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RESOLUTION/025: Resolution 1325 - Südafrikanisches Netzwerk kämpft für den Schutz der Frau (OWEN)


OWEN - Oktober 2010

Männergewalt ist heilbar - Südafrikanisches Netzwerk kämpft für den Schutz der Frau

Von Lungi Langa


"Frauen können sich erfolgreich vor Gewalt schützen, wenn sie sich ein wenig von uns Männern helfen lassen", sagt Patrick Godana vom 'Sonke Gender Justice Network' in Südafrika. Die Organisation setzt sich für die Gleichberechtigung und den Schutz der Frau vor sexueller Gewalt ein - indem sie bei den Männern ansetzt.

Godana leitet die 'One-Man-Can'-Kampage, das Flaggschiff der Organisation, die Männer ermutigt, gegen häusliche und sexualisierte Gewalt aktiv vorzugehen und partnerschaftliche und von Respekt geprägte Beziehungen zu Frauen zu suchen und aufzubauen. Außerdem sind die Initiatoren bestrebt, den Idolen der militarisierten Männlichkeit zivile Vorbilder entgegenzustellen.

"Wir sind keine Frauenbewegung", betont Godana. "Aber wir unterstützen die Anliegen unserer Mütter, Frauen, Freundinnen und Töchter." Seiner Meinung ist die extrem hohe Gewalt gegen Südafrikas Frauen - jede zweite wird vergewaltigt, alle sechs Stunden eine Frau von ihrem Lebenspartner ermordet - auch eine Folge der Apartheid: Unterdrückte werden zu Unterdrückern.

Wenige Jahre nach dem Ende der Apartheid verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1325, den ersten verbindlichen Beschluss in der UN-Geschichte, der Frauen ein Recht auf Mitsprache bei der Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten einräumt. Zu den Kernforderungen der Resolution gehören die Gleichberechtigung und der Schutz der Frauen vor allen Formen sexualisierter und anderer Gewalt.

Zehn Jahre sind seit der Verabschiedung vergangen, doch die Bilanz ist ernüchternd. So kommt die Weltfrauenorganisation UNIFEM in einer Untersuchung aus dem letzten Jahr zu dem Schluss, dass in insgesamt 21 Friedensprozessen seit 1992 nur 7,6 Prozent der Unterhändler und lediglich 3,2 Prozent der Mediatoren weiblich waren. In 14 Friedensgesprächen gehörten zu den Unterzeichnern nicht mal drei Frauen. Und von den 192 UN-Mitgliedstaaten haben nur 23 Länder - als letztes Kanada - einen Aktionsplan über die Umsetzung der Resolution vorgelegt.


Männer sensibilisieren

Doch Patrick Godana, der mit seiner Arbeit einen Beitrag zur Umsetzung der Resolution leistet, ficht das schlechte Ergebnis nicht an. Er ist ohnehin überzeugt, dass die Rechte von Frauen zunächst einmal im privaten Umfeld durchgesetzt und Männer zunächst für sämtliche Formen der Unterdrückung sensibilisiert werden müssen.

"Wer versorgt die Familie? Natürlich die Frau. Sie ist es, die um fünf Uhr in der Früh aufstehen muss, um Wasser zu holen, die ihrem Mann das Frühstück zubereitet, seine Kleidungsstücke bügelt und die Kinder für die Schule fertigmacht", so der Aktivist. "Und diese Frau soll sich dann auch noch hübsch machen. Wie soll das gehen? Sie ist die letzte, die ins Bett geht, um dann ihrem Partner auch noch sexuell zu Diensten zu sein. Das ist Gewalt gegen Frauen."

Die One-Man-Can-Kampagne läuft seit vier Jahren. Doch die Arbeit von Sonke ist komplizierter geworden. Die Mitarbeiter sehen einen Zusammenhang mit dem Vergewaltigungsprozess von 2006 gegen den damaligen südafrikanischen Vize-Präsidenten Jacob Zuma, der seit 2009 Staatschef ist. Das Verfahren gegen den bekennenden Polygamisten endete mit einem Freispruch. Während des Prozesses hatte Sonke Mahnwachen abgehalten und die Bestrafung aller Vergewaltiger gefordert.


Präsident als abschreckendes Beispiel

Ein Erfolg war dem Netzwerk in Frühjahr 2010 mit seiner Klage gegen den Vorsitzenden der Jugendliga des Afrikanischen Nationalkongresses, Julius Malema, beschieden. Malema hatte sich im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Zuma zu der Äußerung hinreißen lassen, dass das Vergewaltigungsopfer den Sex mit dem Präsidenten genossen haben dürfte. "Wir sind der Meinung, dass Personen in hohen Positionen für das, was sie von sich geben, zur Rechenschaft gezogen werden müssen", meint Godana. "Wir haben gewonnen."

"Das war ein exzellenter Testfall", schreibt Narnia Bohler Muller, Professorin an der juristischen Fakultät der Metropolitanischen Universität Nelson Mandela, in dem Buch 'Working with Men and Boys: Emerging strategies from across Africa to address Gender-based Violence and HIV/AIDS', das Sonke mit dem 'MenEngage'-Netzwerk veröffentlicht hat. Der Fall Malema ermutige die Frauen dazu, die Gerichte in Fällen von Diskriminierung um Hilfe zu bitten.

Die Vielehen und Sexaffären von Präsident Zuma sind dem One-Man-Can-Kampagnenleiter Godana ein Dorn im Auge. "Polygamie unterminiert den Status der Frau in der Gesellschaft", kritisiert er. Polygamie ist zudem gefährlich in Ländern mit hohen Aidsraten. Nach Angaben des UN-Aidsprogramms tragen 5,7 Millionen Südafrikaner das Tod bringende Virus ins sich. Mindestens 3,2 Millionen - mehr als die Hälfte - aller Infizierten sind Frauen.

"Es sind vor allem viele und wechselnde Partnerschaften für die hohe Infektionsrate verantwortlich. Unter Polygamie verstehe ich verschiedene sexuelle Partnerschaften. Ich bin mir nicht sicher, ob Kondome benutzt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob den Betroffenen klar ist, dass sie möglicherweise mit Aids infiziert sind", so der Aktivist.


Angst vor starken Frauen

Sonke bemüht sich auch um Gleichberechtigung der Frau am Arbeitsplatz. "Erfolgreichen Frauen wird immer gern nachgesagt, dass sie sich nach oben geschlafen haben. Für mich, sind solche Äußerungen ein Hilferuf. Er kommt von Männern, die es nicht ertragen können, dass Frauen verantwortungsvolle Posten bekommen."

Für Godana sind gewalttätige Männer durchaus lernfähig. "Männer sind nicht so, wenn sie auf die Welt kommen. Sie werden es erst. Ebenso gut können sie wieder lernen, auf Gewalt zu verzichten." Seiner Meinung nach hat das Unrechtsregime der Apartheid entscheidend zur Gewaltbereitschaft von Männern beigetragen.

Als Beispiel führt er seinen Vater an. Die schlechten Arbeitsbedingungen, unter denen er als Schwarzer unter einem weißen Minderheitsregime arbeiten musste, hätten sein Selbstwertgefühl zerstört. "Ich habe nie gesehen, dass mein Vater meine Mutter geküsst, wohl aber, dass er sie verprügelt hat. Das hat bei mir emotionale Narben hinterlassen."

Doch Godana ist auch physisch gezeichnet. Er hat Narben, die auf Polizeigewalt während der Apartheid zurückzuführen sind. Verbittert ist er nicht. "Die Arbeit mit Männern", sagt er, "ist heilsam". (Okt. 2010)

Link: www.genderjustice.org.za


Lungi Langa ist Redakteurin bei der preisgekrönten südafrikanischen 'Health-e News Service', [www.health-e.org.za].
Deutsche Bearbeitung des Portraits: Karina Böckmann/IPS Inter Press Service Deutschland [www.ipsnews.de]

Der Beitrag ist Teil eines Kooperationsprojekts der PeaceWomen Across the Globe (PWAG), des deutschen Frauensicherheitsrats, der OWEN-Mobile Akademie für Geschlechterdemokratie und Friedensförderung und des Global Corporation Council, dem Träger von IPS Deutschland.


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Quelle:
OWEN - Mobile Akademie für Geschlechterdemokratie und
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2010