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LAIRE/1091: Demo gegen Pelzfarmen - widersprüchlicher Appell der Grünen (SB)


Kurze Anmerkungen zu einem Aufruf der Partei Bündnis 90/Die Grünen zur Schließung von Pelzfarmen


Die tierschutzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Undine Kurth, fordert anläßlich einer am Samstag in Berlin veranstalteten Demonstration gegen den Verkauf von Pelzen "ein grundsätzliches Verbot der Haltung von Tieren zur Pelzgewinnung" und eine Schließung von Pelzfarmen. [1]

Vermutlich werden die meisten Menschen dieser Forderung zustimmen. Nur wenige (Pelzträger) dürften davon unberührt bleiben, wenn Nerze, Marder und andere pelzliefernden Tiere in engen Käfigen gehalten werden, unter Verhaltensstörungen leiden und sich wund reiben, um schließlich dem für sie vorgesehenen finalen Zweck als Kleidungsstück der Menschen, die ihr eigenes Fell in grauer Vorzeit verloren haben, zugeführt zu werden.

Pelzfarmen schließen zu wollen ist zweifellos schick - was aber ist mit den Tieren, die nicht zur Pelzgewinnung, sondern zum Verzehr gehalten werden? Pelzfarmen bilden einen kleinen Ausschnitt innerhalb der industriellen Vollverwertung von Rindern, Schweinen, Hühnern und anderen Tieren, die unter nicht minder effizienzorientierten, leidvollen Bedingungen gehalten und im Sekundentakt vernichtet werden.

Eine Partei würde sich ins politische Abseits stellen, sollte sie sich mit Nachdruck einer vollständigen Beendigung der tierverbrauchenden Industrie oder, konsequenterweise, sogar jeglichen Tierverbrauchs verschreiben und dies als Parteiprogramm in die Öffentlichkeit tragen. Wenn aber die Ablehnung von Leid eine Frage der politischen Mehrheitsfähigkeit ist, gründet die Stellungnahme zum Pelztierverbot in Opportunität und hat im Zweifelsfall nur die Haltbarkeit einer Wahlkampfperiode.

Wer diese Anmerkungen als Aufruf gegen den Aufruf deutet, hat sich von vornherein einer Ergebenheit verschrieben, wie man sie ebenso bei Tieren antrifft, die zur Schlachtbank geführt werden. Kurths Appell zur Schließung der Pelzfarmen erfüllt zwar in seiner Widersprüchlichkeit eine Beruhigungsfunktion, da in ihm zwischen schützenswerten und weniger schützenswerten Lebensformen unterschieden wird, doch rührt er zugleich an einer Voraussetzung des Daseins, wie sie gesellschaftlich weitgehend tabuisiert wird. Durch die Forderung, die leidvolle Haltung bestimmter Tiere nicht mehr zulassen zu wollen, wird zumindest das Fenster zu allzu selten gestellten Fragen hinsichtlich der menschlichen Existenz und ihrer auf Vernichtung anderer Lebensformen basierenden Sicherung offen gehalten.

26. September 2009