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STANDPUNKT/181: Ein friedenspolitischer Fortschritt (BAK AuF)


Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden (BAK AuF) - 4. April 2012

Ein friedenspolitischer Fortschritt

Erklärung zum V. Bundeskongress der Linksjugend ['solid]



Der Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden (BAK AuF) von Linksjugend ['solid] und DIE LINKE.SDS begrüßt ausdrücklich die friedenspolitischen und antimilitaristischen Beschlüsse des fünften Bundeskongress (BUKO) der Linksjugend ['solid] in Berlin (31.3.-1.4.2012).(1) Die Ausrichtung des Bundesverbands auf die Krisenproteste, Friedenspolitik und auf die Aktionen zur Erinnerung an die rassistischen Pogrome in Rostock-Lichtenhagen halten wir für sinnvoll und erfolgversprechend angesichts der Zuspitzung der kapitalistischen Krise und der aggressiven Kriegspolitik des neuen westlichen Imperialismus.

Wider jeder imperialistischen Intervention in Syrien und dem Iran: Keine Solidarität mit der Kampagne "Stop the Bomb"

Von herausgehobener Bedeutung für den BAK AuF ist die klare Positionierung gegen jede imperialistische Intervention in Syrien und dem Iran. Mit dieser hat sich eine klare Mehrheit der Linksjugend ['solid]-Delegierten eindeutig gegen Sanktionen, Embargos und Rüstungsexporte sowie für eine Kooperation der LINKEN und Gewerkschaften mit unabhängigen progressiven Organisationen und Gruppen der Arbeiterbewegung und der Jugend in beiden Staaten ausgesprochen. Wir haben uns bereits während des ersten Kulminationspunkts der vom BAK "Shalom" und der bürgerlichen Presse lancierten Debatte gegen die LINKE ausführlich zu diesem Thema geäußert (2) und sehen die Entscheidung des Bundeskongresses in zahlreichen Punkten als Bestätigung unserer Position.

Ihre konsequente Antikriegsposition hat die Linksjugend ['solid] auch dadurch bestätigt, dass sich der BUKO mit einem Beschluss ausdrücklich von der Kampagne "Stop the Bomb" (3) distanziert. Eine klare Mehrheit hat zudem den Bundesarbeitskreis (BAK) "Shalom" dazu aufgefordert, seine Unterstützung dieser Kampagne zurückzuziehen.

Die Kampagne vertritt de facto dieselbe Argumentation, die in zahlreichen Strategiepapieren und öffentlichen Statements westlicher Staaten und Militärbündnisse, wie z.B. der NATO, zu finden ist und beteiligt sich damit an der ideologischen und politischen Vorbereitung eines imperialistischen Angriffskriegs. Die wahren - ökonomischen, machtpolitischen und geostrategischen - Gründe für den Konflikt zwischen den westlichen Staaten und dem Iran werden schlicht unterschlagen. Auch die Doppelstandards der Bundesregierung, die freimütig mit anderen Regimen wie Saudi-Arabien kooperiert und ihnen sogar Waffen liefert, werden unterschlagen.

Der BAK "Shalom" wirbt daher für eine Kampagne, die z.B. auch vom Berufsbellizisten Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion und seit 2002 Bundesvorsitzender der Jungen Union (4), dem islamophoben Publizisten Henryk M. Broder, auf den sich der reaktionäre Massenmörder Anders Breivik in seinem "Manifest" mehrfach beruft (5), oder dem Professor für Neuere Geschichte an der Bundeswehruniversität München Michael Wolffsohn unterstützt wird. Letzterer befürwortet nicht nur ein militärisches Eingreifen in Syrien - sogar ohne die UNO -(6) und unterstützt die Kampagne "Wir.Dienen.Deutschland" von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (7). Er meint auch, dass DIE LINKE nicht nur antisemitisch sei, sondern originär antisemitisch sein muss und identifiziert Juden mit dem Kapitalismus - ein klassisches antisemitisches Stereotyp.(8)

Unabhängig davon dass wir alle Formen der bürgerlichen Herrschaft - also auch die Diktatur - im Iran ablehnen, weisen wir die Dämonisierung des Iran, die Instrumentalisierung des Holocaust und die Forderung nach Sanktionen und Embargos entschieden als erste Schritte in einen Krieg mit verheerenden globalen Folgen zurück. Sanktionen treffen vor allem die ohnehin leidtragende Bevölkerung und die Opposition. Bis heute gibt es keinen Beweis für eine illegale Atomwaffenproduktion im Iran. Seit 1992 behaupten westliche PolitikerInnen schon, der Iran stehe kurz davor, eine Atombombe fertigzustellen. Die größte atomare Bedrohung geht ohnehin nicht vom Iran aus, sondern von den Staaten und Organisationen, die sich bis heute die Option erhalten, einen atomaren Erstschlag durchzuführen: den USA, England, Frankreich und der NATO. Die Dramaturgie des gegenwärtigen Konflikts mit dem Iran dürfte zudem jeder und jedem aus einer anderen Episode der Kriegsgeschichte westlicher Staaten bekannt sein: dem Irakkrieg.

Wie der BUKO-Beschluss zeigt, teilt die Mehrheit des Verbandes unsere Einschätzung weitestgehend. Wir bedauern daher, dass die Mitglieder des BAK "Shalom" bereits verlautbart haben, ihrer Pflicht als Mitglieder der Linksjugend ['solid] nicht nachzukommen und den Entschluss des BUKO zu ignorieren. Wir hoffen, dass der neu gewählte BundessprecherInnenrat (BSpR) sicherstellt, dass die Entscheidungen unseres höchsten basisdemokratischen Gremiums auch umgesetzt und eingehalten werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die größte Arbeitsgruppe9 des diesjährigen BUKOs den Beschlussvorschlag dem Plenum nach ausgiebiger Diskussion mit den Stimmen von über 80 Prozent der anwesenden DiskussionsteilnehmerInnen empfohlen hat.

Bundeswehr raus aus den Schulen! Auslandseinsätze sofort beenden!

Der BAK AuF wird, wie bereits im vergangenen Jahr, selbstverständlich auch an der Umsetzung des mit großer Mehrheit beschlossenen Projektantrags mitarbeiten, die Kampagne gegen die Präsenz der Bundeswehr an Schulen in einen Arbeitsschwerpunkt des Verbandes zu überführen. Wir sehen darin eine Möglichkeit auf Basis der bereits vorhandenen gelungenen Materialien den Verband auch in der Öffentlichkeit weiter bekannt zu machen, neue Mitglieder zu gewinnen und die Linksjugend ['solid] auch als politischen Akteur organisatorisch voranzubringen. Vor allem wollen wir aber mit allen GenossInnen von Linksjugend ['solid] der Bundeswehr und dem neuen deutschen Imperialismus einen Schlag dort zu versetzen, wo er entsteht: in der Bundesrepublik. Wir wollen SchülerInnen, Freunde, Bekannte und Mitmenschen davor bewahren, zur Bundeswehr zu gehen und in den Krieg zu ziehen. Es gilt weiterhin, der Militarisierung der Gesellschaft in aller Deutlichkeit entgegen zu treten! Die Bundeswehr gehört nicht nach Afghanistan, nicht in den Iran und auch nicht in die Schulen!

Für eine starke Partei des Friedens, der Opposition und für den Sozialismus

Wir freuen uns außerdem darüber, dass die überwältigende Mehrheit der neuen Linksjugend ['solid]-Delegierten zum Bundesparteitag der LINKEN erklärt hat, für die Einhaltung bzw. Ausweitung der sogenannten "roten Haltelinien" einzutreten und dementsprechend auch die personellen Entscheidungen zu treffen. Wir sind daher zuversichtlich, dass unsere Delegierten ihren Teil dazu beitragen, das friedenspolitische und antimilitaristische Profil der LINKEN gegen Angriffe im Jargon des Menschenrechtsimperialismus zu verteidigen. Alle Versprechungen auf dem Papier sind eben jenes nicht wert, wenn die Strategie der Partei nicht den aktuellen Kriegsdrohungen begegnet und sie nachdrücklich bekämpft. Die Bundeswehr muss unverzüglich raus aus Afghanistan und aufgelöst werden! DIE LINKE muss aber jetzt ebenso die Vorbereitungen für neue "humanitäre" Einsätze à la Libyen in Syrien und alle Formen imperialistischer Aggressionen gegen den Iran offensiv ablehnen. Wir hoffen, dass die Parteitagsdelegierten sich dafür einsetzen und damit dem Abwärtstrend der LINKEN durch genuin linke politische Inhalte begegnen anstatt durch Anbiederungsversuche an die SPD und die Grünen und Regierungsbeteiligungen.

Insgesamt war der Bundeskongress unseres Jugendverbandes zumindest aus friedenspolitischer und antimilitaristischer Perspektive ein Schritt in die richtige Richtung.

Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden von Linksjugend ['solid] und DIE LINKE.SDS

4.4.2012

Anmerkungen:

(1)‍ ‍Die Beschlüsse liegen noch nicht im Internet vor. Sie werden in Kürze vom BundessprecherInnenrat (BSpR) auf die Internetseite der Linksjugend ['solid] gestellt:
http://www.linksjugend-solid.de/aktuelles/
Dort lassen sich aber die entsprechenden Anträge in ihrer Ursprungsversion finden.

(2)‍ ‍http://bakauf.wordpress.com/2012/01/27/den-schlachtern-dienen/

(3)‍ ‍http://de.stopthebomb.net/de/petition-unterschreiben.html#c324

(4)‍ ‍Philipp Mißfelders Vereinsmitgliedschaften ergeben ein interessantes politisches Profil:
http://www.philipp-missfelder.de/de/Person/Lebenslauf/

(5)‍ ‍"Auf die Frage, ob er sich jetzt irgendwelche Sorgen mache, dass er nun weltweit in so einem Zusammenhang exponiert werde, antwortete Broder, der zurzeit in England ist: 'Das einzige, worüber ich mir Sorgen mache, ist, woher ich Ersatzteile für meinen Morris Traveller aus dem Jahre 1971 bekomme. Sogar in England werden die Teile knapp.'"
http://www.tagesspiegel.de/medien/im-terroristen-manifest-zitiert-broder-ueber-broder-bei-breivik/4427010.html

(6)‍ ‍"Auch ohne die Uno sowie Russland und China ist es, weil ein Gebot der Menschlichkeit, legitim, den Krieg Assads gegen sein eigenes Volk zu beenden - zur Not mit Waffengewalt."
http://www.wolffsohn.de/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=402&cntnt01returnid=66

(7)‍ ‍"Thomas de Maizière hat das auf seine Weise formuliert: Es sei eine Ehre, für Deutschland zu dienen. Wir modifizieren: Für dieses Deutschland, die demokratische und menschliche Bundesrepublik. Das ist schön gesagt (...)."
http://www.wolffsohn.de/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=386&cntnt01returnid=66

(8) http://www.wolffsohn.de/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=357&cntnt01returnid=66

(9)‍ ‍Die Anträge an den BUKO, bei denen das größten Interesse an einer Diskussion bestand, wurden in diesem Jahr nicht nur im Plenum beraten, sondern vorher in Arbeitsgruppen ausführlich diskutiert.

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Quelle:
Bundesarbeitskreis Antimilitarismus und Frieden (BAK AuF) - Linksjugend ['solid] und Die Linke.SDS -
Plattform gegen (Neo)Imperialismus und Militarisierung, für Internationalismus und Frieden
Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin
E-Mail: BAK-AuF@gmx.de
Internet: http://bakauf.wordpress.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2012