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RENTE/636: Rente nur ohne Hof - Keine Bewegung bei der Hofabgabeklausel (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 376 - April 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Rente nur ohne Hof
Keine Bewegung bei der Hofabgabeklausel

von Marcus Nürnberger



Auf Seite 86 im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD liest es sich noch ganz hoffnungsvoll. Unter "Landwirtschaft und ländlicher Raum, agrarsoziale Sicherung" steht: "Wir werden die Reform der Agrarsozialversicherung intensiv begleiten. Dabei wird die Hofabgabeklausel neu gestaltet." Das hörte sich nach Bewegung an bei einem Thema, mit dem immer mehr Betriebsleiter konfrontiert werden. Denn nur wer seinen Hof abgegeben hat ist, soweit er lange genug eingezahlt hat, berechtigt eine Rente aus der Landwirtschaftlichen Altersvorsorge zu beziehen. Diese war von ihrer Konzeption her nie als Vollversorgung gedacht. Aus dem historischen Kontext wurde der Hof an die nachfolgende Generation übergeben. Der Altenteiler blieb aber hier im Mehrgenerationenhaushalt wohnen. Die Rente erinnert daher eher an ein Taschengeld, das durch weitere Einnahmen aufgestockt wird: z.B. aus dem Hofübergabevertrag, dem Altenteil oder der Verpachtung bzw. dem Verkauf der Flächen. Vor dem Hintergrund eines möglichst schnellen Wachstums, dass durch die alten Bauern behindert wird, kann eine Rente nur beziehen, wer seinen Hof, sein landwirtschaftliches Unternehmen abgegeben hat, so das Verständnis der Gesetzgeber und der Vertreter des Bauernverbands. Betriebsleiter kleinerer Betriebe stehen schnell vor der Situation, dass ihr Einkommen nicht mehr ausreicht. Der Zuverdienst über die Fortführung des Betriebes ist aber untersagt. Nicht selten kommt es in diesen Fällen zu Scheinaufgaben, bei denen der Betrieb formal an eine nahestehende Person überschrieben, aber dennoch vom Altbauern weitergeführt wird. Nach wie vor ist das Hauptargument der Befürworter der Hofabgabeklausel, dass sich eine verschleppte Übergabe negativ auf die Entwicklung der Zukunftsbetriebe auswirkt, die Fläche suchen. Nur bei genauerem Hinsehen wird noch ein zweiter Gesichtspunkt deutlich, der vor allem die Interessen des Deutschen Bauernverbands deutlich macht. Jährlich bekommt der DBV über zwei Millionen Euro für die Beratung von Alterskassenmitgliedern. Mit einer Streichung der Hofabgabeklausel gingen diese Einnahmen verloren.


Auf den Höfen

Wenn der Vater nicht an den Sohn übergeben will, dann hilft die Hofabgabeklausel. Die kommt aber reichlich spät und löst derartige innerfamiliäre Probleme nur vordergründig. Vor allem beschreibt diese Situation aber nicht die Realität. Tatsächlich haben nur 30 Prozent der Betriebe einen Nachfolger. Auf 70 Prozent der Betriebe ist die Nachfolge ungeklärt. Hier kündigt sich ein weiterer großer Strukturwandel an. Durch eine Aufgabe der Klausel, würden diese Betriebe Zeit gewinnen. Allerdings nur wenige Jahre (fünf bis sieben), ehe der Betriebsleiter aufgrund seines Alters von ca. 70 Jahren nicht mehr weiter wirtschaften kann. Die Wachstumsbetriebe müssten beim Wegfall der Klausel also höchstens diesen Zeitraum überbrücken, um an die Flächen zu kommen, so das Ergebnis einer Untersuchung des Thünen Instituts im Auftrag der Bundesregierung vom Dezember 2012. Der Autor Dr. Mehl befürwortet hierin die Einführung einer Rente mit Abschlag für Landwirte, die mit Ausnahme der Hofabgabeklausel alle weiteren Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllen.


Vielfalt im ländlichen Raum

Schon heute beträgt die Zahl der Landwirte in vielen Dörfern nur noch ein Bruchteil der von vor zehn Jahren. Immer größere Schläge, weitere Distanzen und größere Maschinen prägen die Strukturen der verbleibenden Betriebe. Gesellschaftlich wird jedoch eine vielfältige, ökologisch sinnvolle, die natürlichen Ressourcen schonende Landwirtschaft gefordert. Ist es nicht die Aufgabe der Bundesregierung hier steuernd einzugreifen? Ganz anders als im Koalitionsvertrag formuliert, besteht offenbar keine Absicht der Bundesregierung, die Hofabgabeklausel in ihren negativen Auswirkungen auf die ländlichen Struktur und die Einkommenssituation zu verändern. Der Wegfall der Hofabgabeklausel wäre ein erster Schritt, den Druck von den Betriebsleitern zu nehmen, ihre Betriebe abzuwickeln. Eine sinnvolle Übergabe innerhalb oder eben außerhalb der Familie müsste dann, auch im Interesse der Hofeigentümer, folgen, wenn eine oft über mehrere Generationen bestehende Tradition nicht darin enden soll, dass die Felder von der Biogasanlage bewirtschaftet werden und in der Scheune die Wohnwagen parken.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 376 - April 2014, S. 6
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2014