Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → UNO

ORGANISATION/466: Malawi - Eine Schule - viele Chancen (unicef)


UNICEF-Nachrichten Nr. 3/2008
Zeitschrift des Deutschen Komitees für UNICEF

Malawi
Eine Schule - viele Chancen

Von Kerstin Bücker


Mit Spenden aus der Aktion "Schulen für Afrika" konnte UNICEF schon in über 650 Schulen in sechs Ländern neue Klassenzimmer bauen oder Bänke und Schulmaterial bereitstellen. In Mfera in Malawi kommt das bildungsprogramm besonders benachteiligten Mädchen zugute.


*


Ennifer Dzimuzani lebt im entlegenen Shire-Tal, im Süden Malawis. Die Eltern der 15-Jährigen sind Kleinbauern - sie verdienen kaum genug, um ihre drei Kinder durchzubringen. Doch trotz aller Schwierigkeiten macht Ennifer Ende des Jahres ihre Abschlussprüfungen in der Schule - auch mit Hilfe von UNICEF. Wenn sie gute Noten hat, kann sie auf die weiterführende Schule gehen. "Ich will Ärztin werden", sagt Ennifer. "Mein großes Vorbild ist Schwester Thoko in unserem Krankenhaus." UNICEF hat an der Mfera-Schule mit Hilfe deutscher Spenden vier neue Klassenräume gebaut. Denn die Schule platzte mit über 1.000 Schülern der Klassen 1 bis 8 aus allen Nähten. Für viele Schüler fand der Unterricht unter freiem Himmel statt - oder in baufälligen, fast hundert Jahre alten Gebäuden. "Früher saßen wir oft frierend auf dem feuchten Lehmboden, es regnete durchs Dach", berichtet Ennifer. "Manche Mitschüler kamen deshalb nicht mehr zum Unterricht."

In den neuen Klassenräumen sind nun die Klassen 1 und 2 zu Hause. Sie sind gut belüftet, an den Wänden hängen Zeichnungen der Schüler. UNICEF hat die Mfera-Schule auch mit Tischen und Bänken versorgt, außerdem Bücher, Hefte, Stifte und weiteres Schulmaterial bereitgestellt. Auch einfache Latrinen, getrennt für Mädchen und Jungen, sind im Bau. Für die Lehrer gab es Schulungen, wie sie die Kinder besser in den Unterricht einbeziehen. "Die Kinder fühlen sich in den neuen Räumen sehr wohl", sagt Chrisy Mzumara. Sie ist seit 40 Jahren Lehrerin. Besonders froh ist sie über den abschließ baren Lagerraum der neuen Klassenräume. "Im Rechenunterricht üben wir häufig mit Steinen, Blättern und Maiskolben. Früher musste ich alles von zu Hause mitbringen - das war sehr mühsam."

Lehrer und Eltern treffen sich zweimal im Schuljahr, um wichtige Schulthemen zu besprechen. Auch die Schüler gestalten das Schulleben aktiv mit: Sie helfen bei der mittäglichen Schulspeisung oder bei der Pflege des Schulgartens. Andere engagieren sich in freiwilligen Schulclubs und klären zum Beispiel Mitschüler über die AIDS-Gefahr auf. Die Wirkung des umfassenden Programms ist deutlich sichtbar: "Wir haben weniger Fehlstunden", sagt Schulleiter Moses Mangwaya. "Lehrer und Schüler sprechen mehr miteinander. Und vor allem Mädchen, die die Schule schon abgebrochen hatten, sind wieder da." Zur Mfera-Schule gehört auch eine "Müttergruppe", eine ihrer Aktiven ist Manesi Ernest. "Ich war in der achten Klasse, als meine Mutter starb", sagt die junge Frau. Ihr Vater lebte damals schon seit einigen Jahren nicht mehr. "Die Leute sagten, meine einzige Chance sei es, zu heiraten." Ein Mann versprach der gerade 15-Jährigen die Ehe. Manesi wurde schnell schwanger. Doch der Mann ließ sie mit dem Baby allein. Mit 18 passierte ihr dann das Gleiche mit einem anderen Mann. "Ich kann die Vergangenheit nicht ändern", sagt die heute 25-Jährige. Aber sie hat sich fest vorgenommen, anderen Mädchen ihr Schicksal zu ersparen.

Die Mütter unterstützen die Schülerinnen und Schüler ganz praktisch - zum Beispiel, indem sie Hilfe organisieren, wenn ein Kind die Schuluniform nicht bezahlen kann oder aus anderen Gründen nicht zum Unterricht kommt. Manesi und andere Mütter treffen sich alle zwei Wochen mit Mädchen der höheren Klassen. Die jungen Frauen motivieren sie, weiter zur Schule zu gehen, und warnen vor zu frühen sexuellen Kontakten. 18 junge Mädchen konnten sie bereits zurück in die Schule holen. Sie waren nicht mehr gekommen, weil sie Geld verdienen mussten. Damit Schülerinnen und Schüler sich nicht in den Cafés und Bars in Schulnähe aufhalten, gingen die Frauen auf die Dorfälteste zu. Mit Unterstützung der einflussreichen Frau gelang es ihnen, ein Lokalverbot für Minderjährige auszuhandeln.


*


Quelle:
UNICEF-Nachrichten Nr. 3/2008, Seite 18-19
Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936 50-0
E-Mail: mail@unicef.de
Internet: www.unicef.de

UNICEF-Nachrichten erscheint vierteljährlich und kostet 2,50 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2009