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KRIMINALITÄT/056: Honduras - Gewaltverbrechen dramatisch zugenommen, Polizisten involviert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Dezember 2011

Honduras: Gewaltverbrechen dramatisch zugenommen - Polizisten involviert

von Thelma Mejía


Tegucigalpa, 30. Dezember (IPS) - Das Jahr 2011 hat Honduras eine blutige Bilanz beschert. Die hohe Kriminalität in den Reihen der Polizei sowie eine Welle von Morden an Journalisten und Zeugen bei Ermittlungen gegen die Drogenmafia haben die Verbrechensstatistik in dem lateinamerikanischen Land kräftig in die Höhe getrieben.

Täglich sterben in Honduras im Schnitt 20 Menschen durch Gewalteinwirkung. Nach Schätzungen des Observatoriums für Gewalt an der Nationalen Autonomen Universität liegt die durchschnittliche Mordrate 2011 bei 82 pro 100.000 Einwohner.

Die Journalistin Luz Marina Paz gehört zu den jüngsten Opfern. Sie wurde am 6. Dezember von Auftragskillern ermordet. Die Zahl der in den vergangenen zwei Jahren ermordeten Medienvertreter stieg somit auf 17. Damit ist Honduras nach Mexiko das für Berichterstatter gefährlichste Land Lateinamerikas.


Polizei von Kriminellen durchsetzt

Am 7. Dezember wurde der Anti-Drogenexperte Alfredo Landaverde umgebracht. Er sollte als Zeuge im Fall des Mordes an dem Drogenboss Aristides González aussagen. Wie IPS aus Justizkreisen erfuhr, stehen Polizisten in Verdacht, das Verbrechen begangen zu haben, um die Beteiligung hochrangiger Sicherheitskräfte am Rauschgifthandel zu vertuschen.

Vor seinem Tod hatte Landaverde brisante Enthüllungen zur Korruption bei der Polizei angekündigt. Er sah die Sicherheitskräfte so stark von Kriminellen infiltriert, dass er Staatspräsident Porfirio Lobo aufforderte, eine neue Polizei aufzubauen.

Unvergessen ist in dem kleinen zentralamerikanischen Land auch das Verbrechen an zwei Studierenden der nationalen Autonomen Universität von Honduras (UNAH). Die beiden waren einer unabhängigen Untersuchung zufolge am 22. Oktober nach dem Besuch einer Party von zwei Polizeiwagen verfolgt, beschossen, zum Anhalten gezwungen, ermordet und in einer Schlucht 'entsorgt' worden.

In den vergangenen Monaten kam es zu einer ganzen Reihe gewaltsamer Zwischenfälle, die mit Einsätzen der Militärpolizei im nordöstlichen Verwaltungsbezirk Olancho in Verbindung standen. Ziel war die Festnahme von zwei Drogenbossen, die allerdings entkommen konnten. Ihre beiden Stellvertreter wurden kurz nach ihrer Verhaftung im größten Gefängnis des Landes erhängt aufgefunden. Außerdem starb ein Polizeioffizier eines gewaltsamen Todes, der nach dem Verschwinden größerer Mengen Waffen und Munition aus den Arsenalen der Polizei als Zeuge vernommen werden sollte.


USA ziehen Freiwillige des Friedenskorps ab

Die USA haben angesichts der eskalierenden Gewalt in Honduras, El Salvador und Guatemala ihre Freiwilligen des Friedenskorps abgezogen. Die drei Staaten bilden das so genannte 'Nord-Dreieck' in Zentralamerika, das als eine gefährlichsten Regionen der Welt gilt. Dort sind auch mexikanische Drogenkartelle verstärkt präsent. In Honduras hielten sich 158 US-Amerikaner auf, die nun ab Januar nach Hause zurückkehren sollen.

Der Politikexperte Juan Ramón Martínez spricht von einem "gezielten Schlag gegen eine Regierung und eine politische Klasse, die nicht versteht, wie gravierend der Mangel an Sicherheit ist". Wie Martínez gegenüber IPS kritisierte, sind entscheidende Reformen innerhalb der Polizei ausgeblieben. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.undp.un.hn/Gob_Observatorio_violencia_Honduras.htm
http://www.mcahonduras.hn/
http://www.mcc.gov/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=99881

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. Dezember 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2011