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FRAUEN/627: Burkina Faso - Frauen in der Landwirtschaft (frauensolidarität)


frauensolidarität - Nr. 135, 1/16

Frauen in der Landwirtschaft
Fokus: Burkina Faso

Von Caroline Roithner


Einer der ältesten Sektoren der Welt gerät zunehmend unter Druck. Faktoren wie "Land Grabbing", die Übermacht von Großkonzernen, verheerende Umweltschäden - und damit verbunden der fortschreitende Klimawandel - beeinflussen diese Lage immens. Obwohl Frauen eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft spielen, sind sie von massiven Benachteiligungen und Hürden betroffen.

Frauen leiden noch immer unter erschwerten Bedingungen, seien es arbeitstechnische oder finanzielle. In Ländern, die stark mit Problemen der Ernährungssicherheit zu kämpfen haben, wie beispielsweise in Afrika, wird der Ruf nach einer fairen Förderung von Frauen in der Landwirtschaft immer lauter. Dieses Potenzial in Zukunft nicht wahrzunehmen bzw. zu fokussieren wird schwerwiegende Folgen in Bezug auf Ernährungssicherheit haben.


Schwerpunkt: Burkina Faso

Burkina Faso gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Laut Weltbank sind 21% der Gesamtbevölkerung (2013) unterernährt. Die Landbevölkerung macht in diesem Binnenland 71% (2014) aus (im Vergleich dazu: 34% in Österreich), woraus die Wichtigkeit von Landwirtschaft ersichtlich ist. Hinzu kommt der Trend zur künftig wachsenden Urbanisierung, der das Problem der Ernährungssicherheit noch weiter verstärken wird.

Politische Unruhen hat es erst letzten Herbst (2015) in Form eines "Afrikanischen Frühlings" gegeben. Im Zuge von Demokratisierungsprozessen und einem Regierungswechsel kam es zu einem Putschversuch einer militärischen Sondereinheit, der jedoch friedlich beendet wurde. Frühere Aufstände in den letzten Jahren gab es in Zusammenhang mit steigenden Lebensmittel- und Benzinpreisen und der gleichzeitigen Senkung der Importzölle. Diese politischen Entscheidungen führten zu massiven Protesten der Bevölkerung.

Aus diesen Entwicklungen sollten laut NGOs die Schwerpunkte der nächsten Politiker_innengeneration abgeleitet werden: Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und insbesondere die Stellung der Frau.


Landwirtschaft

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche Burkina Fasos beträgt 45% der Gesamtfläche (Weltbank, 2013) - Tendenz steigend (im Vergleich dazu: 38,2% in Österreich). Zwischen 30 und 45% des BIPs machen landwirtschaftliche Erträge aus. Mit dem Wachstum dieses Sektors steigen jedoch bekannte Probleme, wie z. B. der massive Einsatz von Pestiziden oder die Unterbewertung weiblicher Arbeitskraft. Die Zahlen des Getreideertrages (2013) mit rund 1,16 kg/ha (im Vergleich dazu: 6,07 kg/ha in Österreich) belegen, dass die Bäuer_innen mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Laut International Fund for Agricultural Development (IFAD) sollten aufgrund der demografischen Entwicklung und eigener Studien (u. a. "Assessment of Rural Poverty in West and Central Africa.") insbesondere Frauen und junge Menschen stärker in der landwirtschaftlichen Produktion gefördert werden, da sie auch künftig ein wichtiges Standbein der Landwirtschaft darstellen werden. Lokale nachhaltige Anbaumethoden sollten aufrechterhalten werden, da diese maßgeblich zur Versorgung der ruralen Bevölkerung beitragen.

Die Stellung der Frau in der Landwirtschaft ist leider seit jeher - und damit trotz Schwerpunktsetzungen wie u. a. in dem "Réorganisatino Agraire et Foncière" (RAF), einem Rahmenplan der Regierung für Eigentumsrechte - von patriarchalen Systemen geprägt, obwohl Frauen weitaus mehr Stunden am Feld arbeiten und dabei zusätzlich Tätigkeiten im Haushalt und in der Kinder- und Altenbetreuung meistern. Noch immer besitzen Frauen kaum Agrarflächen - lediglich der Anbau von Gemüsegärten ist ihnen vielerorts vorbehalten. Jenen, die in Ausnahmefällen Agrarflächen besitzen, wird entweder die Betreuung und Pflege ihrer Flächen erschwert, indem sie trotzdem die überwiegende Zeit auf den Feldern ihrer Männer arbeiten müssen oder indem ihnen die Aufnahme notwendiger Kredite zum Ausbau ihrer Flächen vorenthalten wird. Ebenso sind Flächen, die ihnen vereinzelt bei der Heirat übertragen werden, meistens in schlechtem Zustand oder weit entfernt gelegen, sodass ihnen die Bewirtschaftung dieser Flächen beinahe unmöglich ist.

Um diese Ungleichheit statistisch zu veranschaulichen, ist der Gender-(un)gleichheitsindikator bei Eigentumsrechten von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) heranzuziehen, der 2006 0,8 betrug (0 = keine Diskriminierung).

Diese prekäre Situation ist ebenso von strukturellen Gegebenheiten, wie z. B. durch familiäre Weitergabe von Land an Söhne, verursacht. Ein geschlechtergerechtes Umdenken in diesem Sektor ist hierbei unausweichlich.


Einflüsse von Klima und Mensch

Schon seit einigen Jahrzehnten ist Burkina Faso von wiederkehrenden schwerwiegenden Überflutungen und Dürreperioden betroffen. Diese Naturereignisse werden in Zukunft, bedingt durch den Klimawandel und damit verbundene stärkere Niederschlags- und Hitzeereignisse rasch zunehmen. Bereits jetzt ist der Norden Burkina Fasos - nahe der Sahelzone - nur erschwert bis kaum landwirtschaftlich nutzbar. Aufgrund von Prognosen wird sich diese trockene und von Wüsten geprägte Zone immer weiter in den Süden ausbreiten und so eine wachsende Bevölkerungsgruppe und deren Landwirtschaft und Wasserversorgung unausweichlich betreffen.

Böden reagieren auf diese extremen Klimaereignisse negativ, indem sich die Bodenfruchtbarkeit und Wasserverfügbarkeit zunehmend dahin gehend verändern, dass u. a. Probleme wie Bodenversalzung und Bodenerosion vermehrt auftreten werden. Der Anbau von Monokulturen und die zunehmende Verwendung von Düngemitteln sind hierbei absolut kontraproduktiv und beschleunigen den Zerstörungsprozess.

Das wertvolle Wissen von vielen ansässigen Frauen über ökologische Anbaumethoden und ursprüngliche Pflanzen wurde bedauerlicherweise insbesondere in den letzten drei Jahrzehnten vernachlässigt oder gar verdrängt. So wandte man/frau sich in den letzten Jahren vielerorts von der nachhaltigen und klimafreundlichen Bewirtschaftung der Äcker ab.

Für eine Änderung dieser Problematik bedarf es einer Neuentdeckung und Stärkung der ökologischen Landwirtschaft, geprägt von einer intensiven und ortskundigen Expertise von Frauen.


Auswege - Bildung und Gemeinschaftsprojekte

Ein ebenso wichtiger Faktor für die Zukunft Burkina Fasos ist die Bildung von Frauen. Diese muss mit einer gesicherten schulischen Bildung beginnen und optional durch eine zusätzliche landwirtschaftliche und gesellschaftliche Aufklärung ergänzt werden.

Gemeinschafts- und gezielte Frauenprojekte im Bereich Landwirtschaft sollten in den Dörfern gefördert werden. Eine damit einhergehende Aufklärung von Männern über die notwendige Verbesserung der Stellung von Frauen ist dabei essenziell.

Bereits laufende Projekte wie das "World Food Programm" der Vereinten Nationen zeigen, dass durch Erlernen verschiedenster Anbautechniken, dem Erkunden von lokalen Verkaufsmöglichkeiten sowie dem Einsatz von biologischem Dünger die Erträge der von Frauen bewirtschafteten Felder enorm gesteigert werden können. Die Verwendung von ursprünglichem Saatgut sowie das Anwenden passender Fruchtfolgen wurden bei diesem Projekt ebenso gefördert, um damit die Existenz von Bäuerinnen zu sichern und die Bodenqualität zu verbessern.

Durch das Programm haben sich lokale Bäuerinnen zusammengeschlossen und die erlernten Methoden nach und nach erfolgreich umgesetzt. Die Gewährung von Krediten wird durch diese Zusammenschlüsse erleichtert, wodurch Bäuerinnen ihren Anbau vergrößern und in Folge die Umsätze steigern konnten. Ein weiterer positiver ökonomischer Effekt bei diesen Projekten ist das Schaffen von neuen Jobs durch die Vergrößerung von Anbauflächen .

Um in Zukunft die Verantwortung und gesellschaftliche Bedeutung von Frauen zu erhöhen und zugleich eine fairere Gesellschaft zu forcieren, sind solche Veränderungen unabdingbar.


Webtipps: IFAD Artikel
http://www.ifad.org/gender/learning/sector/agriculture/59.htm
Weltagrarbericht http://www.weltagrarbericht.de/

Zur Autorin: Caroline Roithner arbeitete als Praktikantin in der Frauen*solidarität. In ihrem Studium an der Universität für Bodenkultur beschäftigt sie sich insbesondere mit der Thematik "Boden" und mit ökologischen/anthropogenen Einflüssen.

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Quelle:
Frauensolidarität Nr. 135, 1/2016, S. 31-32
Medieninhaberin und Herausgeberin:
Frauensolidarität im C3 - Entwicklungspolitische Initiative für Frauen
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Telefax: 0043-(0)1/317 40 20-406
E-Mail: redaktion@frauensolidaritaet.org,
http://www.frauensolidaritaet.org
 
Die Frauensolidarität erscheint viermal im Jahr.
Einzelpreis: 5,- Euro plus Porto
Jahresabo: Österreich 20,- Euro;
andere Länder 25,- Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2016

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