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STREITSCHRIFT/012: Imperialistische Machtpolitik contra Volkswillen (Hans Fricke)


Imperialistische Machtpolitik contra Volkswillen

Von Hans Fricke, 6. Juli 2009


Endlich ist es soweit. Deutschland hat wieder Helden und Orden. Wie lange haben wir darauf warten müssen, obwohl die aktive Teilnahme der Bundesrepublik am völkerrechtswidrigen Überfall auf Jugoslawien und an der militärische Zerschlagung dieses Staates und UNO-Mitglieds bereits hinreichend Gelegenheit für Heldenverehrung geboten hätte.

Schließlich ist es keine Kleinigkeit, Bomben aus großen Höhen und aus supermodern Flugzeugen auf Brücken, Industrieobjekte, Eisenbahnanlagen, Verkehrsknotenpunkte, und viele andere Objekte der Infrastruktur abzuwerfen und dabei viele unschuldige Zivilisten zu töten, die, wie es unter Militärs heißt, 'zur falschen Zeit am falschen Ort' waren und deshalb laut Kriegsvokabular von Aggressoren Kolateralschäden darstellen.

Dieser Meinung waren offenbar auch daran beteiligte Piloten der Bundesluftwaffe, die, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, schon damals verlangten, öffentlich geehrt zu werden. Warum auch nicht? Schließlich sind die Piloten der deutschen Kampfflugzeuge der faschistischen Legion Condor die am 26. April 1937 unter Leitung von Wolfram von Richthofen die schutzlose baskische Stadt Guernica dem Erdboden gleichgemacht hatten, auch von ihrem 'Führer' ausgezeichnet worden.

Ein Oberstleutnant a.D. der Bundesluftwaffe klärte im Juli 2006 kategorisch die Lage: 'Zum Wesen und Selbstverständnis des Soldaten gehört der Krieg und damit der Kampf'. Und: 'Denn der Soldat ist sui generis kein bewaffneter Sozialarbeiter'. Das sollte er auch dem Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung, der bekanntlich das Wort 'Krieg' fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, klar machen, damit der endlich aufhört, der Bevölkerung den Einsatz der in Afghanistan kämpfenden und gefallenen deutschen Soldaten als eine Art Einsatz 'bewaffneter Sozialarbeiter' verkaufen zu wollen. Auch die Bundeskanzlerin hat in Anwesenheit dieses Ministers am 6. Juli 2009 die ersten Tapferkeitsmedaillen an vier Soldaten verliehen, die sich im Oktober 2008 nach einem Selbstmord-Anschlag bei Kundus 'um ihre Kameraden gekümmert', also "Sozialarbeit" geleistet hatten. Dieser Meinung ist wohl auch die Bundestagsmehrheit der großen Koalition, die trotz Forderung einer eindeutigen Mehrheit unserer Bevölkerung, die deutschen Soldaten aus Afghanistan zurückzuholen, einer deutschen Beteiligung am Einsatz von AWACS-Aufklärungsflugzeugen "zur Lufttraumüberwachung" - wie harmlos das doch klingt - über Afghanistan zugestimmt hat. Mit den zusätzlichen AWACS-Spezialisten wächst die Truppenstärke der Bundeswehr in Afghanistan in diesen Sommer auf einen neuen Höchststand von 4800 Mann.

Mit ihrer Kriegspolitik gegen den Willen der Mehrheit unseres Volkes und mit ihrer kürzlichen öffentlichen Erklärung, sich ungeachtet der wiederholten Pannen in der Atomindustrie für eine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken einsetzen zu wollen, entwickeln sich die Kanzlerin und ihre Partei mehr und mehr zu einem Sicherheitsrisiko. Wir brauchen also keine deutschen Truppen am Hindukusch, um "für die Sicherheit Deutschlands" zu kämpfen, sondern hätten gemeinsam vollauf damit zu tun, hier im Lande gegen die Atomlobby und ihre Interessenvertreter in der Bundesregierung für die Sicherheit der heute Lebenden und kommender Generationen vor Verstrahlung, Krebsgefahr und mögliche Nuklearkatastrophen zu kämpfen.


Hans Fricke ist Autor des im August 2008 im Berliner Verlag am Park erschienenen Buches "Politische Justiz, Sozialabbau, Sicherheitswahn und Krieg", 383 Seiten, Preis 19,90 Euro. ISBN 978-3-89793-155-8


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Quelle:
© 2009 Hans Fricke, Rostock
mit freundlicher Genehmigung des Autors
    


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2009