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HERRSCHAFT/1508: Kongreß lehnt Wiedereinsetzung Zelayas ab (SB)



Um den Staatsstreich in Honduras endgültig zu besiegeln, hat der Kongreß die Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya abgelehnt. Porfirio Lobo, der am Sonntag aus der Wahlfarce als Sieger hervorgegangen ist, dachte angesichts seines gelungenen Coups gar nicht daran, seine Parteigenossen für die Rückkehr des legitimen Staatschefs in das Amt zu mobilisieren, das er selbst zu okkupieren gedenkt. Zelaya war mangels eigener Mehrheiten im Parlament auf die Stimmen der Nationalen Partei angewiesen, die zu beschaffen Lobo angedeutet hatte.

In den Monaten seit dem Umsturz hatte Porfirio Lobo Kreide gefressen, sich stets bedeckt gehalten und weder für die Putschisten, noch für Zelaya offen Partei ergriffen. Mit dieser verschlagenen Taktik, neben den verfeindeten Lagern eine dritte politische Option vorzutäuschen, raffte er reichlich Wählerstimmen zusammen und behauptet nun, er werde Ende Januar sein Amt als rechtmäßiger Präsident des Landes antreten. Daß der reiche Großgrundbesitzer und Agrounternehmer ein führender Repräsentant der herrschenden Oligarchie ist, unterstrich er mit der endgültigen Absage an den gestürzten Staatschef aufs neue. "Zelaya ist bereits Geschichte", hatte Lobo schon vor der parlamentarischen Abstimmung triumphierend verkündet, da er sich jetzt nicht mehr zu verstellen braucht.

Zum Druck auf die Abgeordneten trugen etliche weitere institutionelle Werkzeuge der honduranischen Eliten bei. Der Oberste Gerichtshof bestätigte die haltlosen juristischen Vorwürfe gegen Zelaya wie Landesverrat und andere absurde Bezichtigungen. Der Ombudsmann für Menschenrechte stellte mit seiner Bezichtigung des einzig legitimen Präsidenten die Repression des Putschregimes auf den Kopf. Und die Generalstaatsanwaltschaft drohte allen ein Strafverfahren an, die sich für die Wiedereinsetzung Zelayas einsetzen. Unter solchen Umständen von einer freien Entscheidung der Parlamentarier zu sprechen, wäre ebenso abwegig wie die Annahme, die obersten Richter des Landes verkörperten eine unabhängige Instanz.

"Heute haben die Abgeordneten im Dienst der herrschenden Klassen den Staatsstreich in Honduras ratifiziert", zog Manuel Zelaya nach der Abstimmung im Parlament ein bitteres Fazit. Der beim Urnengang unterlegene Abgeordnete César Ham gehörte zu den wenigen Befürwortern der Wiedereinsetzung Zelayas. Er griff "Machtgruppen aus Politik, Medien und Wirtschaft" an, die den Putsch nachträglich legitimieren wollten, um ihre "wirtschaftlichen und steuerlichen Privilegien" zu schützen.

Obgleich starke Einheiten der Streitkräfte und der Polizei das gesamte Zentrum der Hauptstadt Tegucigalpa abriegelten, forderten Hunderte Anhänger des gestürzten Präsidenten vor dem Parlamentsgebäude vehement seine Wiedereinsetzung. Die Abgeordneten bekräftigten jedoch nach einer zehnstündigen Sondersitzung unter enormen Sicherheitsvorkehrungen in namentlicher Abstimmung mit knapper Mehrheit den Staatsstreich. Hatte der Kongreß am 28. Juni den Putsch bestätigt und Roberto Micheletti zum sogenannten Übergangspräsidenten gewählt, so votierten nun nach Angaben des staatlichen Fernsehens 64 der 126 anwesenden Kongreßmitglieder gegen eine Rückkehr Zelayas bis zum regulären Ende seiner Amtszeit am 27. Januar.

Um den Sack zuzumachen, haben die USA und acht weitere Staaten Lobo bereits als Wahlsieger anerkannt, wobei zu befürchten steht, daß weitere folgen werden. Hingegen machen neben Spanien insbesondere Brasilien, Argentinien, Venezuela und viele andere lateinamerikanische Länder ihre Akzeptanz des Wahlergebnisses von der Wiedereinsetzung Zelayas abhängig. Sollte das nicht geschehen, käme das einer nachträglichen Rechtfertigung des ersten Umsturzes in Mittelamerika seit 20 Jahren gleich. Daniel Ortega und die sandinistische Regierung Nicaraguas wissen nur zu gut, wer als Nächstes an der Reihe ist.

3. Dezember 2009