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USA/1306: Washington will den Iran international "isolieren" (SB)


Washington will den Iran international "isolieren"

Säbelrasseln der Obama-Regierung läßt Kriegsbereitschaft erkennen


Drei Tage nach der Bekanntgabe der Vereitelung eines angeblichen iranischen Mordkomplotts gegen den saudischen Botschafter in Washington, Adel Al Jubeir, arbeitet die Regierung Barack Obamas fieberhaft daran, den Iran international zu isolieren. Die diplomatische Großoffensive Washingtons gegen das "Mullah-Regime" in Teheran, die von Obamas Außenministerin Hillary Clinton und UN-Botschafterin Susan Rice angeführt wird, läßt Befürchtungen aufkommen, die Amerikaner strebten eine militärische Auseinandersetzung mit dem Iran an, um ein für allemal die seit 1979 am Persischen Golf herrschende Konfrontation beider Staaten auf die Spitze zu treiben. Nahrung für diesen Verdacht findet man in der Dürftigkeit der vermeintlichen Beweise für die iranische Verschwörung, die in keinem Verhältnis zu der internationalen Krise steht, welche die US-Regierungspitze um das "Chevrolet"-Komplott inszenieren.

Das meiste, was man über das Komplott weiß, stammt aus jener eidesstaatlichen Erklärung, die der zuständige Leiter der FBI-Sonderermittlungsgruppe, Special Agent O. Robert Wolowzyn, am 11. Oktober dem Bundesgericht im New Yorker Südmanhattan zur Begründung der Anklageerhebung gegen die beiden mutmaßlichen Hauptbeteiligten Manssor Arbabsiar und Gholam Shakuri vorgelegt hat. Arbabsiar, ein 56jähriger, erfolgloser Gebrauchtwagenverkäufer aus Texas, stammt gebürtig aus dem Iran und besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft. Ihm wird vorgeworfen, im vergangenen Frühjahr bei einem Besuch im Iran von seinem Vetter, Abdul Reza Shahlai, der angeblich ein ranghoher Offizier der Kuds-Brigade der Revolutionsgarden ist, für eine Geheimdiensttätigkeit in den USA angeworben worden zu sein. Shakuri, angeblich Shahleis Untergebener bei der Kuds-Brigade, soll in der Folgezeit als Arbabsiars Führungsoffizier fungiert haben. Im Auftrag der beiden Kuds-Brigadisten soll Arbabsiar im Sommer ein ihm bekanntes Mitglied der mexikanischen Drogenbande Los Zetas angeheuert haben, Jubeir für 1,5 Millionen Dollar zu töten. Zu diesem Zweck hat er im August per Banküberweisung aus dem Ausland eine Anzahlung von 100.000 Dollar gemacht. Was Arbabsiar bis zu seiner Festnahme am 29. September am New Yorker Flughafen aber nicht wußte, war, daß er es mit einem Spitzel der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA zu tun hatte.

Liest man die eidesstattliche Erklärung des FBI-Agenten Wolowzyns sorgfältig durch, so findet man in den zitierten Passagen aus den heimlich aufgenommenen Gesprächen zwischen Arbabsiar und seinem mexikanischen Geschäftpartner bzw. aus den ebenfalls mitgeschnittenen Telefonaten nach seiner Verhaftung mit dem im Iran weilenden Shakury nichts, was zwingend als Mordkomplott gegen den saudischen Botschafter auszulegen wäre. Im Gegenteil hört bzw. liest sich alles wie das übliche Geplapper im drogenkriminellen Milieu. Es gibt Stellen, wo Arbabsiar und "CS-1", so die amtliche Bezeichnung des Spitzels, über die Beseitigung irgendwelcher Personen unter Inkaufnahme des Todes unschuldiger Zivilisten sprechen. Doch angesichts des ungeheuren Ausmaßes des Blutvergießens der letzten Jahre im Kampf der mexikanischen Drogenkartelle gegeneinander sowie gegen die staatlichen Behörden könnte es sich hier eher um die Beseitigung eines unliebsamen Konkurrenten gehandelt haben.

Für diese Interpretation spricht die Tatsache, daß Arbabsiar an einer bestimmten Stelle in den Aufzeichnungen mit CS-1 diesem weitere lukrative Aufträge in Aussicht stellt, sollte das angeblich 1,5 Million Dollar teure Attentat gelingen. Zu einer solchen Aussage wäre es niemals gekommen, stünde die Ermordung des höchsten Vertreters Saudi-Arabiens in der US-Hauptstadt auf dem Plan. Nach einem solchem internationalen Großereignis würde man nicht einfach munter weiter irgendwelche "Dinge" drehen. Die Attentäter, sofern sie noch am Leben wären, hätten für längere Zeit untertauchen müssen, während die USA und Saudi-Arabien zur großen Jagd auf die Verantwortlichen bliesen.

Vor diesem Hintergrund deutet alles darauf hin, daß Arbabsiar groß ins Drogengeschäft einsteigen und seine Kontakte im Iran benutzen wollte, um die Mexikaner mit Opium aus Afghanistan, daß die Revolutionsgarden in letzter Zeit in größeren Mengen beschlagnahmten, zu beliefern. Ob er zu einer Zusammenarbeit mit den US-Justizbehörden erst nach der Verhaftung oder vielleicht schon vorher gezwungen wurde, ist unklar. Fest steht, daß Präsident Obama bereits seit Juni, als das angebliche "Komplott" noch in den Kinderschuhen steckte, über die "Operation Red Coalition" des FBI im Bilde war. Unter Verweis auf Angaben des Washington-Post-Kolumnisten David Ignatius, der mit dem neuen CIA-Chef, General David Petraeus, per Du ist, meinte Ray McGovern in einem am 13. Oktober bei Consortiumnews.com erschienenen Artikel, die Handschrift des US-Auslandsgeheimdienstes an der ganzen Operation zu erkennen.

Laut McGovern, der früher jahrelang das Daily Presidential Briefing (DPB) für den US-Präsidenten vorbereitete und eigens im Weißen Haus vortrug, steht Petraeus den pro-israelischen Neokonservativen in Politik und Medien der USA nahe und könnte deshalb ein Interesse an einer Generalabrechnung mit der "Mullahkratie" in Teheran haben. Auffällig ist, daß man in der eidesstaatlichen Erklärung des FBI-Agenten Wolowzyn die Dauerbehauptung des US-Militärs, die Iraner würden den "Terrorismus" gegen die amerikanischen Streitkräfte im Irak und in Afghanistan unterstützen, wiederfindet. Trotz anderslautender Erklärungen haben Petraeus und Konsorten bis heute keinen Beweis zur Untermauerung dieses Vorwurfs vorgelegt.

Nichtsdestotrotz nutzt die Obama-Regierung das jetzt aufgedeckte Komplott, um den Iran in die diplomatische Isolation zu treiben. Auf einer Pressekonferenz mit dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung-bak im Weißen Haus sprach Obama am 13. Oktober von "härtesten Sanktionen". Der Iran müsse "einen Preis" für sein "gefährliches und rücksichtsloses Benehmen" bezahlen, so der erste schwarze Präsident Amerikas. Angeblich erwägt Washington eine Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat sowie eine Anklage vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Verstoßes gegen das Schutzabkommen für Diplomaten im Ausland. Bei einem Auftritt am 13. Oktober vor dem Finanzausschuß des Senats erklärte David Cohen, der für Terrorismus und Nachrichtenwesen zuständige Staatssekretär im Finanzministerium, die Obama-Regierung spiele mit dem Gedanken, Sanktionen gegen die iranische Zentralbank zu verhängen. Ein solcher Schritt würde die Möglichkeiten des Irans, Öl auf dem Weltmarkt zu verkaufen, erheblich einschränken - und seitens Teherans als offene Kriegserklärung verstanden werden.

14. Oktober 2011