Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → UNO

MELDUNG/049: UN - Mitgliedstaaten versagen beim Schutz von UN-Personal (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. April 2011

UN: Mitgliedstaaten versagen beim Schutz von UN-Personal

Von Thalif Deen


New York, 5. April (IPS) - Der Tod von drei UN-Mitarbeitern in Afghanistan wirft ein Schlaglicht auf die Gefahren, denen Zivilpersonal und Blauhelme ausgesetzt sind, wenn sie unter dem Banner der Vereinten Nationen weltweit im Einsatz sind. Was ihren Schutz vor gewaltsamen Übergriffen angeht, besteht bei den UN-Mitgliedstaaten Nachholbedarf.

Die letzten Opfer - drei UN-Mitarbeiter und vier nepalische Wachen - starben am 1. April bei der Erstürmung eines UN-Gebäudes in der afghanischen Stadt Mazar-i-Sharif. Sie wurden beim Verlassen des Bunkers getötet, wie Staffan de Mistura, UN-Sondergesandter für Afghanistan gegenüber Journalisten in der afghanischen Hauptstadt Kabul berichtete. "Ich bin sehr traurig und schockiert über das, was ich gesehen habe. Doch muss die Arbeit weitergehen. Und wir werden uns nicht aufhalten lassen."

Ausgelöst hatte den Anschlag der US-Priester Terry Jones Ende März mit der öffentlichen Verbrennung des Korans. Dass die Vereinten Nationen die Aktion des Geistlichen verurteilten, konnte das Blutbad offensichtlich nicht verhindern.


Die meisten Opfer durch Erdbeben in Haiti

Im letzten Jahr starben ein UN-Mitarbeiter, zehn Blauhelme und drei beigeordnete Mitarbeiter an den Folgen von Gewalt. Den bisher größten menschlichen Verlust musste die Weltgemeinschaft allerdings im Januar 2010 in Haiti aufgrund des Erdbebens hinnehmen, das 59 zivilen Mitarbeitern und 43 Sicherheitskräften der UN-Stabilisierungsmission für Haiti das Leben kosteten.

Wie UN-Generalsekretär Ban Ki-moon unlängst monierte, wurde das im letzten Jahr in Kraft getretene Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal von 1994 gerade einmal von 23 der insgesamt 192 UN-Mitgliedstaaten genehmigt oder ratifiziert. Dies bedeutet, dass es in der Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten keine Rechtskraft besitzt.

Australien, Großbritannien, Irland und Singapur gehören zu den wenigen Ausnahmen, die den Schutz von UN-Mitarbeitern rechtlich festgeschrieben und gestärkt haben. Ende März stellte Stephen Kisambira, Präsident der Gewerkschaft der UN-Mitarbeiter, Singapur als das Land heraus, das ein UN-Personalgesetz (U.N. Personnel Act) verabschiedet hat, das Übergriffe auf UN-Mitarbeiter, Gebäude und Fahrzeuge kriminalisiert.

Wie der Staatssekretär im singapurischen Außenamt, Zainul Abidin Rasheed, im März gegenüber dem Parlament erklärte, ist es die Pflicht eines jeden verantwortungsvollen Landes, Maßnahmen zum Schutz derjenigen zu ergreifen, die für die Vereinten Nationen weltweit im Einsatz sind.

Tatsächlich sorgt das neue Gesetz dafür, dass Menschen, die außerhalb Singapurs Verbrechen an UN-Mitarbeitern verüben, in Singapur strafrechtlich verfolgt werden. Zudem befähigt es die Regierung des Stadtstaats dazu, Drohungen, Beihilfe zu Verbrechen, Verschwörung und das Unterschlagen von Informationen über Angriffe auf UN-Mitarbeiter, zu ahnden.

"Das Gesetz verpflichtet Singapur darüber hinaus, jeden mutmaßlichen Angreifer auf UN-Personal auf unserem Territorium auszuliefern oder zu verfolgen und den Vertragsstaaten Rechtsbeistand bei der Ahndung der Übergriffe auf UN-Personal zu leisten", erläuterte der singapurische Botschafter bei den UN, Vanu Gopala Menon.


Größte Gefahr in den Kriegsregionen

Nach Angaben der UN-Gewerkschaft wurden im letzten Jahr 28 zivile UN-Mitarbeiter festgenommen und zwölf Blauhelme und zivile Mitarbeiter entführt. Einer der Betroffenen wurde in Darfur über einen Zeitraum von fast drei Monaten gewaltsam festgehalten. Stephen Kisambira zufolge sind die Region Darfur, der Sudan, die Demokratische Republik Kongo und Afghanistan die gefährlichsten Pflaster für UN-Mitarbeiter.

Aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des UN-Generalsekretärs geht hervor, dass 2009 gewaltsame Übergriffe 31 zivilen UN-Mitarbeitern das Leben kosteten. Die Todesfälle standen in 16 Fällen mit Terrorismus in Verbindung, in sechs und neun Fällen mit Verbrechen respektive bewaffneten Konflikten. Im gleichen Jahr wurden 110 Menschen im Zuge von Gewalt verletzt, 22 entführt und 163 festgenommen. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://u-seek.org/
http://www.admin.ch/ch/d/ff/2006/8921.pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55120

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 5. April 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2011