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INTERVIEW/462: Rojava - klimagerecht und Menschenrecht ...    Maya im Gespräch (SB)


Die Aktivistin Maya war mit einem Transparent auf der Rojava-Solidaritätsdemonstration am 12. Oktober in Hamburg [1] vertreten, auf dem Klimaschutz statt Rüstungswahn gefordert wurde. Gegenüber dem Schattenblick erklärte sie, was ihrer Ansicht nach eines mit dem anderen zu tun hat.


Schattenblick (SB): Was veranlaßt dich, speziell den Zusammenhang zwischen Krieg und Klimawandel herzustellen?

Maya: Mir geht es vor allem darum, daß Krieg eine unglaubliche Umweltzerstörung bewirkt. Nicht nur, daß die Bomben ganze Landschaften zerstören, auch die vielen Kriegschiffe sind allein dadurch, daß es sie gibt, für massive Umweltverschmutzung verantwortlich. Das gleiche gilt natürlich für andere Formen der Waffenproduktion.

Warum gibt es Krieg? Natürlich auch, um Absatzmärkte zu finden und Zugang zu Land zu erhalten, dessen Rohstoffe man ausbeuten kann. Krieg wird aufgrund von Profitstreben geführt, gleichzeitig bietet er immer eine gute Möglichkeit, mit der Überproduktionskrise umzugehen. Wir haben zu viele Waren auf dem Markt, und man möchte sich daraus retten, indem die produzierten Waren wieder vernichtet werden, wie es auch Deutschland praktiziert. Ich bin hier, weil Krieg kein Mittel für Frieden ist, sondern zum einen dazu dient, die Überproduktionskrise ein bißchen einzudämmen, denn richtig aufzuhalten ist sie nicht, und zum anderen, weil Umwelt und Menschen zerstört werden.

SB: Könntest du dir vorstellen, daß die bei Fridays for Future organisierten Menschen, die heute im Mittelpunkt der Bewegung gegen die Klimakatastrophe stehen, einmal antikapitalistische und vielleicht ökosozialistische Positionen entwickeln werden?

Maya: Wichtig für jede Person, die sich als AntikapitalistIn versteht, ist vor allem, über den Tellerrand der Konsumkritik hinauszuschauen. Wenn ich beispielsweise kritisiere, daß jemand ein Auto fährt, muß ich auch schauen, warum das getan wird. Natürlich bringt es etwas, wenn ich mit Fahrrad fahre statt mit dem Auto, keine Frage. Aber wie groß ist die Auswirkung? Sie wäre viel größer, wenn ich sage, ich produziere nur das, was wirklich gebraucht wird, so daß ich die Ware nicht einfach wegschmeiße, weil es die Warenüberproduktion verlangt. Viel wichtiger als die Position, die diese Bewegung einnimmt, ist die Struktur. Sie ist nicht demokratisch. Es gibt einige Leute, die sich irgendwo hinstellen und erklären: Ich sage jetzt, was Fridays for Future zu sagen hat, aber es ist keine Demokratie vorhanden, wenn sich nur einzelne Personen auf den Orga-Treffen und so weiter engagieren.

SB: Kannst du dir vorstellen, daß eine wirksame Reduktion von Treibhausgasen überhaupt ohne eine Gesellschaft zu erreichen ist, in der nicht nach dem Kapitalverwertungsprinzip, sondern nach den realen Bedürfnissen der Menschen produziert wird?

Maya: Nein

SB: Maya, vielen Dank.


Fußnote:

[1] https://www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0351.html

18. Oktober 2019


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