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LAIRE/1120: US-Entwicklungshilfe "strategisch" ausgerichtet (SB)


Entwicklungshilfe - ein Mittel zur Durchsetzung globalhegemonialer Interessen


Die Vorstellung, daß Entwicklungshilfe vollkommen selbstlos geleistet wird, um Menschen in Not zu helfen, ist naiv. Das war niemals ihre Funktion und geht weit an der politischen Praxis und Absicht vorbei. Insofern sollte es nicht überraschen, wenn die US-Regierung erklärt, daß die globale Entwicklungshilfe "strategisch" ausgerichtet ist. Dennoch scheint es bemerkenswert, wie unverhohlen die vermeintliche Absicht der Beseitigung von Armut und Not in der Welt dem Ziel der globalstrategischen Vorteilsnahme nachgeordnet wird.

"Investition in Entwicklung war zu keiner Zeit strategisch bedeutender als heute", sagte der Leiter der US-Behörde für Internationale Entwicklung (USAID), Rajiv Shah, am 3. März in einer vorbereiteten Stellungnahme vor dem Ausschuß des US-Repräsentantenhauses für Ausländische Angelegenheiten. "Für eine große Nation ist es nicht nur eine moralische Pflicht zu helfen, daß Nationen wachsen und gedeihen, es ist auch in unserem nationalen Interesse." [1]

Die Kongreßausschüsse des Repräsentantenhauses und des Senats führen gegenwärtig Anhörungen durch, um darüber zu befinden, ob die Budgetvorschläge mit den Zielen der US-Außenpolitik übereinstimmen und im besten Interesse des Landes sind.

Auf der gleichen Linie wie Shah, aber von den Implikationen her sogar noch darüber hinausgehend, erklärte Howard Berman, Vorsitzender des Ausschusses für Ausländische Angelegenheiten des Repräsentantenhauses, daß die Aufhebung menschlichen Leids in der ganzen Welt moralisch richtig ist, daß aber Programme zur Auslandshilfe auch den wirtschaftlichen und nationalen Sicherheitsinteressen der USA dienen müßten.

Moral und Sicherheitsinteresse stehen sich nicht in ausschließender Weise gegenüber, vielmehr gehen sie Hand in Hand und sollen der US-Hegemonie global zur Durchsetzung verhelfen. Ein beträchtlicher Teil - 7,7 Mrd. Dollar - der sogenannten Entwicklungshilfe im Haushaltsentwurf 2011 fließt in Länder, die von den USA bekriegt werden, nämlich Afghanistan, Pakistan und Irak. Shah zufolge erfüllt auch der Posten von 14,6 Mrd. Dollar, die vom Außen- und Entwicklungshilfeministerium für "globale Aufgaben" freigegeben werden sollen, unmittelbar nationale Sicherheitsinteressen. Gleiches gilt für 1,7 Mrd. Dollar, die für eine Reform von USAID vorgesehen sind.

Vor einigen Jahren hat USAID bereits eine Art Kassensturz gemacht und überprüft, in welchem Ausmaß überhaupt Länder unterstützt werden sollten, die nicht den US-Interessen dienen. Man kann das Entwicklungshilfeministerium und die Entwicklungsprogramme des Außenministeriums treffend als kleinere Brüder des Verteidigungsministeriums bezeichnen, da sie lediglich mit diplomatischen statt mit militärischen Mitteln die Vorherrschaft der Vereinigten Staaten absichern sollen. Die Behauptung, daß die Hilfe eine andere Funktion hat, muß strikt zurückgewiesen werden. Sollten es die nationalen Sicherheitsinteressen notwendig erscheinen lassen, dann würde ein Entwicklungsprogramm eingestellt. Es darf angenommen werden, daß das in umgekehrter Richtung nicht gilt: Die Regierung würde mutmaßliche Sicherheitsbedenken nicht hintenanstellen, um verarmten oder in Not geratenen Menschen zu helfen.

Aber was spricht dagegen, wenn die USA ihre Entwicklungshilfe nicht beliebig verteilen, sondern schauen, ob damit nicht noch strategische Interessen erfüllt werden? Nichts, aber an diesem Beispiel wird der ansonsten geleugnete Eigennutz der Entwicklungshilfe deutlich. Schließlich erwecken Politiker - selbstverständlich nicht nur in den USA - den Eindruck, als kümmerte sie die Not der Menschen in den Entwicklungsländern. Das ist durchaus ein verbreiteter Irrtum. Entwicklungshilfe wird nach wie vor von der Öffentlichkeit positiv aufgefaßt. Entwicklungshilfe erfüllt die Funktion der sozialen Befriedung. Sie soll den Eindruck erwecken, es werde etwas gegen die Not unternommen und es gebe Instanzen, die sich darum kümmern und ansprechbar sind. Es handelt sich mithin um die gleichen Adressen, die von der von ihnen propagierten Weltordnung, in der Entwicklungshilfe strategisch eingesetzt wird, profitieren.


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Anmerkungen:

[1] "Africa: Global U.S. Assistance is Strategically Focused", America.gov (Washington, DC), 3. März 2010
http://allafrica.com/stories/201003040488.html

5. März 2010