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AFRIKA/2137: Waffen an Südsudan - Bevölkerung zwischen den Mahlsteinen der Geopolitik (SB)


Keine Mehrheit im UN-Sicherheitsrat für Waffenembargo gegen Südsudan


Die USA sind mit ihrem Vorstoß im UN-Sicherheitsrat, ein Waffenembargo gegen Südsudan zu verhängen, knapp gescheitert. Nur sieben der fünfzehn Staaten stimmten dafür. Acht Mitglieder enthielten sich, darunter Rußland und China sowie die drei afrikanischen Staaten Angola, Ägypten und der Senegal. [1]

In dem jüngsten Staat Afrikas, der sich 2011 von Sudan abgespalten hat, tobt seit Jahren ein blutiger Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und dem ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar. Dabei kamen Zehntausende Einwohner ums Leben, mehrere Millionen wurden vertrieben. Im vergangenen Jahr verhängte die EU ein Waffenembargo gegen Südsudan, doch vor allem die Ukraine, Israel und China liefern weiter Waffen ins Land. Im vergangenen Jahr wurden 70 Prozent des Staatshaushalts Südsudans fürs Militär ausgegeben. [2]

Ein Waffenembargo, so es trotz der endlos langen, kaum bewachten Grenze dieses rund 644.000 Quadratkilometer großen Binnenstaats überhaupt durchgesetzt werden könnte, würde bestenfalls das Ausmaß der Massaker begrenzen, nicht aber die Voraussetzungen. Hier tragen geopolitische, regionale und innerstaatliche Akteure ihren Konflikt aus.

Südsudan war von Anfang an ein "failed state", ein gescheiterter Staat, bei dem sich die USA als Geburtshelfer hervorgetan hatten. Sie wollten den erdölreichen Süden aus dem Gesamtsudan heraustrennen, um China den Zugriff auf die Erdölfelder zu entwinden. Die Abspaltung ist gelungen, doch China treibt nun mit dem Süden weiter Handel. Es geht beim Bürgerkrieg in Südsudan jedoch nicht allein um die Sicherung von Ressourcen bzw. das Vereiteln des Zugriffs anderer darauf. Beides sind Begleiterscheinungen des ständigen Versuchs, die eigene Einflußsphäre durch Bündnisse oder Unterwerfung zu erweitern, um sie unter die eigene politische, wirtschaftliche und kulturelle Kontrolle zu bekommen.

Die gegenwärtige Destabilisierung Südsudans hat mit diesem Ansinnen der geopolitische Interessen verfolgende Staaten wie USA, China, Rußland sowie der EU zu tun. Deswegen wurde im UN-Sicherheitsrat über vieles abgestimmt, das nicht unmittelbar oder überhaupt nicht mit der verzweifelten Lage der Menschen in Südsudan zu tun hat.

Die geopolitische Ebene ist nicht die einzige dieses Konflikts. Auch nachbarschaftliche und nicht zuletzt innerstaatliche Konkurrenz im Versuch, eine Vorteilsposition zu erlangen und andere davon abzuhalten, haben einen wesentlichen Einfluß auf die Lage des Landes. Der Konflikt entzündet sich häufig, aber nicht ausschließlich an ethnischen Differenzen, da Salva Kiir zum Volk der Mayardit-Dinka und Riek Machar zu den Dok-Nuer gehört. Da jedoch auch innerhalb der von einzelnen Ethnien kontrollierten Gebiete Mord und Totschlag auftreten, einige Menschen hungern, andere nicht, greift es zu kurz, allein ethnische Unterschiede für den Konflikt verantwortlich machen zu wollen.

Der größte Waffenexporteur der Welt ist mit seinem Resolutionsentwurf für ein Waffenembargo (sowie die Verhängung eines Reiseverbots und das Einfrieren der Konten dreier hochrangiger Funktionäre) gescheitert. "Dies hätte keine kontroverse Resolution sein dürfen", ärgerte sich die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power. [3]

Nun, wenn es ihr ein Herzensanliegen wäre, Menschen zu schützen, kann sie sich ja bei der nächsten Abstimmung, bei der es um ein Waffenembargo gegen ein Land geht, an das die USA Waffen liefern, dafür starkmachen. Oder noch besser: Warum nicht die Waffenschmieden im eigenen Land schließen? Dadurch würde das Problem tiefer an der Wurzel gepackt als durch ein partielles, zeitlich befristetes Embargo gegen eine einzelne Nation.


Fußnoten:

[1] https://www.taz.de/Votum-im-UN-Sicherheitsrat/!5369677/

[2] https://dgap.org/de/think-tank/publikationen/fuenf-fragen/die-republik-suedsudan-kommt-nicht-zur-ruhe

[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/sicherheitsrat-kein-waffenembargo-gegen-suedsudan-a-1127446.html

24. Dezember 2016


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