Saakaschwili verharmlost den "Terrorismus"
Georgiens Präsident verhöhnt die Opfer des Moskauer Flughafenanschlags
Spätestens seit dem 11. September 2001 und den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center und das Pentagon in Arlington gilt nach westlicher Leseart der "internationale Terrorismus" als größte Bedrohung der Menschheit. Seitdem steht man Washington zufolge entweder auf der Seite der Bewahrer staatlicher Ordnung oder auf der der "Terroristen". Ein Dazwischen gibt es nicht, weswegen Länder, deren Regierungen verdächtigt werden, mit dem "internationalen Terrorismus" in Gestalt der Hamas, der Hisb Allah oder Al Kaida zu kooperieren, als "Schurkenstaaten" abgestempelt werden, während ihre Regierung von einem Moment zum nächsten gestürzt werden kann, wie es mit Afghanistans Taliban 2001 und Iraks Saddam Hussein 2003 geschah.
In Zeiten des "globalen Antiterrorkrieges" ist eine Debatte über die Beweggründe nicht-staatlicher Akteure, die Anschläge auf zivile Ziele durchführen und dabei unschuldige Zivilisten töten, tabu. Wer solche Handlungen zu erklären versucht, gilt sofort als Apologet barbarischer Gewalt und Sympathisant von Leuten, die einem atavistischen Weltbild anhängen. Doch in der täglichen Praxis gibt es hin und wieder Ausnahmefälle, welche die ganze Antiterror-Ideologie als Gehirnwäsche und PR-Instrument bestimmter mächtiger Interessen entlarven. Eine solche Ausnahme bilden die skandalösen Äußerungen des georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili in Bezug auf den jüngsten Anschlag auf den Moskauer Flughafen Domodedowo und die fehlende Reaktion des Westens auf die selbigen.
Bei dem Selbstmordanschlag in der Empfangshalle des Internationalen Flughafens Domodedowo wurden am 24. Januar 35 Menschen getötet und Dutzende verletzt (Hinter der Operation werden Islamisten aus dem Kaukasus vermutet). Zwei Tage später lagen noch 116 Opfer schwerverletzt in Moskauer Krankenhäusern. Unter den Getöteten und Verletzten befanden sich sowohl Russen als auch Bürger aus EU-Staaten und den Ländern Zentralasiens. Das internationale Medienecho auf das grausame Ereignis war deshalb groß. Aus allen Hauptstädten kamen Beileidsbekundungen, Solidaritätsadressen und deutliche Worte der moralischen Verurteilung. Das heißt aus allen Hauptstädten bis auf Tiflis.
In einem Interview, das am 27. Januar bei der britischen Tageszeitung Independent erschienen ist, hat Georgiens Präsident den Anschlag von Domodedowo als "Retourkutsche" für die brutale Art und Weise, wie Moskau separatistische Bestrebungen im kaukasischen Süden der Russischen Föderation auszumerzen versucht, bezeichnet. Saakaschwili fügte hinzu, in Rußland herrsche "eine politische Mentalität auf dem Niveau eines Reptils, wie eines Krokodils, das bereit ist, dich zu verschlingen".
Seitdem sich Saakaschwili 2003 im Zuge der sogenannten "Rosenrevolution" in Georgien an die Macht putschte, befindet sich der kleine kaukasische Staat mit seinem großen nördlichen Nachbarn im Clinch. Im Spätsommer 2008 entluden sich die Spannungen zwischen Moskau und Tiflis in einem kurzen, aber heftigen Krieg, der die Abspaltung der beiden Teilrepubliken Abchasien und Südossetien von Georgien nach sich zog. Man kann deshalb vielleicht verstehen, warum sich der georgische Präsident angesichts des Anschlags von Moskau nicht unbedingt veranlaßt sieht, die üblichen Floskeln der Betroffenheit von sich zu geben.
Nichtsdestotrotz gibt es schon zu denken, daß niemand von der selbsternannten "internationalen Gemeinschaft", auch nicht deren Wortführerin, die ehemalige First Lady und derzeitige US-Außenministerin Hillary Clinton, an der Verhöhnung der Opfer des Domodedowo-Anschlages durch Saakaschwili Anstoß genommen hat. Man muß sich nur vorstellen, was auf der diplomatischen Ebene los wäre, hätte Irans Mahmud Ahmadinedschad oder irgendein anderer muslimischer Präsident unter Hinweis auf die wenig zimperliche Vorgehensweise der russischen Sicherheitskräfte im Kampf gegen tschetschenische Rebellen die schreckliche Bluttat von Moskau in aller Öffentlichkeit als "Retourkutsche" abgetan.
27. Januar 2011