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LAIRE/1317: Jahresrückblick 2017 - wie es hätte sein können (SB)


Ein Blick voraus zurück - einige wichtige Ereignisse aus dem zurückliegenden Jahr 2017


Der Amtsantritt Donald Trumps zu Beginn des Jahres 2017 hatte alle Erwartungen in den Schatten gestellt. Daß der neue US-Präsident bereits in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit einen umfassenden Handelskrieg mit China anzetteln würde, hatte sich ja bereits dadurch abgezeichnet, daß er mit Peter Navarro einen ausgewiesenen China-Hasser und Rassisten an die Spitze des neu geschaffenen Handelsrats gesetzt hat. Analysten vermuten, daß die Wellen von Strafzöllen, die die USA und China auf Waren aus dem jeweils anderen Land verhängt haben, auch im Jahr 2018 nicht abebben werden. Aber daß die US-Marine vorübergehend eine von China beanspruchte und durch einen Militärposten besetzte Insel im Spratly-Archipel des Südchinesischen Meeres blockiert hat, daraufhin Kriegsschiffe beider Seiten Warnschüsse abgaben und riskante Manöver fuhren, was leicht zu einem Krieg mit China hätten ausarten können, hat selbst die düstersten Prognosen übertroffen.

Rußland fand sich im zurückliegenden Jahr in einer zunehmend komfortableren Lage wieder, was nicht nur mit den gestiegenen Preisen für Erdöl und Erdgas zu tun hatte. Nachdem die USA unter Trump eine Annäherung einleiteten, fiel Rußlands Kritik am Hasardeurspiel der USA im Südchinesischen Meer recht verhalten aus. Während die USA ihre Sanktionen gegen Rußland im Laufe des Jahres aufgehoben haben und die Geschäfte zwischen diesen Ländern wieder an Fahrt aufnahmen, blieb die EU weitgehend gelähmt wegen der verzweifelten Bemühung, der bereits im Vorjahr von Italien ausgehenden Bankenkrise durch staatliche Eingriffe entgegenzusteuern. Gleichzeitig mußte man dem Brexit Gestalt verleihen, und politisch wollte man sich zwar Rußland annähern, hat sich dafür aber reichlich Zeit genommen.

Das Tauwetter in den russisch-amerikanischen Beziehungen wurde in Brüssel aus gutem Grund mit Argwohn bedacht, hatte Trump den Europäern doch auf dem Gebiet der gemeinsamen Erschließung sibirischer Erdgasfelder und dem Technologietransfer den Schneid abgekauft; zugleich hat Washington die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit der EU, TTIP, auf Eis gelegt. Allerdings konnte sich Rußland mit einem Anliegen nicht durchsetzen: Die USA und ihre NATO-Verbündeten haben den militärischen Klammergriff, zu dem unter anderem Installationen des amerikanischen Raketenabwehrschirms in Rumänien und Polen sowie in den baltischen Staaten gehören, nur gelockert, nicht gelöst.

Bei den Bundestagswahlen im September dieses Jahres war die AfD hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Sie konnte zwar in den Bundestag einziehen, stellt mit Alexander Gauland auch den Alterspräsidenten, blieb aber unter zehn Prozent, nachdem die Parteien der Großen Koalition eine monatelange Kampagne losgetreten hatten, bei der sie sich immer unverhohlener AfD-Positionen zu eigen machten. Am Ende haben sich viele Wählerinnen und Wähler dann doch für die Parteienkontinuität entschieden, auch wenn die Politik dieser Parteien nicht mehr die gleiche ist wie vor einem Jahr.

Für die Bundeswehr war das Jahr 2017 besonders verlustreich. Sie verlor binnen weniger Wochen in Mali einen Kampfhubschrauber und einen Spähpanzer samt Besatzung; und in Afghanistan wurden zwei Bundeswehrsoldaten mit Waffen aus deutscher Fertigung erschossen. Auf den eklatanten Rekrutenmangel nicht zuletzt als Folge solcher Aussichten angesprochen, wiederholte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihre Erklärung vom August 2016, wonach "uns" eine Rückkehr zur Wehrpflicht "aktuell überhaupt keinen Mehrwert" brächte. Trotz der diesjährigen amerikanisch-chinesischen Spannungen sei dieser Standpunkt nach wie vor für sie ausschlaggebend und sie könne zur Zeit nicht erkennen, daß sich die Sicherheitslage absehbar wieder in Richtung Wehrpflicht entwickle. Sie bleibe bei ihrem klaren Standpunkt.

Der VW-Konzern hat die Schadenersatzansprüche im In- und Ausland wegen der manipulierten Stickstoffemissionen bei zahlreichen Automodellen beglichen und den Umbau des Konzerns in Richtung Industrie 4.0 und einer augmented reality, die in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts das öffentliche Leben, den Verkehr, Dienstleistungen und Versorgungsinfrastruktur fundamental verändern wird, vorangetrieben. So hat der Fahrzeughersteller im zurückliegenden Jahr einen Firmenumbau losgetreten, der darauf hinausläuft, daß sich aus der "gläsernen Fabrik" der Nuller Jahre ein neuer Menschentyp heraushebt, der gläserne Produzent, dessen Bewegungsabläufe, Stoffwechselvorgänge und sonstigen physiologischen Werte laufend erfaßt, mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf diesen Gebieten abgeglichen und über ein Rückmeldesystem seine Leistungen optimiert werden können. Eine Win-Win-Innovation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch andere Wirtschaftsunternehmen haben ihr Interesse an diesem LOS! genannten LeistungsOptimierungsSystem bekundet.

30 Jahre nach dem Ende des Falklandkriegs zwischen dem United Kingdom und Argentinien hat letzteres erneut seine Bestrebungen intensiviert, Zugriff auf das vor seiner Küste liegende, britische Archipel zu erlangen. Experten sehen dies in einem Zusammenhang mit Argentiniens diplomatischem Vorstoß zur Aufweichung des Antarktisvertrags respektive des Verbots des Rohstoffabbaus auf dem siebten Kontinent. Das mit zahlreichen Klagen vor internationalen Schiedsgerichten überzogene Land versucht, seine Exportwirtschaft auch mittels solcher territorialer Expansionen zu stärken.

Das globale Klima spielte auch 2017 wieder verrückt. In der Arktis wurde jedoch nicht, wie in der ersten Jahreshälfte noch vermutet, das Meereisminimum aus dem Jahr 2012 erreicht. Im August und September hatte sich eine Hochdruckzelle über dem Nordpol festgesetzt, die sowohl das Eis als auch die Knochen der vielen Arktistouristen, die von den ersten sechs besonders warmen Monaten dieses Jahres angelockt worden waren, buchstäblich gefrieren ließ. Eine Bergung des havarierten, noch immer mit Schlagseite im nordpolaren Eis feststeckenden und inzwischen vollständig überfrorenen Kreuzfahrtschiffs soll erst im Sommer 2018 versucht werden, teilte die zuständige Reederei mit.

Erstmals haben in diesem Jahr Wissenschaftler ein Sauerstoffloch - eine sogenannte tote Zone - nicht nur in den Ozeanen registriert, sondern auch in der Atmosphäre unmittelbar darüber. Bei Windstille war sie besonders ausgeprägt, aber selbst bei schwachen Winden konnte sie noch eindeutig registriert werden. Experten vermuten, daß solche Luftlöcher mit dem Vertikalaustausch im Ozean-Atmosphäre-Verhältnis zu tun haben. Das Phänomen soll nun genauer untersucht werden.

30. Dezember 2016


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