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INTERNATIONAL/027: Mord und Verfolgung - Gewerkschaftsrechte weltweit bedroht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Juni 2011

Arbeit: Mord und Verfolgung - Gewerkschaftsrechte weltweit bedroht

Von Gustavo Capdevila


Genf, 9. Juni. (IPS) - Arbeitnehmervertreter leben in vielen Ländern der Welt gefährlich. Wie aus einem Bericht des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) hervorgeht, fallen viele von ihnen Mordanschlägen zum Opfer. Auch der Druck seitens der Unternehmen und Regierungen nimmt zu. In einigen arabischen Staaten scheint sich die Lage aber zum Besseren zu wandeln.

Der Report, der kürzlich in Genf vorgestellt wurde, dokumentiert Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte in 143 Staaten. Allein im vergangenen Jahr wurden 90 Gewerkschafter ermordet - fast die Hälfte von ihnen in Kolumbien. Weitere 75 Kollegen erhielten Todesdrohungen. Mindestens 2.500 Gewerkschaftsangehörige landeten im Gefängnis, und rund 5.000 verloren ihre Stellen.

Weltweit sei eine fortschreitende Aufweichung der Gewerkschaftsrechte zu beobachten, kritisiert der Bericht. Kolumbien trat erneut als das Land hervor, in dem Gewerkschafter die größten Gefahren für Leib und Leben drohen. 49 von ihnen wurden 2010 ermordet. An zweiter Stelle steht Guatemala, wo im gleichen Zeitraum zehn Morde verzeichnet wurden.


Verbrechen an Gewerkschaftern in Kolumbien meist ungesühnt

Wie der IGB beanstandete, ist die kolumbianische Justiz nicht im Stande, solche Verbrechen zu ahnden. Die meisten Täter blieben straffrei. Obwohl die im vergangenen August vereidigte Regierung von Präsident Juan Manuel Santos zugesichert habe, die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken, stünden die meisten Unternehmer den Gewerkschaften nach wie vor feindlich gegenüber, heißt es.

Die anhaltenden Verstöße gegen die Gewerkschafts- und Menschenrechte in Kolumbien hätten bislang verhindert, dass der US-Kongress ein 2006 ausgehandeltes Freihandelsabkommen mit dem lateinamerikanischen Land gebilligt habe, hebt der Bericht hervor. Dem Kanadier Stephen Benedict zufolge, der beim IGB für Menschenrechte verantwortlich ist, wird das Abkommen die Lage der Arbeitnehmer nicht verbessern.

Der IGB stuft auch die rechtliche Lage von Beschäftigten im Mittleren Osten als bedrohlich ein. Die Regierungen hätten dabei versagt, Millionen Menschen Arbeit zu verschaffen. Betroffen seien vor allem junge Leute. Dem Report zufolge ist in Saudi-Arabien, den Vereinigen Arabischen Emiraten und in Birma jegliche gewerkschaftliche Betätigung verboten. Benedict bezeichnete aber auch die Situation in Syrien und im Jemen als "sehr kompliziert".

In Tunesien und Ägypten sieht er jedoch Chancen auf eine Stärkung der Demokratie und auf eine Vertretung der Interessen von Arbeitnehmern. Während der 'Jasminrevolution' in Tunesien hätten Gewerkschafter eine wichtige Rolle gespielt, betonte Benedict. Sie seien nun am Aufbau neuer Strukturen und an der Vorbereitung der nächsten Wahlen beteiligt. In Ägypten stehen die Gewerkschaften dagegen der Regierung nahe. Laut dem IGB-Experten gibt es dort allerdings auch unabhängige Organisationen, die sich rasch vergrößern.


Globaler Arbeitsmarkt in der Krise

Insgesamt zeichnet der Bericht ein düsteres Bild. Der Arbeitsmarkt sei weltweit in der Krise, heißt es. Politiker hätten es oftmals versäumt, die notwendigen Veränderungen in die Wege zu leiten, um Stellen zu schaffen und zu erhalten. Damit würden die Stabilität und die Zukunft der Länder aufs Spiel gesetzt.

Benedict verwies auf Griechenland und Rumänien, wo die Menschen eine Finanzkrise ertragen müssen, die sie nicht selbst verursacht haben. Solche Probleme könnten nur durch eine nachhaltige Entwicklung überwunden werden.

Der Bericht geht außerdem auf die Ausbeutung der zumeist weiblichen Arbeitskräfte in Freihandelszonen und Fertigungsbetrieben in aller Welt ein. Dort gibt es gar keine gewerkschaftlichen Rechte. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2011