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MELDUNG/141: UN-Generalsekretär warnt vor Isolation Westafrikas durch Ebola (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. November 2014

UN: Generalsekretär warnt vor Isolation Westafrikas durch Ebola

von Thalif Deen


Bild: © Ari Gaitanis/UN

Anthony Banbury, der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für den Kampf gegen Ebola, auf einem Friedhof von Ebola-Opfern in Freetown in Sierra Leone
Bild: © Ari Gaitanis/UN

New York, 19. November (IPS) - Die Vereinten Nationen, die derzeit an einem Nothilfeprogramm für den Kampf gegen Ebola arbeiten, sehen die Gefahr, dass die Region Westafrika vom Rest der Welt isoliert wird. "Es gibt die psychologische Angst und eine von ihr verursachte Kettenreaktion", so der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und warnte vor Aktionen, die jeder wissenschaftlichen oder medizinischen Grundlage entbehren.

Wie Ban im IPS-Gespräch berichtete, gehört der Kampf gegen Ebola zu den Hauptprioritäten der Vereinten Nationen. "Die Seuche wirkt sich auf das gesamte Spektrum unserer Leben aus", fügte er hinzu. Wie recht er damit hat, zeigte die jüngste Absage Marokkos, den Afrika-Cup 2015 vom 17. Januar bis 8. Februar 2015 auszurichten.

So erklärte der marokkanische Sportminister Mohamed Ouzzine in der zweiten Novemberwoche, dass der Entscheidung vor allem "die medizinischen Risiken zugrundliegen, die von diesem Virus für unsere Mitafrikaner ausgehen". In einem Kommentar der New York Times hieß es, dass "die Angst vor einer Verbreitung von Ebola Afrikas wichtigstes Fußballturnier über den Haufen geworfen hat".

Der Afrikanische Fußballverband hat Marokko als Austragungsort der alle zwei Jahre stattfindenden Fußball-Meisterschaft gestrichen. Die 16 afrikanischen Teams werden nun in Äquatorial-Guinea gegeneinander antreten.

Die drei westafrikanischen Epizentren der Ebola-Epidemie sind Liberia, Guinea und Sierra Leone. Marokko zählt geographisch gesehen zu Nordafrika. Im vergangenen Sommer hatten sich die Seychellen für den Afrika-Cup disqualifiziert, weil sie einem Team aus Sierra Leone aufgrund von Ebola die Einreise verweigert hatten.

Inzwischen mehren sich unbestätigte Berichte, wonach philippinische Blauhelme seit ihrer Rückkehr aus Liberia auf einer Insel vor Luzon oder an Bord eines Schiffes unter Quarantäne gestellt wurden. Dazu meinte der UN-Vizesprecher Farhan Haq vor Journalisten, dass UN-Soldaten nach der Heimkehr in ihr Heimatland der Autorität ihrer Regierung unterstünden.

Ban erklärte gegenüber IPS, dass er den Ländern, die umfangreiche Mittel für den Kampf gegen Ebola bereitstellen, unendlich dankbar sei. Dazu gehören die USA, Großbritannien, Japan, Frankreich und andere europäische Länder. Auch würdigte er explizit die USA und Kuba dafür, 4.000 Soldaten beziehungsweise hunderte medizinische Fachkräfte nach Westafrika entsandt zu haben.

In der zweiten Novemberwoche hatte US-Präsident Barack Obama den Kongress aufgefordert, mehr als sechs Milliarden Dollar an Nothilfegeldern freizugeben, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern und US-Bürger vor einer Ansteckung zu schützen. "Ich hoffe, dass die lahme Ente Kongress dem Antrag stattgeben wird", meinte dazu Ban.

Nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden bereits 60 Prozent des mit 988 Millionen Dollar angegebenen Finanzbedarfs zur Bekämpfung von Ebola ausgezahlt. Darüber hinaus gibt es einen Hilfsfonds, für den 58,7 Millionen Dollar zugesagt wurden.

Wie Anthony Banbury, Chef der UN-Nothilfemission gegen Ebola (UNMEER), gegenüber der 193 Mitgliedstaaten zählenden UN-Vollversammlung in der zweiten Novemberwoche erklärte, "ist Ebola ein gefürchteter Feind, und wir werden die Schlacht kaum dadurch gewinnen, dass wir ihm hinterherjagen".

Nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden inzwischen 13.000 Ebola-Infektionen aus acht Ländern gemeldet. Neben den drei Epizentren ist das Virus in den Vereinigten Staaten, Spanien, Mali, Nigeria und Senegal aufgetreten. Mit zunehmender Verbreitung steigt auch die Zahl der Ebola-Waisen. Derzeit sind es rund 3.300. Darüber hinaus ziehen die Nahrungsmittelpreise in Guinea, Liberia und Sierra Leone immer weiter an. Auch wurden die Schulen geschlossen, und die Händler weigern sich, ihre Produkte zu den Märkten zu bringen.

Auf dem soeben zu Ende gegangenen Gipfeltreffen der G20-Industrie- und Schwellenländer hatte der UN-Generalsekretär erklärt, dass die Neuinfektionsrate rückläufig sei und auf einen Rückgang der Ansteckungsgefahr in den am schlimmsten betroffenen Regionen der drei Epizentren schließen lasse. Doch während sie in einer Region sinkt, steigt sie in einer anderen.

Und die Reaktionen auf die fortgesetzte Infektionsgeschwindigkeit seien unzureichend, erklärte Ban zum Abschluss des Gipfeltreffens am 16. November in Brisbane, zu dem der australische Premierminister Tony Abbott geladen hatte. Die G20 forderte er auf, für das Erreichen des 70/70-Ziels zu sorgen: 70 Prozent aller Ebola-Infizierten zu trennen und zu behandeln und 70 Prozent derjenigen, die an der Krankheit gestorben sind, eine sichere und würdevolle Beisetzung zu ermöglichen.

Wie er weiter betonte, muss die internationale Gemeinschaft auch die sekundären Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, Bildung und den Anstieg der Nahrungsmittelpreise nach dem Zusammenbruch der landwirtschaftlichen Aktivitäten in den Ebola-Ländern angehen. Er warnte davor, dass einer Million Westafrikaner eine Hungerkrise bevorstehe.

"Es ist wichtig, dass wir die drei Länder nicht weiter isolieren, indem wir Reiserestriktionen verhängen. Dadurch lässt sich die Ausbreitung des Virus nicht verhindern. Vielmehr werden dadurch unsere Bemühungen, Hilfe zu mobilisieren, eingeschränkt", fügte er hinzu.

Laut der WHO gibt es Anzeichen dafür, dass in Guinea und Liberia die Befallsrate nicht weiter ansteigt. Anders in Sierra Leone. Dort kommt es auch weiterhin zu einer massiven Zunahme der Neuinfektionen. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/11/u-n-concerned-over-ebola-backlash/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2014