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USA/1398: Trump ernennt Radikalzionisten zum Israel-Botschafter (SB)


Trump ernennt Radikalzionisten zum Israel-Botschafter

Washington läßt die Maske des "ehrlichen Maklers" fallen


Am 15. Dezember hat Donald Trump mit der Ernennung David Friedmans zum neuen Botschafter der USA in Israel international für Schlagzeilen gesorgt. Der 1959 in New York als Sohn eines Rabbiners geborene Konkursanwalt verfügt über keinerlei diplomatische Erfahrungen. Dafür spricht er fließend Hebräisch und unterstützt seit Jahren die radikal-jüdische Siedler-Bewegung im palästinensischen Westjordanland finanziell und ideologisch. Die Ernennung Friedmans zum neuen US-Botschafter in Israel kann daher als Absage der künftigen republikanischen Regierung an die bisherige Nahost-Politik Washingtons im allgemeinen, der Zweistaatenlösung im besonderen verstanden werden. Daß der Kurswechsel das problematische Verhältnis im Heiligen Land zwischen israelischen Juden auf der einen Seite, muslimischen und christlichen Palästinensern sowie israelischen Arabern auf der anderen verschärfen wird, liegt auf der Hand.

Die beiden New Yorker kennen sich länger. Während der Nullerjahre hat Friedman dem Baumagnaten Trump auf dem juristischen Weg geholfen, die Kosten der Insolvenz seiner drei Kasinohotels in Atlantic City, New Jersey, zu minimieren und die finanziellen Schäden auf die Gläubiger, Mitarbeiter und kleine Auftragsfirmen abzuwälzen. In der frühen Phase des Präsidentenwahlkampfs hatte Trump, der selbsternannte Großmeister des "Deals", vollmundig - wie immer - erklärt, ihn würde vor allem anderen reizen, als derjenige in die Geschichtsbücher einzugehen, der für einen gerechten Frieden im Nahen Osten zwischen Israelis als auch Palästinensern gesorgt hätte. Doch im Verlauf des Wahlkampfs ist der Reality-Fernsehstar immer weiter von der Position des "ehrlichen Maklers" abgerückt und zum eifrigen Gesinnungsgenossen der amtierenden, rechtsgerichteten israelischen Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu geworden.

Wichtigster Wahlkampfspender Trumps wurde der schwerreiche Kasino-Betreiber Sheldon Adelson, der in Israel die konservative Zeitung Israel Hayom betreibt und als enger Vertrauter Netanjahus gilt. Sehr zum Gefallen Adelsons und Netanjahus hat Trump im Wahlkampf das von Barack Obama und John Kerry ausgehandelte Atomabkommen mit dem Iran als "Katastrophe" kritisiert und bei jeder Gelegenheit das "Mullah-Regime" in Teheran verteufelt. Mit James Mattis als US-Verteidigungsminister und Michael Flynn als Nationaler Sicherheitsberater wird Trump in seinem Kabinett künftig zwei Ex-Generäle dabei haben, die beide in der Islamischen Republik Iran den erbittertsten Widersacher amerikanischer Interessen in der Region zwischen Mittelmeer und Persischen Golf betrachten. Auch wenn Mattis in der Vergangenheit Israel als Störfaktor in den Beziehungen der USA zu den Ländern der arabischen und islamischen Welt bezeichnet und sich sogar für eine Beibehaltung des Atomabkommens ausgesprochen hat, dürfte es mit ihm in Pentagon keine baldige Beendigung der Dauerkonfrontation mit dem Iran geben.

Als Reaktion auf seine Ernennung durch Trump kündigte Friedman an, künftig die Interessen Amerikas von der "US-Botschaft in Israels ewiger Hauptstadt Jerusalem" aus vertreten zu wollen. Seit Jahrzehnten weigert sich Washington der Forderung der israelischen Rechten, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, nachzukommen. Einen solchen Schritt könnte man erst infolge einer umfassenden Friedensregelung zwischen Israelis und Palästinenser unternehmen, so der bisherige Standpunkt der USA. Aus demselben Grund ist es den in Tel Aviv stationierten US-Diplomaten generell nicht gestattet, das von Israel seit 1967 besetzte Westjordanland zu betreten. Von jener bisherigen Zurückhaltung wollen sich nun Trump und Friedman offenbar verabschieden.

Bereits im November hat Friedman ein eigenes, erzzionistisches Manifest für die künftige US-Nahostpolitik verfaßt. Zu den erklärten Zielen des 16 Punkte starken Plans gehören unter anderem eine weitere Vertiefung der ohnehin finanziell und technologisch umfangreichen Zusammenarbeit zwischen Israel und den USA im Militärbereich sowie eine offene Bekämpfung der von den Palästinensern und Teilen der amerikanischen und europäischen Linken betriebenen Kampagne für Boykott, Investitionsentzug (Desinvestitionen) und Sanktionen (BDS) gegenüber Israel. Für Friedman sind alle Israel-Kritiker prinzipiell "Anti-Semiten". Er hat sogar die Vertreter der amerikanisch-jüdischen Lobby-Organisation "J Street", die für eine gerechte Zwei-Staaten-Lösung eintreten, mit den sogenannten "Kapos" verglichen, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazi-Aufsehern in den Konzentrationslagern kollaborierten.

Friedman will, daß Israel sich das besetzte Westjordanland, das er, genauso wie die radikalen Siedler, Jüdäa und Samaria nennt, einverleibt. Entsprechende Bemühungen in Richtung der "Legalisierung" von rund einhundert nach dem Völkerrecht illegalen Siedlungen auf der Westbank sind längst im Gange. Auf Betreiben von Naftali Bennett, den Bildungsminister und prominentesten Vertreter der Siedler-Bewegung im Kabinett Netanjahus, hat ein entsprechendes, hochumstrittenes Gesetz im Knesset bereits die erste Lesung passiert.

Saeb Erekat, Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO), der jahrelang Verhandlungsführer der Autonomiebehörde in Ramallah gewesen ist, hat in einem Appell an Trump und Friedman von einer Veränderung des Status von Jerusalem und der jüdischen Siedlungen in Westjordanland dringend abgeraten. Eine Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und eine Annektierung der jüdischen Siedlungen würden zwangsläufig zu "Chaos, Gesetzlosigkeit und Extremismus" im Nahen Osten führen, so Erekat. Leider wird die künftige Trump-Regierung vermutlich so wenig auf die mahnenden Worte des früheren palästinensischen Chefunterhändlers hören wie 2002 die Administration George W. Bushs auf den Kassandraruf des ehemaligen ägyptischen Außenministers Moussa, damals Generalsekretär der Arabischen Liga, daß der bevorstehende angloamerikanische Einmarsch in den Irak "das Tor zur Hölle aufstoßen" würde.

19. Dezember 2016


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