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MELDUNG/126: Lauwarme Reaktion der UN auf US-Einreiseverbot für neuen iranischen Diplomaten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. April 2014

UN: Lauwarme Reaktion auf US-Einreiseverbot für neuen iranischen Diplomaten

von Thalif Deen


Bild: © Rick Bajornas/UN

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon (re.) begrüßt den iranischen Präsidenten Hassan Rouhani vor Beginn eines Ministertreffens der Blockfreien Staaten am 27. September 2013
Bild: © Rick Bajornas/UN

New York, 10. April (IPS) - Als vor vielen Jahren die Wahl auf New York als Sitz des UN-Hauptquartiers fiel, wurde die politisch wichtige Entscheidung mit einem US-UN-Abkommen untermauert. Darin verpflichtete sich Washington, dafür zu sorgen, dass die Weltorganisation ihren Aufgaben und Aktivitäten ungehindert nachkommen kann.

Doch im Verlauf der Jahre kam es zu etlichen Verstößen gegen die Vereinbarung. Dazu zählt die US-Weigerung, dem ehemaligen Palästinenserführer Yassir Arafat ein Visum auszustellen, damit er 1988 an der UN-Vollversammlung teilnehmen konnte. Auch die Schließung New Yorker Bankkonten von mehr als 70 UN-Missionen und deren Mitarbeitern gehört dazu.

Der bisher jüngste Verstoß datiert vom 7. April, als der US-Senat einstimmig beschloss, die Regierung von US-Präsident Barack Obama dazu zu bewegen, dem neu ernannten iranischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, Hamid Aboutalebi, ein Einreisevisum zu verweigern. Zur Begründung hieß es, der Iraner sei 1979 an der gewaltsamen Übernahme der US-Botschaft in Teheran und der Geiselnahme des US-Botschaftspersonals beteiligt gewesen.

Doch Aboutalebi hatte damals nach eigenen Angaben lediglich als Übersetzer und Vermittler zwischen Geiseln und Geiselnehmern agiert. Er sei gar nicht vor Ort gewesen, als eine Gruppe sogenannter Muslimstudenten die US-Botschaft einnahm.


Unverbindliche UN-Reaktion

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der derzeit in Afrika weilt, hat indirekt über seinen Vizesprecher Farhan Haq wissen lassen, dass er vorerst nicht gedenkt, sich in den Streit einzumischen. Wie Haq gegenüber IPS erklärte, handele es sich bei dem Fall Aboutalebi in erster Linie um einen bilateralen Konflikt zwischen den USA und dem Iran.

"Wir werden sehen, wie es weitergeht. Sollte an einem gewissen Punkt unsere Intervention erforderlich sein, werden wir schauen, was es zu sagen gibt", erklärte er. "Ich denke nicht, dass wir unter den derzeitigen Umständen mit Spekulationen über das, was geschehen könnte, weiterkommen werden", fügte er hinzu. Auf die Frage, ob die USA als UN-Standort den Amtsantritt eines UN-Gesandten überhaupt blockieren dürfen, erklärte Haq gegenüber Reportern, dass er sich in diesem bilateralen Fall jedes Kommentars enthalte.

Nach Ansicht von Samir Sanbar, einem ehemaligen UN-Untergeneralsekretär (ASG), der bereits in verschiedenen Funktionen fünf UN-Generalsekretären gedient hatte, zeigt der Fall, wie bilaterale Politik mit internationaler Diplomatie verwechselt wird. Zeichneten sich die Beziehungen zwischen zwei UN-Mitgliedstaaten durch Dualität und Gegenseitigkeit aus, gelten für die Mitgliedschaft in der internationalen Gemeinschaft weiterreichende inklusive Richtlinien einschließlich des UN-Hauptquartiersabkommens von 1947 mit dem Gastland USA, betonte er.

Bei aller Sympathie für die palästinensische Sache gebe es zwischen der Visumsverweigerung für Arafat und dem Einreiseverbot für Aboutalebi einen entscheidenden Unterschied: "Während die damalige Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) lediglich einen UN- Beobachterstatus hatte, ist der Iran, wie immer er politisch geartet sein mag, ein Gründungsmitglied der Vereinten Nationen", betonte Sanbar, ehemaliger Leiter der UN-Presse- und Informationsabteilung.


"Wir nehmen unsere Verpflichtungen gegenüber den UN sehr ernst"

Kurz nach der Senatsabstimmung wurde die US-Außenamtssprecherin Marie Harf mit den Worten zitiert, dass Washington dem Iran seine "ernsten Bedenken" gegen die Ernennung von Aboutalebi mitgeteilt habe. "Gleichwohl nehmen wir unsere Verpflichtungen als Gastland gegenüber den Vereinten Nationen sehr ernst."

Auf die Frage, ob es in der Geschichte der Vereinten Nationen schon einmal vorgekommen sei, dass einem akkreditierten UN-Botschafter das Visum verweigert wurde, verwies Haq die Journalisten an die UN-Bibliothek. "Dort finden Sie eine Menge Material über die lange Geschichte der Vereinten Nationen." Darüber hinaus erklärte er, dass es Zeiten gab, in denen sich unterschiedliche Probleme aufgetan hätten, die auf unterschiedliche Weise gelöst worden seien. "Jeder Fall war im Grunde einzigartig."

Im Fall Arafat, dessen Visum die Regierung des damaligen republikanischen US-Präsidenten Ronald Reagan verweigert hatte, wurde die Vollversammlung vorübergehend nach Genf verlegt, wo der ehemalige Palästinenserführer die Chance für einen Seitenhieb auf Washington nutzte, indem er erklärte: "Ich hätte mir nie vorstellen können, dass mein zweites Treffen mit dieser ehrwürdigen Versammlung seit 1974 in der gastfreundlichen Stadt Genf stattfinden könnte".

Sanbar betonte gegenüber IPS, dass der damalige US-amerikanische Untergeneralsekretär für Fragen der UN-Vollversammlung, Botschafter Joseph Vernon Reed, der wie Reagan ein Republikaner gewesen sei, mit seiner Teilnahme an der UN-Vollversammlung in Genf Charakterfestigkeit gezeigt habe. Interessant sei es nun, welche Position der derzeitige Unter-Generalsekretär für politische Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, zu dem Einreiseverbot für den iranischen Diplomaten beziehen werde.

Feltman war US-Botschafter im Libanon und Staatssekretär für nahöstliche Angelegenheiten. Er hat Teheran bereits zweimal besucht. "Die UN ist eine Organisation des Friedens", unterstrich Sanbar. "Jeder Schritt in Richtung Versöhnung ist besser als ein Konfrontationsversuch."

Im letzten Monat hatte ein afrikanischer UN-Botschafter vor Mitgliedern der Gruppe der 77 (G77), der mit 132 Mitgliedern größten Allianz der Entwicklungsländer, erklärt, dass es angesichts des immer unfreundlicher werdenden Klimas für UN-Diplomaten in New York an der Zeit sei, über einen Umzug des UN-Hauptquartiers nachzudenken. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/04/u-n-non-committal-u-s-visa-refusal-iranian-envoy/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2014