Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

LATEINAMERIKA/2351: Kurskorrektur in Honduras wird zementiert (SB)


Internationale Kumpanei besiegelt Folgen des Putsches


Wie Barack Obamas nationaler Geheimdienstdirektor Dennis Blair kürzlich bei einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuß des US-Senats erklärte, schmiede Venezuela eine Allianz gegen die Vereinigten Staaten in Lateinamerika. Präsident Chávez versuche, moderate, pro-US-amerikanische Regierungen zu untergraben. Der Einfluß des venezolanischen Staatschefs scheine jedoch seinen Gipfel überschritten zu haben, wie das Beispiel von Honduras zeige, das sich soeben aus dieser Allianz gelöst hat. [1]

Wenngleich sich Blair mit dieser Aussage vor dem Ausschuß natürlich nicht offen zur Unterstützung des Staatsstreichs in Honduras bekannte, umriß er doch kurz und bündig die Interessenlage der US-Administration in diesem Konflikt. Die Entmachtung des demokratisch gewählten Präsidenten, der Sturz seiner gesamten Regierung und die Einleitung einer grundlegenden politischen Kursänderung stehen für eine erfolgreiche Umsetzung der neuformulierten Doktrin US-amerikanischer Intervention in Lateinamerika. Diese kombiniert die geschmeidige Vorgehensweise der Clinton-Ära mit der Brachialgewalt des Bush-Regimes zu einer Mixtur breitgefächerter Eingriffsoptionen, um in Verfolgung unveränderter Verfügungsansprüche die Instrumente der Einflußnahme zu qualifizieren.

Nur dem Schein nach haben die Putschisten in Tegucigalpa den Umsturz in vollständiger Eigenregie durchgeführt und allen Widerständen zum Trotz die Rückkehr Manuel Zelayas ins Amt verhindert. Abgesehen davon, daß CIA und Pentagon mit hoher Wahrscheinlichkeit eingeweiht waren, sorgte in der Folge zuerst und vor allem der moderate Umgang der Obama-Administration mit dem Regime in Honduras dafür, daß sich der Druck internationaler Sanktionen in Grenzen hielt. Da die Umstürzler innerhalb absehbarer Fristen operierten, mußte Washington ihnen nur so lange den Rücken freihalten, bis ein neuer Präsident aus dem bürgerlichen Lager gewählt war und die Rückkehr zur Normalität suggeriert werden konnte.

Schlag auf Schlag werden nun die abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Honduras wieder aufgenommen, eingefrorene internationale Kredite und Hilfsgelder freigegeben und die Folgen des Putsches de facto anerkannt. Der honduranische Sicherheitsminister Oscar Álvarez unterzeichnete vor kurzem gemeinsam mit US-Botschafter Hugo Llorens ein bilaterales Abkommen über die vollständige Wiederaufnahme der US-Militärhilfe für Polizei und Streitkräfte des mittelamerikanischen Landes. Außenministerin Hillary Clinton lobte Präsident Porfirio Lobo vor wenigen Tagen für dessen Bemühen, die Einheit der honduranischen Gesellschaft zu stärken, und kündigte eine baldige Wiederaufnahme der zivilen Hilfsprogramme an.

Unterdessen gibt die Weltbank nicht nur die nach dem Putsch eingefrorenen Kredite frei, sondern erhöht sogar den gewährten Betrag von 270 auf 390 Millionen Dollar, um die neue Regierung zu unterstützen und zugleich per wachsender Verschuldung weitere Sparmaßnahme zu Lasten breiter Teile der honduranischen Bevölkerung zu verankern. Die Organisation Amerikanischer Staaten leitet Schritte zur möglichen Wiederaufnahme von Honduras ein, das nach dem Staatsstreich ausgeschlossen worden war. Hochrangige spanische Delegationen sind nach Tegucigalpa gereist, und die französische Regierung hat signalisiert, daß die Beziehungen in Kürze wieder aufgenommen werden.

Bereits Anfang des Monats hatte Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe einen eintägigen Antrittsbesuch bei Porfirio Lobo absolviert, ohne auch nur ein Wort über den Putsch vom 28. Juni vergangenen Jahres zu verlieren. Uribe, der zu den wenigen lateinamerikanischen Staatschefs gehört, die Lobo als neuen Präsidenten von Honduras anerkennen, sprach dessen Regierung seine Bewunderung für das Vorhaben aus, die Institutionen zu modernisieren und die nationale Einheit des Landes unter demokratischen Prinzipien zu erreichen. Die beiden unterzeichneten ein Sicherheitsabkommen, das eine verstärkte Zusammenarbeit beider Länder bei der Bekämpfung des Drogenhandels und internationaler Kriminalität vorsieht. [2]

Wie weit die letztendliche Beteiligung an der Kurskorrektur in Honduras reicht, unterstreicht nicht zuletzt die Spaltung in der kleine Linkspartei Demokratische Vereinigung (UD). Deren Abgeordneter César Ham hat nicht nur das trügerische Abkommen von Santo Domingo unterzeichnet, sondern tritt nun auch Lobos Regierung "der nationalen Einheit und Versöhnung" bei, die er damit ebenso legitimiert wie den Staatsstreich im vergangenen Jahr.

Diese nationale und internationale Beteiligung an der umfassenden Restauration traditioneller Ausbeutungs- und Verfügungsverhältnisse in Honduras gestattet es den herrschaftssichernden Kräften des Landes um so mehr, ihre Repression gegen die unbeugsamen Fraktionen des Widerstands fortzusetzen und diese unter dem Deckmantel vorgeblicher Rückkehr zu Demokratie und Normalität zu drangsalieren und zu dezimieren.

Anmerkungen:

[1] Honduras: The making of a death squad "democracy" (12.02.10)
World Socialist Web Site

[2] Kolumbiens Regierungschef Uribe macht Putschisten in Honduras seine Aufwartung (01.02.10)
junge Welt

12. Februar 2010