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MELDUNG/054: Lehren aus der Finanzkrise - Hertie School präsentiert Studie auf T20-Gipfel in Buenos Aires (idw)


Hertie School of Governance - 17.09.2018

Lehren aus der Finanzkrise: Hertie School präsentiert Studie auf T20-Gipfel in Buenos Aires

• Governance Report 2018: Hertie School stellt Empfehlungen zur Bewältigung globaler Krisen auf dem T20-Gipfel in Buenos Aires vor
• Krisenanfälligkeit zehn Jahre nach der Finanzkrise generell gestiegen; in stark betroffenen Staaten ist das Vertrauen in Regierungen erodiert.


Berlin, 17. September 2018 - Ein Jahrzehnt nach der größten weltweiten Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise stellt die Hertie School in ihrem Governance Report 2018 Analysen und Empfehlungen vor, wie solche Krisen verhindert oder besser bewältigt werden können. Die Professoren Helmut K. Anheier, ehemaliger Präsident der Hertie School, und Mark Hallerberg präsentieren den Report heute (17. September) beim Think-20-Gipfel (T20) in Buenos Aires.

T20 ist ein Netzwerk von Forschungseinrichtungen und Think Tanks, das seit 2017 den G20-Prozess begleitet und jeweils im Vorfeld des Gipfels der Staats- und Regierungschefs zusammenkommt.

Der Governance Report zeigt deutlich, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 nicht nur die Finanzmärkte bedrohte, sondern ganze Wirtschaftsräume und politische Systeme betraf. Dabei stellen die Wissenschaftler gravierende Mängel der politischen Steuerung über ein breites Spektrum von Politikfeldern hinweg fest.

Die Autoren des Reports weisen nach, dass das Vertrauen der Bürger in ihre Regierungen während der Krise in vielen EU-Ländern eingebrochen ist, in besonders stark betroffenen Ländern besteht der Vertrauensverlust bis heute fort, während die robusteren Staaten sich inzwischen erholen konnten. In stark betroffenen Ländern beeinflusst dies auch die demokratische Legitimation, gemessen am Wahlverhalten und der Zufriedenheit mit der Demokratie. Die Krise kann daher unter bestimmten Bedingungen ein Anstoß für die Aushöhlung des demokratischen Systems gewesen sein. Einen definitiven Zusammenhang zwischen den jüngsten Stimmenverschiebungen zu rechten, ultranationalistischen oder euroskeptischen Parteien, können die Wissenschaftler jedoch nicht feststellen.

Die Analysen ergeben zudem eine höhere Krisenanfälligkeit der meisten OECD- und G20-Länder aufgrund höherer Verschuldung und gestiegener Sozialausgaben. Im Falle einer weiteren Krise hätten sie nur wenig finanzpolitischen Spielraum. Eine Stärkung der öffentlichen Finanzhaushalte sei daher dringend erforderlich, damit die Staaten nötigenfalls mit einer Erhöhung der Schulden statt mit Austerität reagieren.

Künftig müssen sich Staaten in Zeiten relativer wirtschaftlicher Stabilität besser vorbereiten, Krisenszenarien entwickeln, Notfallpläne erarbeiten und eine systematische Bewertung multilateraler Vereinbarungen vornehmen, so die Autoren. Erforderlich ist ferner ein vorausschauendes Schuldenmanagement, so dass eine größere Flexibilität entsteht, um im Krisenfall nötigenfalls mit Ausgabensteigerungen zu reagieren. Von entscheidender Bedeutung sind zudem der Verzicht auf verfrühte Deregulierungsmaßnahmen und systematische Maßnahmen, um nach Krisen Vertrauen der Bürger wiederaufzubauen. Hierzu gehören aus Sicht der Autoren auch strenge Strafen für die verantwortlichen Akteure.

Als weiteres zentrales Handlungsfeld identifiziert der Governance Report 2018, dass Aufsichtsbehörden dem technologischen Fortschritt oft hinterherhinken, was den privaten Finanzmarktakteuren einen Vorteil verschafft, den Markt verzerren und die Krisenanfälligkeit erhöhen kann. Die Cyber-Technologie etwa entzieht sich der Regulierungsaufsicht bislang weitgehend.

The Governance Report 2018 (https://bit.ly/govreport2018), hrsg. v. Hertie School of Governance, Oxford University Press 2018, wurde von einem Expertenteam unter Federführung der Hertie School of Governance verfasst. Es ist der sechste Band einer Reihe, die neue Lösungsansätze für Governance-Probleme behandelt. Der Report 2018 enthält Beiträge unter anderem von Helmut K. Anheier, Luciana Cingolani, Mark Hallerberg, Jean Pisani-Ferry, Kai Wegrich und Sebastian Ziaja. Er umfasst wissenschaftliche Analysen, wie sich die Finanzpolitik, Verwaltungsprozesse und -kapazitäten, das Vertrauen in Institutionen sowie globale Steuerungsmechanismen von der Zeit vor der Krise bis heute entwickelt haben.


Hier finden Sie weitere Informationen zur Präsentation des Governance Report 2018 auf dem T20-Gipfel in Buenos Aires am 17. September:
https://bit.ly/t20summit2018

In Deutschland wird der Report am 17. Oktober um 18 Uhr an der Hertie School of Governance in Berlin im Rahmen einer Veranstaltung mit Kanzleramtsminister Helge Braun, den Autoren Luciana Cingolani und Mark Hallerberg sowie Dennis Snower, Präsident der Global Solutions Initiative vorgestellt: Mehr Informationen und Anmeldung:
https://bit.ly/rebuildingtrust2018

Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte, private Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen Bereich, in der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft vorzubereiten. Mit interdisziplinärer Forschung will die Hertie School zudem die Diskussion über moderne Staatlichkeit voranbringen und den Austausch zwischen den Sektoren anregen. Die Hochschule wurde Ende 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gegründet und wird seither maßgeblich von ihr getragen. https://www.hertie-school.org

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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution855

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hertie School of Governance, Regine Kreitz, 17.09.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2018

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