Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → UNO

MELDUNG/033: Schlammschlacht zwischen einstiger Untergeneralsekretärin und UN-Chef Ban (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2010

UN: Schlammschlacht zwischen einstiger Untergeneralsekretärin und UN-Chef Ban

Von Thalif Deen


New York, 10. Dezember (IPS) - Der Streit zwischen der ehemaligen Leiterin des UN-Büros für interne Aufsichtsdienste (OIOS) und ihrem einstigen Vorgesetzten Ban Ki-moon geht in die zweite Runde. Wie Ex-Untergeneralsekretärin Inga-Britt Ahlenius berichtet, erhält sie seit der Veröffentlichung ihrer Kritik an UN-Generalsekretär Ban Telefonate, in denen von "Vergeltungsmaßnahmen" die Rede sei.

Nach der Veröffentlichung ihres 50-seitigen Memos im Juli, in dem sie sich äußerst kritisch zum Führungsstil des UN-Chefs äußerte, wurde der Schwedin nach eigenen Angaben in Anrufen mitgeteilt, dass sie mit "Vergeltungsmaßnahmen" aus dem Umkreis des Generalsekretärs rechnen müsse. Zudem werde man keine Anstrengungen scheuen, um ihr zu schaden.

In einem Brief an UN-Stabschef Vijay Nambiar im letzten Monat schrieb Ahlenius, dass sie diese Erfahrungen mit Personen innerhalb und außerhalb des UN-Sekretariats besprochen habe. "Wir konnten uns nicht einig werden, ob die Warnungen eines "ehemaligen UN-Mitarbeiters und eines US-Amerikaners südkoreanischer Herkunft" freundlich gemeint waren oder als Drohung zu verstehen sind".


"Tötet den Boten"

Ahlenius zufolge duldet der UN-Chef Ban keinerlei Kritik über seinen Führungsstil als höchster Verwaltungschef der Vereinten Nationen, auch wenn sie konstruktiv gemeint sei. Sie beklagte eine Haltung, die die Botschaft vermittle, "den Boten (schlechter Nachrichten) zu töten".

In ihrem Memo, das die Drohungen ausgelöst hatte, warf die Schwedin ihrem damaligen Chef neben einem schlechten Führungsstil ein autoritäres Auftreten, undurchsichtiges Management und eine "Kultur der Geheimhaltung" vor. "Ihr Vorgehen ist nicht nur beklagenswert, sondern sogar höchst verwerflich", lautete der Frontalangriff auf den südkoreanischen UN-Generalsekretär.

Ferner erklärte sie, dass sich das UN-Sekretariat in einem Prozess des Niedergangs befinde und immer mehr an Bedeutung verliere. "Kurzum: wir scheinen immer weniger als relevante Partner für die Lösung der weltweiten Probleme wahrgenommen zu werden."

Sie beschuldigte Ban zudem, die Autorität seiner wichtigen Berater zu unterminieren, indem er sie mit kurzen einjährigen Mandaten ausstatte und direkt Einfluss auf die Ernennung ihrer Teams nehme. "Es gibt keine Transparenz, es gibt keine Verantwortlichkeit. Anstatt dass Sie die internen Aufsichtsdienste unterstützen, was ein gutes Zeichen für Führungsstärke und Good Governance wäre, versuchen Sie sie durch Kontrolle zu schwächen. Ahlenius monierte ferner, das sie keine Anzeichen für die dringend erforderliche UN-Reform erkennen könne.

In dem sieben Seiten langen Antwortschreiben, das der UN-Stabschef Nambiar im Namen Bans verfasste, wurde die Ex-OIOS-Chefin ihrerseits mit Kritik konfrontiert. Die Schwedin konterte mit einer fünfseitigen Gegendarstellung und läutete somit die zweite Runde im Krieg der Worte ein.


Vorwurf der Misswirtschaft

Nambiar warf der Ahlenius vor, Tatsachen verdreht zu haben. Als besonders befremdlich nannte er ihre Entscheidung, das Memo ohne Absprache mit Kollegen veröffentlicht zu haben. Den Statusverlust des OIOS führte er auf die "Misswirtschaft" unter zurück, das der Glaubwürdigkeit und Integrität der Vereinten Nationen erheblich geschadet habe.

Den Misswirtschaftsvorwurf gegen Ahlenius erhob der UN-Stabschef in seinem Schreiben mindestens drei Mal. Zudem kritisierte er die Schwedin dafür, ihre Behauptungen, dass der UN-Generalsekretär Untersuchungen zu blockieren oder zu unterbinden suche, nicht durch Beispiele untermauert habe.

Nambiar stellte auch die Frage nach den Befugnissen der damaligen OIOS-Chefin. In ihrem Memo hatte die ehemalige Untergeneralsekretärin eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der politischen UN-Agenda und der UN-Verwaltungsreform gestellt. Beide Bereiche seien kein OIOS-Zuständigkeitsbereich, konterte er.

Ahlenius beharrte jedoch in ihrer Retourkutsche darauf, dass die Vereinten Nationen dringend auf Verwaltungsreformen angewiesen seien. Der UN-Generalsekretär müsse in dieser Frage mehr Führungsstärke zeigen und verantwortungsbewusst handeln, anstatt es bei Worten zu belassen, heißt es in ihren letzten Schreiben. (Ende/IPS/kb/2010)


Links:
http://ipsterraviva.net/uploads/UN/UN/report.Pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53825


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Dezember 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2010