Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → SOZIALES


KIND/206: Kinderrechte stärken - Kinderrechte gehören ins Grundgesetz (UNICEF)


UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen - Köln, 13. Dezember 2019

Gemeinsame Resolution:
Kinderrechte stärken - Kinderrechte gehören ins Grundgesetz


Mit einer gemeinsamen Resolution an Bund und Länder fordern zahlreiche Verbände, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Juristinnen und Juristen sowie Expertinnen und Experten der Kinder- und Jugendhilfe aus ganz Deutschland die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. In der Erklärung wird begrüßt, dass mit dem Ende November vorgelegten Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ein großes Stück näher gerückt ist. Gleichzeitig wird eine über den aktuellen Entwurf hinausgehende Formulierung der Kinderrechte gefordert. Die Resolution haben bislang u.a. das Deutsche Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland, die Deutsche Liga für das Kind, der Kinderschutzbund und das Kinderhilfswerk terre des hommes unterzeichnet.

Wörtlich heißt es in der Resolution: "Allerdings droht das Vorhaben mit dem aktuellen Entwurf hinter der bereits geltenden Rechtslage in Deutschland zurückzubleiben. Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK), die den Status eines Bundesgesetzes hat, sowie die EU-Grundrechtecharta formulieren das Kindeswohlprinzip und die Beteiligungsrechte klar und stark. Daran sollte sich auch ein deutscher Verfassungstext orientieren.

Insbesondere für das Kindeswohlprinzip, das im Artikel 3 der UN-KRK geregelt ist, und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung halten wir die vorliegenden Formulierungen für nicht weitreichend genug. Wir sprechen uns für eine Formulierung aus, die sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der 'besten Kinderinteressen' nachhaltig beeinflusst und damit die Lebenssituation der Kinder vor Ort konkret positiv verändert. Wir dringen darauf, das Kindeswohlprinzip und das Beteiligungsrecht von Kindern und Jugendlichen grundgesetzlich ausreichend im Sinne der UN-KRK abzusichern. Mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden. (...)

Starke Kinderrechte richten sich nicht gegen Eltern oder gegen andere Erwachsene. Sie helfen vielmehr, die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft zu sichern. Kinderfreundliche Kommunen, die den Bedürfnissen, Interessen und Rechten der nachwachsenden Generation gerecht werden, sind - so unsere Erfahrung - lebenswertere Kommunen für die gesamte Bevölkerung."

Die Resolution wurde initiiert vom Verein "Kinderfreundliche Kommunen", der von UNICEF Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk getragen wird. Das Vorhaben "Kinderfreundliche Kommunen" wurde 2012 in Deutschland ins Leben gerufen und ist Teil der internationalen Child Friendly Cities Initiative (CFCI) von UNICEF. Diese setzt sich seit 1996 international dafür ein, die Kinderrechte auf kommunaler Ebene zu verwirklichen. In Deutschland haben sich bereits zahlreiche Kommunen der Initiative angeschlossen - darunter Köln, Mannheim, Potsdam, Regensburg, Stuttgart und Wolfsburg.

Weitere Informationen dazu unter:

http://www.kinderfreundliche-kommunen.de/

Das Programm "Kinderfreundliche Kommunen" wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

*

Kinderrechte stärken!
Resolution für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz

Die Unterzeichnenden begrüßen, dass nun endlich ein Gesetzentwurf für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorliegt. 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) ist dies ein wichtiges Zeichen. Damit rückt die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz ein großes Stück näher. Allerdings droht das Vorhaben mit dem aktuellen Entwurf hinter der bereits geltenden Rechtslage in Deutschland zurückzubleiben. Die UN-KRK, die den Status eines Bundesgesetzes hat, sowie die EU-Grundrechtecharta formulieren das Kindeswohlprinzip und die Beteiligungsrechte klar und stark. Daran sollte sich auch ein deutscher Verfassungstext orientieren. Insbesondere für das Kindeswohlprinzip, das im Artikel 3 der UN-KRK geregelt ist, und das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Beteiligung halten wir die vorliegenden Formulierungen für nicht weitreichend genug. Wir sprechen uns für eine Formulierung aus, die sowohl die Gesetzgebung und Rechtsprechung des Bundes und der Länder als auch die Verwaltungspraxis im Sinne der "besten Kinderinteressen" nachhaltig beeinflusst und damit die Lebenssituation der Kinder vor Ort konkret positiv verändert. Wir dringen darauf, das Kindeswohlprinzip und das Beteiligungsrecht von Kindern und Jugendlichen grundgesetzlich ausreichend im Sinne der UN-KRK abzusichern. Mit der Verankerung dieser beiden sich ergänzenden Prinzipien kann dem Anspruch einer ernsthaften Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention entsprochen und dem aktuellen Umsetzungs- und Anwendungsdefizit der Kinderrechtskonvention in Deutschland entgegengewirkt werden.

Wir fordern, dass das Kindeswohl ein bei allem staatlichen Handeln vorrangig zu berücksichtigender Gesichtspunkt sein muss. Denn es ist entscheidend, dass das Kindeswohl immer mit Priorität berücksichtigt wird und nicht nur als eines von vielen Entscheidungskriterien abgewogen wird. Dies ist der Dreh- und Angelpunkt der UN-Kinderrechtskonvention, der den Regierungen, die 1989 diesen Text verabschiedet haben, so wichtig war, weil Kinder als die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft eine besonders starke Rechtsposition benötigen. Die Bundesregierung von 2019 sollte sich an das Versprechen ihrer Vorgängerregierung von 1989 an die Kinder in Deutschland halten.

Auch die Beteiligungsrechte aus der UN-KRK gehen deutlich über das im bisherigen Entwurf beschriebene "rechtliche Gehör" hinaus. In einzelnen Bereichen wir dem Achten Sozialgesetzbuch oder dem Baurecht für Planungsverfahren sind Beteiligungsrechte bereits vorhanden. Ähnliche Regelungen sollten jedoch überall da greifen, wo Kinder in ihren Rechten tangiert sind.

Die Kinderfreundlichen Kommunen haben dies bereits erkannt und ermöglichen die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei Entscheidungen von Behörden - etwa bei der Planung von Wohnvierteln, beim Straßenbau oder der Ausgestaltung des Lehrplans - und ebenso für Entscheidungen der Eltern für eine bestimmte Schule oder Betreuungsform, selbstverständlich sind. Eine Klarstellung im Grundgesetz würde dazu dienen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auch da zu befördern, wo der politische Wille bisher nicht so stark ausgeprägt ist.

Bisher gilt die UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland nur als einfaches Bundesrecht, sodass Rechtsanwendende die für alle geltenden Grundrechte nur über eine komplizierte Herleitung des Völkerrechts mit einem besonderen kinderrechtlichen Gehalt auslegen können. Eine klare Regelung von Kinderrechten im Grundgesetz kann hier für mehr Rechtssicherheit sorgen. Denn Grundrechte binden Parlamente, Ministerien, Behörden und Gerichte als unmittelbar geltendes Recht, sodass sie bereits frühzeitig in ihren Entscheidungen eine kinderrechtliche Perspektive einnehmen werden.

Starke Kinderrechte richten sich nicht gegen Eltern oder gegen andere Erwachsene. Sie helfen vielmehr, die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft zu sichern. Kinderfreundliche Kommunen, die den Bedürfnissen, Interessen und Rechten der nachwachsenden Generation gerecht werden, sind - so unsere Erfahrung - lebenswertere Kommunen für die gesamte Bevölkerung.


Die Resolution ist als PDF-Datei zu finden unter:
https://www.unicef.de/blob/208172/4c1677159b8faa4648d19da909ba6d44/resolution-fuer-die-aufnahme-der-kinderrechte-ins-grundgesetz-data.pdf

*

Quelle:
UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Pressemitteilung vom 13. Dezember 2019
Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF, Pressestelle
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936 50-0, Fax: 0221/93 65 02 79
E-Mail: mail@unicef.de
Internet: www.unicef.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang