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FRAUEN/729: Massenunterkünfte sind ein Risiko für geflüchtete Frauen (medica mondiale)


medica mondiale - 17. Mai 2018

AnKER-Zentren begünstigen Gewalt gegen geflüchtete Frauen

medica mondiale und Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel kritisieren geplante Massenunterkünfte


"Die nach dem Vorbild der 'Transitzentren' in Bayern geplanten Unterkünfte setzen vor allem auf Rückführung und Isolation statt auf Schutz und Integration von Geflüchteten", kritisiert Monika Hauser, Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel - KOK e.V. Beide Organisationen befürchten, dass insbesondere Frauen und Mädchen in den Massenunterkünften vermehrt von Gewalt betroffen sein werden.

Es sei davon auszugehen, dass unabhängige Beratungsstellen wie die des KOK kaum Zugang zu den geplanten Einrichtungen bekämen. Das zeige sich bereits in den bayerischen Transitzentren. Dazu Naile Tanis, Geschäftsführerin des KOK e.V.: "Die Identifizierung von besonders schutzbedürftigen Personengruppen wie allein reisende Frauen, Betroffene von sexualisierter Gewalt oder Menschenhandel ist in derartigen Massenunterkünften schwer möglich. Zudem erhöhen Isolation und fehlender Schutz die Gefahr, in Deutschland ausgebeutet oder erneut Opfer von Gewalt zu werden."

In den Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungs-Zentren sollen alle nach Deutschland eingereisten Schutzsuchenden untergebracht werden und sich dort je nach Bleibeperspektive bis zum Ende ihres Asylverfahrens aufhalten. Die Gewerkschaft der Polizei warnt vor einem "erheblichen Aggressions- und Gefährdungspotenzial" in solchen Massenunterkünften. "AnKER-Zentren bedeuten einen großen Rückschritt in Sachen Gewaltschutz", erklärt Monika Hauser. Massenlager mit bis zu 1.500 Menschen erhöhten das sowieso bestehende Risiko für Frauen und Mädchen, Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Hauser weiter: "Anstatt Gelder in ein Projekt zu investieren, das Gewalt gegen Frauen begünstigt, sollte die Bundesregierung langfristig weitere Mittel für Gewaltschutzkonzepte zur Verfügung stellen."

medica mondiale und der KOK appellieren an die Bundesregierung, keine AnKER-Zentren einzurichten. Vielmehr müsse die Bundesregierung Geflüchtete vor (sexualisierter) Gewalt und Ausbeutung in Unterkünften schützen und sie menschenwürdig unterbringen. Allen schutzsuchenden Menschen müsse darüber hinaus ein faires Asylverfahren sowie psychosoziale und medizinische Versorgung garantiert werden.

Seit 25 Jahren setzt sich medica mondiale für Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten ein. Neben gynäkologischer, psychosozialer und rechtlicher Unterstützung bietet medica mondiale Programme zur Existenzsicherung und leistet politische Menschenrechtsarbeit.

Der KOK e. V. ist ein bundesweiter, 1999 gegründeter Zusammenschluss von gegenwärtig 38 Fachberatungsstellen und weiteren Organisationen, die sich gegen Menschenhandel, Ausbeutung und Gewalt an Migrantinnnen einsetzen.

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Quelle:
medica mondiale e.V.
Pressemitteilung vom 17. Mai 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2018

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