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RESOLUTION/036: Resolution 1325 - Frauen als Friedensstifterinnen unentbehrlich (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. März 2014

Frauen: Als Friedensstifterinnen unentbehrlich - Resolution 1325 "gemeinsames Erbe der Menschheit"

ein Kommentar von Anwarul K. Chowdhury*


Bild: © Paulo Filgueiras/UN

Auf der CSW-Tagung am 11. März 2014
Bild: © Paulo Filgueiras/UN

New York, 20. März (IPS) - Zum 58. Mal in Folge ist die UN-Kommission über den Status der Frau (CSW) zusammengekommen, um einen besonderen Fokus auf Fragen zu legen, die Frauen und somit die Menschheit betreffen. Über die Jahre hat sie sich zu einem wichtigen Instrument entwickelt, das die Bedeutung der Geschlechtergleichheit für den Fortschritt der Menschheit international hervorhebt.

Partizipation ist der Schlüssel für Geschlechtergleichheit und die Stärkung der Rechte der Frauen. Sie hat bei Verhandlungen und Parallelveranstaltungen an Profil gewonnen. Gleichzeitig ist das Engagement von Männern und Jungen für die Geschlechtergleichheit zu einer wichtigen Komponente aller proaktiven Strategien geworden.

Die Annahme der bahnbrechenden Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats hat die Wertschätzung der weiblichen Partizipation weiter erhöht, nachdem Frauen lange Zeit als hilflose Opfer in Kriegen und Konflikten wahrgenommen worden waren. Dabei haben sie sich längst als Friedensstifterinnen bewährt.

In Konflikten übernehmen sie spezielle Aufgaben und halten ihre Familien und Gemeinden zusammen. Auf Graswurzel- und Gemeindeebene bieten Frauen jeder Form der Militarisierung die Stirn, schaffen Raum für Dialog- und Vermittlungsmöglichen und flicken das durch Konflikte zerrissene gesellschaftliche Gewebe. Das Streben nach einem dauerhaften Frieden ist ihnen ein Bedürfnis.

Mit seiner einstimmig getroffenen Erklärung am 8. März 2000 lenkte der UN-Sicherheitsrat formell und zum ersten Mal die weltweite Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Leistungen der Frauen zur Verhinderung politischer Krisen stets unterschätzt, nicht genutzt und unterbewertet wurden. Darüber hinaus erkannte er an, dass "Frieden und die Gleichheit zwischen Frau und Mann nicht voneinander zu trennen sind".

Dieser konzeptionelle und politische Durchbruch führte im Oktober des gleichen Jahres zu der bahnbrechenden Resolution 1325 über Frauen und Frieden und Sicherheit. Die Aussagekraft der Resolution, wonach ein nachhaltiger Frieden ohne die vollständige Partizipation der Frau nicht möglich ist, zeigt sich heute gerade darin, dass Frauen immer noch nicht gleichberechtigt an Friedensgesprächen beteiligt werden.


Menschliche Sicherheit zweitrangig

Die derzeit international zu beobachtenden Praktiken, die die Sicherheit von Frauen schwächen und diesen das Recht auf eine gleichberechtigte Mitsprache verwehren, sind wahrlich enttäuschend. Sie fußen auf militärisch ausgerichteten Sicherheitskonzepten. Es geht um ein Sicherheitsdenken, das mit dem Konzept der menschlichen Sicherheit unvereinbar ist - der Sicherheit der Menschen. Die menschliche Sicherheit spielt bei den Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates selten eine übergeordnete Rolle.

Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von A. K. Chowdhury

UN-Botschafter Anwarul K. Chowdhury
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von A. K. Chowdhury

Das sollte uns antreiben, hervorzuheben, dass Frauen ganz andere Möglichkeiten der Friedensförderung haben - und zwar nicht nur auf lokaler, sondern auch auf nationaler, regionaler und globaler Ebene. Indem sie mit ihren Erfahrungen zu den Friedenstischen zugelassen werden, können sie die Verhandlungen um ein praktisches Verständnis für die unterschiedlichen Herausforderungen, mit denen sich die Zivilbevölkerung konfrontiert sieht, bereichern. Die Mechanismen und die Abmachungen, die aus einer solchen Beteiligung hervorgehen, reagieren naturgemäß viel einfühlsamer auf die Nöte der normalen Menschen und sind deshalb auch viel zweckdienlicher und nachhaltiger.


Vom Kriegs- zum Friedenskult

Anzuerkennen, dass Frauen unbedingt an die Friedenstische gehören, ermöglicht den Übergang von einem Kriegs- zu einem Friedenskult. Das ist die eigentliche Leistung, die sich in der Verabschiedung der Resolution 1325 manifestiert.

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an drei Frauenrechtlerinnen 2011 [die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf und die beiden Friedensaktivistinnen Leymah Gbowee (Liberia) und Tawakkul Karman (Jemen)] stand in einem direkten Zusammenhang mit der Resolution 1325. Betont wurde damals die Notwendigkeit, Frauen in Friedensprozessen und in der Friedensarbeit auf Augenhöhe mit Männern einzubinden.

Das Nobelpreiskomitee erklärte ferner, dass "wir keine Demokratie und keinen dauerhaften Frieden erreichen können, solange Frauen nicht die gleichen Möglichkeiten wie Männer haben, Einfluss auf die Entwicklungen auf allen Ebenen zu nehmen". Das war das erste Mal, dass ein Friedensnobelpreis derartig explizit auf eine UN-Resolution verwiesen hat.

In Artikel 25 der UN-Charta heißt es: "Die Mitglieder der Vereinten Nationen stimmen darin überein, die Entscheidungen des Sicherheitsrates (...) zu akzeptieren und umzusetzen." Die Sicherheitsratsresolution 1325 verpflichtet die UN-Mitgliedstaaten dazu, für eine vollständige Umsetzung der Resolution zu sorgen. So sind sie unter anderem dazu verpflichtet, nationale Aktionspläne (NAP) fertigzustellen. Von 193 UN-Mitgliedstaaten haben dies jedoch erst 43 getan, zehn weitere sind noch dabei. Von den 193 Aktionsplänen sind wir also noch meilenweit entfernt.

Die Zivilgesellschaft, insbesondere Frauenorganisationen, Menschenrechtsaktivisten und Friedensgruppen auf aller Welt müssen ihre Kräfte mobilisieren, um Regierungen an die Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu erinnern, die sie mit der Resolution 1325 eingegangen sind.

Erforderlich ist die internationale Unterstützung, um die Partizipation und die Bedeutung von Frauen bei den offiziellen und inoffiziellen Bemühungen um Konfliktprävention und -mediation zu stärken. Dazu zählen auch Maßnahmen, die Frauenfriedensgruppen beim Aufbau von Kapazitäten in Konflikt- und Nachkriegssituationen helfen.

Erforderlich ist eine koordinierte und kohärente Unterstützung von Seiten des UN-Systems, um die Wirksamkeit der Friedensbemühungen durch eine erhöhte Partizipation von Frauen und durch eine Verbesserung der Kapazitäten zu steigern, damit Frauenfragen in Friedens- und Nachkriegsprozessen angegangen werden.

Es ist wichtig, die Ansichten von Frauen und Männern gleichermaßen ernst zu nehmen und sie bei wirtschaftlichen und politischen Planungen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Nur dann können Männer und Frauen gleichberechtigt und demokratisch gesellschaftliche Prozesse voranbringen.

Meine eigenen Erfahrungen im Verlauf meiner verschiedenen Verantwortlichkeiten - vor allem der letzten 20 Jahre - haben mich gelehrt, dass die Partizipation von Frauen in der Friedensarbeit sicherstellt, dass ihre Erfahrungen, Prioritäten und Lösungen zu einer dauerhaften Stabilität, guten Regierungsführung und einem nachhaltigen Frieden führen.

1325 ist ein "gemeinsames Erbe der Menschheit", das auf Frieden, Gleichheit und Entwicklung abzielt und das in einem einzigartigen historischen und universellen UN-Dokument verankert ist. Wir sollten nie vergessen, dass die Chancen für einen nachhaltigen Frieden im eigentlichen Sinne gering sind, wenn Frauen marginalisiert werden. (Ende/IPS/kb/2014)


* UN-Botschafter Anwarul K. Chowdhury war Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen (2002-2007) und Botschafter von Bangladesch bei den UN (1996-2001). Als Präsident des UN-Sicherheitsrats im Jahr 2000 war er maßgeblich am konzeptionellen Durchbruch der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 beteiligt. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/03/op-ed-participation-key-womens-equality-empowerment/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. März 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2014