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BERICHT/186: NYC Climate Convergence - Umwelt- und Sozialfragen eine Fracht ... (SB)


Climate-Konvergence-Konferenz Ende September in New York

Umweltschützer und Friedenaktivisten fordern Gesellschaftsumkehr



Der People's Climate March am 21. September, an dem allein in New York rund eine halbe Million Menschen teilnahmen und der überall auf der Welt Nachahmer fand, ist für die Organisatoren von 350.org und Avaaz zum sensationellen Erfolg geworden. Zwei Tage vor dem großen "Klimagipfel", zu dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon anläßlich der 69. Jahresversammlung der Vereinten Nationen die Staats- und Regierungchefs der Welt ins UN-Hauptquartier am Ostufer Manhattans eingeladen hatte, brachten Millionen einfacher Menschen rund um die Welt ihre tiefe Besorgnis angesichts der zunehmend instabilen Wetterverhältnisse auf unserem Planeten zum Ausdruck. Um größtmögliche Signalwirkung zu erzielen, hatten die Veranstalter des New Yorker Klimamarsches nicht nur bewußt auf jede konkrete Forderung an die Politik verzichtet, sondern zudem die Unterstützung von global agierenden Unternehmen wie China Energy, Goldman Sachs, Ikea, News Corporation und Proctor & Gamble, die zu den Hauptförderern des Raubtierkapitalismus unserer Tage gehören, angenommen.

Emfangshalle der St. John's University samt Registierungstelle - Foto: © 2014 by Schattenblick

Konferenzalltag im edlen Ambiente
Foto: © 2014 by Schattenblick

Die Bereitschaft nicht nur der Vereinten Nationen, sondern auch kapitalismusunkritischer Umweltverbände, das "Greenwashing" der Großkonzerne bei einem solchen historischen Ereignis wie Bans "Klimagipfel" hinzunehmen, hat bereits im Vorfeld des People's Climate March in den USA für eine erregte Debatte gesorgt. Als Konsequenz daraus haben Amerikas linke Globalisierungsgegner für das Wochenende des Marsches eine Reihe von eigenen Veranstaltungen in New York organisiert, auf denen die Klimaproblematik kritisch-realistisch statt optimistisch-beschwichtigend nach Art der Industriekapitäne und ihrer politischen Gewährsleute behandelt werden sollte. Wichtigstes Einzelereignis war die Konferenz NYC Climate Convergence, die am 19. und 20. September an 18 verschiedenen Orten im Süden Manhattans stattfand und für die die beiden sozialistischen Dachverbände System Change not Climate Change und Global Climate Convergence verantwortlich zeichneten. Unterstützt und getragen wurde das Projekt von diversen Gewerkschafts-, Kirchen-, Friedens-, Polit- und Umweltgruppen wie Ban Michigan Fracking, dem Hip Hop Congress, der Organic Consumers Association, Popular Resistance, der Poor People's Economic Human Rights Campaign, der Trade Unions for Energy Democracy, der Veterans for Peace u. v. m.

Die insgesamt 120 Workshops, die am 20. September im Rahmen der NYC Climate Convergence stattfanden, boten eine breite Palette an unterschiedlichen Aspekten des Klimawandels sowie an Ansätzen, wie man ihm begegnen könnte. Erörtert wurden auch Fragen der Abrüstung, der umstrittenen Bohrtechnik Fracking, der erneuerbaren Energien, der Wasserverknappung, der Ausbreitung von Seuchen, der Massentierhaltung, der Abkehr vom Konsum- und Wachstumsmodell in der Makroökonomie, des Kampfes gegen Privatisierung und geplante transatlantische und - pazifische Freihandelsabkommen sowie der Rechte indigener Völker, deren Lebenswelten durch die Öl-, Gas- und Bergbauindustrie bedroht sind. Angesichts einer Fülle an Themen und Austragungsorten hat der Schattenblick unter den Workshops im Hauptgebäude der St-John's University an der Ecke 8th Street/2nd Avenue eine Auswahl getroffen, die dem Leser einen halbwegs repräsentativen Eindruck von der gesamten Konferenz bieten dürfte.

Gruppenbild der Podiumsteilnehmer im Workshop 1 - Foto: © 2014 by Schattenblick

Michael Klare, William Hartung, Tamara Lorincz, Ellen Powell und Judith LeBlanc
Foto: © 2014 by Schattenblick

Zum Auftakt wurde der Workshop "Climate Change and Militarism: Following the Money and Understanding the Costs" ("Klimawandel und Militarismus: Die Geldwege verfolgen und die Kosten verstehen") besucht, den William Hartung, Leiter des Arms and Security Project am Center for International Policy, das Büros in New York und Washington unterhält, moderierte. Als erster Redner trat Michael Klare, Emeritierter Professor für Friedens- und Weltsicherheitsstudien am Hampshire College in Massachusetts und Verteidigungskorrespondent der altehrwürdigen, linken Wochenzeitschrift The Nation, vors Mikrophon. Klare erläuterte die geschichtliche Korrelation zwischen militärischen Konflikten und Ressourcenknappheit. Ihm zufolge steuere die Menschheit auf eine nicht endende Kriegsspirale zu, sollte es ihr nicht gelingen, sich rechtzeitig auf die sich abzeichnenden Folgen des Klimawandels wie Ernteausfälle infolge von Dürren oder Überschwemmungen einzustellen.

Vor diesem Hintergrund plädierte Klare eindringlich dafür, die gnadenlose Rivalität zwischen den Großmächten USA, EU, Rußland und China durch eine Zusammenarbeit zu ersetzen, die beispielhaften Charakter für alle anderen Staaten und Blöcke haben könnte. Auch wenn die Ukraine-Krise die Beziehungen des Westens zum Kreml verschlechtert habe, gäbe es ohne eine aufeinander abgestimmte Kooperation in Sachen Klimawandel nicht die geringste Chance, die schlimmsten Folgen von Temperatur- und Meeresspiegelanstieg zu vermeiden. Um den Druck auf die Entscheidungsträger in Washington, Moskau, Peking, Brüssel, London, Berlin, Paris und Tokio zu erhöhen, schlug er vor, daß die Umwelt- und Friedensbewegungen an einem Strang ziehen und häufiger gemeinsame Aktionen durchführen sollten. Zur Rettung der Menschheit seien Frieden und Gerechtigkeit unerläßlich, so Klare.

Publikum aus Sicht der Podiumsteilnehmer - Foto: © 2014 by Schattenblick

Die Diskussion wird eröffnet
Foto: © 2014 by Schattenblick

Tamara Lorincz gehört seit über zehn Jahren zu den engagiertesten Umweltschützerinnen und Friedensaktivistinnen Kanadas. Die zweifache Mutter aus Nova Scotia arbeitet mit dem International Peace Bureau (IPB) zusammen und schreibt mit dessen Unterstützung gerade an ihrer Magisterarbeit in Internationaler Politik und Sicherheitsstudien an der Universität von Bradford in England. Sie sitzt auch im Beirat des Global Network Against Nuclear Power and Weapons in Space. Rechtzeitig zum Klimagipfel hatte Lorincz die Studie "Demilitarization for Deep Carbonization" über die Notwendigkeit drastischer Abrüstungschritte, um den globalen Ausstoß an Kohlenwasserstoffen finanziell als auch technologisch reduzieren zu können, fertiggestellt. Im Workshop schilderte sie, wie die eingesparten Milliarden aus diversen Wehretats in das Green Climate Fund der Vereinten Nationen sowie in die Schaffung einer CO2-niedrigen Ökonomie sinnvoll investiert werden könnten.

Ellen Powell, Studentin an der englischen Universität Cambridge, die derzeit in Philadelphia wohnt, hat vor kurzem mit Miriam Pemberton für das Washingtoner Institute of Policy Studies (IPS) die Studie "Combat vs. Climate" veröffentlicht, in der die internationalen Ausgaben für die Bereiche Militär und Klimasicherheit miteinander verglichen werden. Daraus geht zum Beispiel hervor, daß sich das Verhältnis der globalen Ausgaben zur Bewältigung oder Verlangsamung des Klimawandels zu denjenigen fürs Militär, das 2008 bei einem Prozent zu 99 Prozent lag, fünf Jahre später auf lediglich 4 Prozent zu 96 Prozent verbessert hatte. Powell zeigte sich besonders über die Langsamkeit der Umstellung beim US-Verteidigungsministerium enttäuscht. Schließlich sei der Klimawandel im Quadrennial Defense Review 2014 des Pentagons als eine der größten Bedrohungen der nationalen Sicherheit Amerikas ausdrücklich hervorgehoben worden. Dennoch stünden die Finanzausgaben für Militär und Klimasicherheit in den USA in einem Verhältnis von 96 zu 4 Prozent, in der Volksrepublik China dagegen bei 54 zu 46 Prozent. Daher mahnte Powell bei den Behörden in Washington mächtigen Nachholbedarf an. Da dem Klimawandel und seinen Folgen wenn überhaupt, dann nur bedingt militärisch zu begegnen sei, wäre es klüger, bereits jetzt den größten Teil des Geldes aus dem Rüstungssektor in die Erforschung und Entwicklung neuer Energie- und Umwelttechnologien umzuleiten, so Powell.

Podiumsteilnehmer wechseln sich bei ihren Antworten ab - Foto: © 2014 by Schattenblick

Ellen Powell geht auf eine Frage ein
Foto: © 2014 by Schattenblick

Judith LeBlanc, führendes Mitglied der Kommunistischen Partei der USA und Mitarbeiterin der 1957 gegründeten Organisation Peace Action, pflichtete Powell bei. LeBlanc berichtete von der bereits bestehenden "Move the Money Campaign", bei der es um die Umstellung von Rüstungsbetrieben auf zivile Produktionen geht, häufig im Bereich des Umweltschutzes und der regenerativen Energien. Laut LeBlanc sei es Aktivisten in den Bundesstaaten Wisconsin und Massachusetts in Zusammenarbeit mit Lokalpolitikern und -unternehmern gelungen, Gelder für solche Umstellungsprogramme vom Office of Economic Adjustment im US-Verteidigungsministeriums bewilligt zu bekommen. Nach Ansicht LeBlancs handelt es sich hierbei um eine ausgesprochene Win-Win-Situation. Aus unterschiedlichen Gründen hätten das Pentagon - wegen der technischen Kapazitäten und des Know-how - und die davon tangierten Gemeinden - wegen der Arbeitsplätze - Interesse am Erhalt der Betriebe. Wenn sie künftig innovative Produkte entwickelten, die sich in bezug auf den Klimawandel als hilfreich erweisen, könnte dies landesweit Schule machen, so LeBlanc. Nichtsdestotrotz waren sich alle Podiumsteilnehmer darin einig, daß der Umstellungsprozeß in den USA bei staatlichen Militärsausgaben von aktuell 646 Milliarden Dollar und 8 Milliarden für das Bundesumweltministerium in Washington nicht schnell genug vorankomme.

Michael Klare vor Holzpodest mit Schild der St. John's University - Foto: © 2014 by Schattenblick

Michael Klare in Workshop 2
Foto: © 2014 by Schattenblick

Um ähnliche Themen, wenn auch geschichtlich weiter gefaßt, ging es in dem nachfolgenden Workshop "War and the Climate Crisis: History, Analysis and Strategic Conclusions", den Marilyn Levin aus Boston, die sich seit 2010 als Koordinatorin bei der United National Antiwar Coalition (UNAC) engagiert, moderierte. Michael Klare erneuerte seine Warnung, daß die Klimakatastrophe ohne Zusammenarbeit der Großmächte und länderübergreifende soziale Gerechtigkeit nicht aufzuhalten sei. Margaret Kimberley, die für die radikallinke Zeitschrift Black Agenda Report die wöchentliche Kolumne Freedom Rider schreibt, wies darauf hin, daß die Menschheit bereits die Schwelle des sechsten großen Artensterbens in der Erdgeschichte überschritten habe, und forderte deshalb ein Ende des Imperialismus und Militarismus.

Black-Agenda-Report-Kolumnistin hält im Stehen Vortrag - Foto: © 2014 by Schattenblick

Margaret Kimberley
Foto: © 2014 by Schattenblick

Sara Flounders vom antiimperialistischen International Action Committee (IAC) kritisierte die USA heftig wegen ihres überproportionalen Anteils an der Erderwärmung und UN-Generalsekretär Ban, weil er Washington bei der Torpedierung der Klimaverhandlungen 2011 in Kopenhagen geholfen habe. Leider entzündete sich vor dem Publikum ein unproduktiver und enttäuschender Streit zwischen zwei der Podiumsteilnehmer. Flounders nahm in ihrem Vortrag an der Behauptung Klares, der größte Klimakiller sei die Kommunistische Partei Chinas, Anstoß. Nicht ganz zu Unrecht erinnerte sie daran, daß viele der Betriebe, die in der Volksrepublik für Umweltverschmutzung im großen Stil sorgten, aus den USA gerade wegen der weniger strengen Auflagen dorthin verlagert worden seien. Flounders führte die Umweltsünden und den gigantischen Energieverbrauch des Pentagons an, um ihn als die eigentlich größte Dreckschleuder auf Erden zu identifizieren.

IAC-Vertreterin ebenfalls hinter dem Stehpult - Foto: © 2014 by Schattenblick

Sara Flounders
Foto: © 2014 by Schattenblick

Klare wiederum wollte sein ursprüngliches Argument, die Notwendigkeit der Drosselung des Konsums in den Industrieländern bei gleichzeitiger Erfüllung der Grundbedürfnisse der Menschen in den ärmeren Ländern, nicht kaputtgeredet wissen. Doch statt sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen, die allen hätte zugute kommen können, wenn die beiden Kontrahenten zum Beispiel die Grundlage ihrer jeweiligen Berechnungen bezüglich des Anteils des Pentagons respektive der KPC am weltweiten CO2-Ausstoß aufgeschlüsselt hätten, blieb es beim Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Eigentlich hätte man von hochgebildeten Experten mehr erwarten können.

Blick auf Konferenzsaal bei Workshop 2 - Foto: © 2014 by Schattenblick

Krieg und Klimakrise - eine Endlosschleife?
Foto: © 2014 by Schattenblick

Im Workshop "Rigged Trade and Land Grabs: Stopping the Global Neoliberal Assault" waren Handelsbeziehungen zuungunsten des globalen Südens und Wege, wie sich die Menschen dort sowie in den Industriestaaten gegen Privatisierung und Kommodifizierung wehren können, das Thema. Moderator Kevin Zeese von Popular Resistance, der auch im Schattenkabinett der amerikanischen Grünen sitzt, lobte die vielfältigen Kampagnen der vergangenen Jahre gegen Globalisierung, seien es die Massenproteste des Arabischen Frühlings 2011 oder der aktuelle Kampf in den USA gegen das Handelsabkommen Trans-Pacific Partnerhip (TTP).

An den Ausführungen Zeeses sowie der anderen Podiumsteilnehmer wurde deutlich, daß in der US-Linken das TTP viel diskutiert wird, während das Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), das genauso bedrohlich, weil antidemokratisch ist, kaum auf ihrem Radar erscheint. Nichtsdestotrotz lud Cassidy Regan von der Quäker-Organisation Friends Committee on National Legislation (FCNL) alle Aktivisten zur Teilnahme an den für Anfang November geplanten, weltweiten Protestaktionen gegen geheime, anti-demokratische Freihandelsabkommen ein. Welche Gefahren von solchen Verträgen ausgehen, veranschaulichte Regan am Beispiel El Salvador. Seit die Regierung in San Salvador den Goldbergbau im industriellen Ausmaß verboten hat, sieht sie sich mit einer Klage der US-Firma Pacific Rim in einem Streitwert von 315 Millionen Dollar vor einem Schiedsgericht der Weltbank in Washington konfrontiert. Die Anwälte von Pacific Rim, vor kurzem vom Konkurrenzunternehmen OceanaGold übernommen, wollen das Goldabbauverbot, das mit der potentiellen Umweltverschmutzung und der damit einhergehenden Gefahr für die Gesundheit der Bürger El Salvadors begründet wurde, nach dem Central American Free Trade Agreement (CAFTA) aus dem Jahr 2004 als illegal ausgehebeln.

Gruppenbild der Podiumsteilnehmer im Workshop 3 - Foto: © 2014 by Schattenblick

Kevin Zeese, Alnoor Ladha, Bernadette Ellorin und Cassidy Regan
Foto: © 2014 by Schattenblick

Die politische Aktivistin Bernadette Ellorin, die seit 1995 in New York lebt, beschrieb die konkreten Auswirkungen neoliberaler Wirtschaftspolitik in ihrer Heimat Philippinen unter Präsident Benigno Aquino. Dort bestechen westliche Bergbauunternehmen korrupte Politiker und vernichten im Rahmen ihrer geschäftlichen Aktivitäten die Lebensgrundlagen einfacher Dorfbewohner sowie zahlreiche Tier-und Pflanzenarten. Jeder Widerstand gegen solche Praktiken gerät fast automatisch unter den behördlichen Terrorismusverdacht. Hier meinte Ellorin auch einen Zusammenhang zwischen der Durchsetzung ausländischer Konzerninteressen und der zunehmenden Verlegung - auf rotierender, statt dauerhafter Basis - von US-Streitkräften auf die Philippinen zu erkennen.

Im größeren Zusammenhang hob Ellorin die enge Verbindung zwischen TTP und der Asien-Pazifik-Strategie der Regierung von US-Präsident Barack Obama hervor. Allen anderslautenden Verkündungen zum Trotz gehe es Washington hier weniger um Kooperation als um Konfrontation - und zwar mit Peking. Aus diesem Grund drängten die USA praktisch alle Länder der Region, das TTP-Abkommen zu unterzeichnen, während sie gleichzeitig einen Beitritt Chinas ausschlössen, so Ellorin. Mit Stolz erzählte sie von den vielfältigen Widerstandsformen, mit denen sich philippinische Kleinbauern seit Jahrzehnten gegen Entrechtung und Vertreibung zur Wehr setzen. Mit vielen interessanten Einzelbeispielen - u. a. aus Indien und Kenia - berichtete Alnoor Ladha, Vorstandsmitglied von Greenpeace International USA, wie überall auf der Welt dezentralisierte soziale Bewegungen gegen die Großkonzerne und ihre Hilfswilligen in Politik und Militär vorgehen. Ladha, der auch Ideengeber der internationalen Anti-Armutsinitiative The Rules ist, bezeichnete den Konflikt zwischen Nutznießern und Benachteiligten der Globalisierung als den entscheidenden gesellschaftlichen Kampf des 21. Jahrhunderts.

Blick auf das Publikum bei Workshop 4 - Foto: © 2014 by Schattenblick

Energiekriege im Nahen Osten - bedauernswerterweise ein Dauerthema
Foto: © 2014 by Schattenblick

Auf dem Workshop "Imperialism, the Middle East and Oil" lieferte Ashley Smith von der International Socialist Organization (ISO), der auch für deren Onlinezeitung Socialistworker.org schreibt, eine wahre Tour d'Horizon durch die Interventionspolitik des Westens im letzten Vierteljahrhundert im Nahen und Mittleren Osten. Er warf den USA vor, mit dem Golfkrieg 1991, dem darauffolgenden Sanktionsregime gegen die Regierung Saddam Husseins in Bagdad und dem Einmarsch 2003 in den Irak die Gesellschaft dort regelrecht zugrundegerichtet zu haben. Er bezeichnete die Entstehung der "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS) als Erbe dieser zerstörerischen Politik und unterstellte CIA, Weißem Haus und Pentagon, die blutige Dauerfehde zwischen Sunniten und Schiiten im Irak nach Syrien, Libanon und andere Staaten der Region zu exportieren.

Die beiden Vortragenden - Smith am Tisch, dahinter Schwartz am Stehpult - Foto: © 2014 by Schattenblick

Ashley Smith und Michael Schwartz tragen zur Aufklärung bei
Foto: © 2014 by Schattenblick

Michael Schwartz, Soziologieprofessor an der State University of New York und Autor des Buchs "War without End: The Iraq War in Context", schlüsselte die energie- bzw. ressourcenpolitischen Hintergründe der Kriege im Irak, in Syrien sowie der jüngsten Gaza-Offensive Israels auf. Besonders die Verwicklung des Nahost-Friedenssonderbeauftragten Tony Blair mit dem Konzern British Gas in die geplante Erschließung und Ausbeutung des Gasfelds Leviathan vor der Küste Gazas dürfte für viele Teilnehmer des Workshops neu gewesen sein. Mit einer Prise schwarzen Humors gab sich Schwartz verwundert über die Kurzsichtigkeit der USA und Rußlands, die erbittert um den Bau und die Kontrolle von Pipelines in Osteuropa, am Schwarzen Meer, im Kaukasus, zwischen Mittelmeer und Persischem Golf sowie in Zentral-und Südasien konkurrierten. Schließlich trügen Washington und Moskau durch ihre gemeinsame Forcierung der Verfeuerung fossiler Brennstoffe in allererster Linie dazu bei, daß die Erde langsam aber sicher für Menschen unbewohnbar gemacht werde, so Schwartz.

Chris Williams in der Kanzel der St. Peter's Church, hinter ihm auf dem Altar sitzend Naomi Klein, Olga Bautista, Jacqui Patterson und Desmond D'Sa - Foto: © 2014 by Schattenblick

Chris Williams eröffnet die abschließende Plenarsitzung der NYC Climate Convergence
Foto: © 2014 by Schattenblick

Am selben Abend fand in der Saint Peter's Church, die sich an der Ecke Lexington Ave/54th Street im unterirdischen Bereich des Hauptquartiers der Großbank Citigroup befindet, die abschließende Plenarsitzung der Climate Convergence statt. Moderator war Chris Williams von der Gruppe System Change not Climate Change. Als Redner traten Jacqui Patterson aus Chicago, Leiterin der Climate Justice Initiative bei der National Association for the Advancement of Coloured People (NAACP), der ältesten und einflußreichsten schwarzen Bürgerrechtsorganisation der USA, Desmond D'Sa aus Südafrika, Gewinner des Goldman Environmental Prize 2014, Olga Bautista, welche die Kampagne gegen die Lagerung riesiger Mengen von Petrolkoks durch BP und andere Unternehmen in der Nähe der verarmten Southeast Side von Chicago anführt, und die berühmte Globalisierungsgegnerin Naomi Klein auf, deren neues Buch "This Changes Everything: Capitalism vs. The Climate" wenige Tage zuvor erschienen und in der weltweiten Presse auf große Resonanz gestoßen war.

'No-Logo'-Autorin beschwört die Notwendigkeit des Systemwandels - Foto: © 2014 by Schattenblick

Naomi Klein - inzwischen selbst zum Markenartikel geworden?
Foto: © 2014 by Schattenblick

Die kanadische Journalistin, die bereits 2000 und 2007 mit den Büchern "No Logo" respektive "The Shock-Doctrine: The Rise of Disaster Capitalism" eine schonungslose Kritik am herrschenden Wirtschaftssystem geübt hatte und an diesem Abend als erste sprach, führte die Gründe aus, warum sich ihrer Meinung nach ein Festhalten am Kapitalismus und die Rettung der Welt vor den Folgen des Klimawandels gegenseitig ausschließen. Demnach seien die notwendigen Maßnahmen gegen Erderwärmung, Meeresanstieg et cetera dermaßen fundamental und umfassend, daß sie die Position der internationalen Machtelite bedrohten und von ihr deshalb blockiert würden. Wegen der sakralen Umgebung und der Art, wie Klein hier von den versammelten Zuhörern fast abgöttisch gefeiert wurde, haftete der Veranstaltung die Atmosphäre einer Erweckungsbewegung an. Die Tatsache, daß sich Klein in der Rolle einer Very Important Person sichtlich gefiel, indem sie nach dem eigenem Vortrag - aus Termingründen natürlich - samt Begleitung umgehend verschwand, statt den nicht weniger fesselnden Vorträgen der anderen Podiumsteilnehmer beizuwohnen und anschließend darüber mit dem Publikum zu debattieren, hinterließ einen enttäuschenden Nachgeschmack. Da stellt sich einem sogleich die Frage, wie linke Klimaaktivisten und Globalisierungskritiker aus den Marktmechanismen ausbrechen wollen, wenn sie sie in den eigenen Reihen selbst reproduzieren.

8. Oktober 2014