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LEISTUNGEN/587: Künstlersozialversicherung - Forderung nach Abschaffung ist asozial (Kulturrat)


Deutscher Kulturrat e.V. - Pressemitteilung vom 31. August 2016

Künstlersozialversicherung: Forderung nach Abschaffung ist asozial

Arbeitgeberverband versucht wieder einmal die Künstlersozialkasse zu diskreditieren


Berlin, den 31.08.2016. In diesen Tagen macht die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände mit einem Positionspapier "Künstlersozialversicherung für Unternehmen entbürokratisieren - andernfalls abschaffen" Furore. Es entstand zunächst der Eindruck, als würden neue Argumente und Daten vorgetragen. Dieses ist aber nicht der Fall. Es werden vielmehr Vorschläge aus der Mottenkiste geholt, die bereits die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags "Kultur in Deutschland" (2003-2007) abgewogen und die in den Handlungsempfehlungen des Schlussberichts dieser Enquete-Kommission (Bundestagsdrucksache 16/7000) keinen Niederschlag gefunden haben, weil sie sowohl von den beteiligten Sachverständigen als auch den Abgeordneten des Deutschen Bundestags als nicht zielführend erachtet wurden.

Die genannte Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags hatte allerdings empfohlen, dass die Künstlersozialkasse besser über die Künstlersozialabgabepflicht informieren sollte und die Deutsche Rentenversicherung verstärkt Unternehmen hinsichtlich der Künstlersozialabgabe prüft. Beide Handlungsempfehlungen wurden umgesetzt. Die Künstlersozialkasse informiert umfangreich über die Abgabepflicht. Anhand praktischer Beispiele wird erklärt, wann eine Abgabepflicht entsteht. Die Deutsche Rentenversicherung hat nicht nur seit 2014 einen gesetzlichen Prüfauftrag, sie hat auch schon vorher bei den regulären Betriebsprüfungen und durch Publikationen über Besonderheiten der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung für Unternehmen informiert. Dass diese Arbeit Früchte trägt, ist unter anderem daran abzulesen, dass die Zahl der von Abgabepflichtigen angestrengten Prozesse vor den Sozialgerichten zurückgegangen ist.

Die Prüfung von Unternehmen durch die Deutsche Rentenversicherung führt zu mehr Abgabegerechtigkeit und gerade aktuell zur Senkung des Abgabesatzes. Dieses sollte gerade im Sinne von Unternehmen sein. Denn zuvor haben sich jene Unternehmen, die ihrer Abgabepflicht nicht nachgekommen sind, ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber den gesetzestreuen Mitwettbewerbern erschlichen. Dem wurde nun dadurch ein Riegel vorgeschlagen, dass die Künstlersozialabgabeprüfung in das reguläre Prüfgeschäft der Deutschen Rentenversicherung integriert wurde. Dies ist auch der Weg, der von der genannten Enquete-Kommission präferiert wurde.

Das Positionspapier der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände , dass in den Medien einen breiten Niederschlag fand, ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen. Hier wird das mediale Sommerloch genutzt, um alte Forderungen im neuen Gewand noch einmal vorzutragen. Die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände behauptet, dass für jeden Euro Künstlersozialabgabe die Unternehmen einen Euro an internen Aufwand hätten. Sie stützen sich dabei auf eine Analyse von Bürokratiekosten der iwconsult GmbH aus dem Jahr 2008 (!). Für diese Analyse wurden 2.000 Unternehmen zu spezifischen sozialrechtlichen Fragen, so auch die Künstlersozialversicherung, befragt. Hiervon haben 536 Angaben zur Künstlersozialversicherung gemacht, davon waren allerdings nur 27(!) Unternehmen von der Künstlersozialabgabe betroffen, konnten also aufgrund eigener Erfahrungen zu ihren Aufwendungen Auskunft geben. Auf einer solch mageren statistischen Grundlage Berechnungen zu Bürokratiekosten anzustellen, ist unseriös.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Mitglied der Enquetekommission "Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestages, Olaf Zimmermann, sagte: "Kein Unternehmen bezahlt gerne Sozialabgaben. Sowohl für seine fest angestellten Mitarbeiter, noch für die Leistungen, die freiberuflich arbeitende Künstlerinnen und Künstler für sie erbringen. Doch sind diese Sozialabgaben keine freiwilligen Leistungen der Unternehmen, sondern gesetzliche Verpflichtung. Die Forderung nach Entbürokratisierung, auch der Künstlersozialabgabe, ist richtig und müsste debattiert werden. Doch müssten die Unternehmerverbände vorher endlich einmal belastbares Zahlenmaterial vorlegen. Die Forderung, die sozialen Absicherung der Künstler am besten einfach kurzerhand abzuschaffen, ist aber nur eines: asozial."

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Quelle:
Pressemitteilung vom 31. August 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2016

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