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ALTER/215: Ältere Menschen Gewinn für Gesellschaft - UNFPA fordert Umdenken (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Oktober 2012

Bevölkerung: Ältere Menschen Gewinn für Gesellschaft - UNFPA fordert Umdenken

von Suvendrini Kakuchi



Tokio, 2. Oktober (IPS) - Gemeinhin wird angenommen, dass rasch alternde Gesellschaften mit Armut, Demenz und Einsamkeit konfrontiert sind. Dass dies nicht zwangsläufig der Fall sein muss, belegt eine neue Studie der Vereinten Nationen, die am 1. Oktober in Japan vorgestellt wurde. Regierungen können demnach durch bessere Planung die Lebensbedingungen für Senioren verbessern und dafür sorgen, dass sie einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft leisten können.

Älterwerden könne ein Grund zum Feiern sein, wenn den Betroffenen wirtschaftliche und soziale Stabilität garantiert werde, heißt es in dem Bericht 'Ageing in the Twenty-First Century: A Celebration and A Challenge', der von den Weltbevölkerungsfonds UNFPA und der Organisation 'HelpAge International' verbreitet wurde.

"Ein langes Leben bedeutet einen Triumph für die Entwicklung", sagt der UNFPA-Exekutivdirektor Babatunde Osotimehin. "Die Älteren können sich in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht in die Gesellschaft einbringen. Diese Beiträge zu nutzen, wird sehr wichtig sein."

Wie Osotimehin hervorhob, ist die Bevölkerungsalterung nicht mehr nur ein Problem von Industriestaaten. Im Jahr 2050 werden demnach fast 80 Prozent der älteren Menschen auf der Welt in Entwicklungsländern leben. Mit etwa zwei Milliarden werden sie 22 Prozent der globalen Bevölkerung ausmachen. Im Jahr 2000 gab es bereits mehr über 60-Jährige als Kinder, die jünger als fünf Jahre waren.

Japan ist das Land mit dem größten Anteil von Senioren. 30 Prozent der rund 123 Millionen Japaner sind älter als 60. Diese Entwicklung wird im Allgemeinen als Belastung für die Finanzen und das Sozialsystem des Staates beschrieben.


"Gut gemacht, Japan"

Richard Hewitt, der Geschäftsführer von HelpAge International sieht das jedoch anders. Ein solche Situation zeige doch, dass das Land erheblich investiert habe, um die Lebenserwartung der Bevölkerung zu erhöhen und seinen Bürgern einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu wirtschaftlicher Sicherheit zu bieten, meinte er. "Gut gemacht, Japan. Ältere Menschen tragen auf unterschiedliche Weise aktiv zum Wachstum bei. Wir müssen den Wert Älterer neu definieren."

Japan hat aufgrund der Bevölkerungsalterung jedoch auch gewichtige Probleme zu lösen. Drei Millionen Japaner leiden an Demenz. Übergriffe auf Ältere, vor allem auf Frauen, nehmen stetig zu. Und mehr als die Hälfte der japanischen Senioren lebt allein.

Das Land nimmt im Umgang mit Demenzkranken inzwischen weltweit eine Führungsrolle ein. Für Senioren wurden spezielle Programme aufgelegt, die etwa eine mobile Versorgung vorsehen. Trotz steigender Kosten im Gesundheitswesen kommt der Staat auch weiterhin für die Betreuung von Älteren, auch zu Hause, auf.

Experten äußerten sich zufrieden über den UNFPA-Bericht. Die Entscheidung, ihn in Japan vorzustellen, habe den Status der Älteren gestärkt, hieß es. Nun sei es notwendig, dass das Thema Altenpflege international diskutiert werde.

"Der Report hat ein Schlaglicht darauf geworfen, dass eine Neubewertung des Älterwerdens von internationaler Bedeutung ist", sagte die 64-jährige Junko Fukazawa, die ein Symposium über das Altern anlässlich der Vorstellung des neuen Berichts besucht hatte. "Es ist ein richtungsweisender Schritt für Japan, wo Bevölkerungsexperten hart daran gearbeitet haben, die Frage des Alterns nicht mehr als reine Familienangelegenheit, sondern als soziales Phänomen erscheinen zu lassen."

Fukazawas Vater ist kürzlich in einem Hospiz gestorben. Da sie die erforderlichen Arrangements für seine Versorgung getroffen hatte, konnte sie in ihrem Beruf weiterarbeiten. Noch in der Generation ihrer Mutter seien allein die Frauen für die Pflege älterer Verwandter zuständig gewesen, erzählte sie.


Pflege Älterer soll Millenniumsziel werden

Osotimehin sieht die Zeit dafür gekommen, dass ältere Generationen auf der internationalen Entwicklungsagenda einen höheren Stellenwert erhalten. Jahrzehntelang sei verkannt worden, dass das Altern eine der größten globalen Herausforderungen sei, betonte er. Die Pflege älterer Menschen sollte seiner Ansicht nach als Millenniums-Entwicklungsziel der Vereinten Nationen festgeschrieben werden.

Ein Highlight des UN-Berichts ist eine globale Umfrage, die zeigt, dass sich mehr als 60.000 Menschen über 60 in 60 Ländern im Rahmen einer Kampagne für das Ziel 'Alter verlangt Aktion' engagieren. Die Kampagne ruft die Staaten und die internationale Gemeinschaft auf, für die Rechte und Bedürfnisse von Senioren einzutreten. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://unfpa.org/ageingreport/
http://www.helpage.org/
http://www.ipsnews.net/2012/10/elderly-can-be-contributors-not-a-burden/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2012