswirtschaften im vergangenen Jahr ziemlich beeindruckend." In China habe sich die Gesamthöhe der privaten Vermögen seit Beginn des 21. Jahrhunderts verfünffacht. Die chinesische Mittelschicht sei nun erstmals die größte der Welt.

Auch in anderen Teilen der Welt sei das Vermögen der Mittelschichten in diesem Jahrhundert stark gewachsen. Die Crédit Suisse zählte im Jahr 2015 insgesamt 664 Millionen Menschen zur Mittelschicht und damit 14 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung. Auch in diesem Jahr ist das Vermögen dieser Bevölkerungsgruppe gewachsen, allerdings zu einem wesentlich geringeren Prozentsatz als das des reichsten Prozents.


Reiche werden reicher

Seit Beginn der Wirtschaftskrise hat die ungleiche Verteilung von Reichtum weltweit zugenommen. Auch dieses Jahr war keine Ausnahme, wie der Bericht von Crédit Suisse zeigt. Während die Hälfte der erwachsenen Menschen zusammen ein Prozent des globalen Reichtums hält, gehören dem reichsten Zehntel 87,7 Prozent der Vermögen, und das reichste Prozent hält mittlerweile die Hälfte der weltweiten Vermögenswerte.

"Der Crédit-Suisse-Bericht zeigt, dass die Ungleichheit noch schneller wächst als wir dachten", kommentiert Oxfam-Expertin Claire Godfrey die Veröffentlichung. Die Entwicklungsorganisation hatte noch im Januar vorausgesagt, dass das reichste Prozent im Jahr 2016 mehr Vermögen auf sich vereinen würde als der Rest der Welt. Nun sei dies schon 2015 praktisch der Fall.

Oxfam hatte während des Weltwirtschaftsforums in Davos im Januar gewarnt, dass dieser Trend dafür sorge, dass die Menschheit den Kampf gegen die Armut verliere. Obwohl das Millenniumsziel, die weltweite Armut bis 2015 zu halbieren, erreicht werden konnte, hat noch immer jeder neunte Mensch nicht ausreichend zu essen, und mehr als eine Milliarde Menschen leben weiterhin von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag.

Der Organisation zufolge hatte das oberste Prozent im Jahr 2009 noch 44 Prozent des Weltvermögens in seinem Besitz, 2014 waren es 48 Prozent. Durchschnittlich besaß ein Mitglied dieser Gruppe im vergangenen Jahr 2,7 Millionen US-Dollar.

Als im Juli bekannt wurde, dass PewDiePie im Jahr 2014 durch Werbeeinnahmen auf YouTube und anderswo insgesamt rund 7,5 Millionen US-Dollar brutto verdient hatte, erntete er dafür in den sozialen Medien heftige Kritik. Seine Reaktion: "Es kommt mir so vor als interessiere sich die ganze Welt wesentlich mehr dafür, wieviel Geld ich verdiene als ich selbst." Diese Äußerung schien nicht als Selbstkritik gemeint zu sein. (Ende/IPS/jk/16.10.2015)


Link:

http://www.credit-suisse.com/de/en/about-us/research/research-institute/global-wealth-report.html

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IPS-Tagesdienst vom 16. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2015

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