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BERICHT/354: Die wirtschaftliche Lage in Deutschland - Juli 2015 (BMWi)


Bundesministerium für Wirtschaft und Energie - Berlin, 10. Juli 2015

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland - Juli 2015

• Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Sommer in einem gemäßigten, aber soliden Aufschwung.
• Die Weltwirtschaft stabilisierte sich zuletzt nach relativ schwachem Jahresbeginn. Die Erholung im Euroraum setzt sich ungeachtet der aktuellen Krise in Griechenland in moderatem Tempo fort.
• Die Industriekonjunktur hat sich gegenüber dem Jahresbeginn belebt. Die Dynamik in der Baubranche schwächte sich vorübergehend etwas ab.
• Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt setzt sich weiter fort.


Die deutsche Wirtschaft befindet sich zur Jahresmitte in einem gemäßigten, aber soliden Aufschwung. [1] Nach einem unauffälligen Jahresbeginn hat sich die Konjunktur im Laufe des zweiten Quartals etwas gefestigt. Vor allem die Industrieunternehmen konnten ihre Produktion spürbar ausweiten. [2] Die Bestellungen aus dem Ausland nahmen überdurchschnittlich zu. Hier helfen die Belebung im übrigen Euroraum und der niedrige Eurowechselkurs. Im Bausektor fiel die Frühjahrsbelebung nach dem produktionsintensiven milden Winter allerdings gedämpfter aus. Dennoch bleiben seine Aussichten aufgrund der günstigen Rahmenbedingungen weiterhin gut. Wichtigste Triebfeder bleibt der private Konsum. Dank der positiven Entwicklung der Beschäftigung und der Einkommen befindet sich die Anschaffungsneigung der Verbraucher auf hohem Niveau. Auch ist die Stimmung in den Unternehmen gut. Allerdings wurde sie durch die griechische Krise etwas beeinträchtigt. Es ist wohl vor allem die Unsicherheit über den weiteren Fortgang, die Auswirkungen auf unternehmerische Entscheidungen in Deutschland und in anderen Ländern Europas haben könnte. Insbesondere die längerfristigen Auswirkungen der Griechenlandkrise sind schwierig abzuschätzen. Die kurzfristigen Ansteckungseffekte werden derzeit als relativ gering wahrgenommen.

Die Weltwirtschaft stabilisierte sich zuletzt nach relativ schwachem Jahresbeginn. Die weltweite Industrieproduktion hat bis April etwas an Schwung gewonnen. Die Dynamik bleibt aber noch verhalten. In den Vereinigten Staaten konnte sich die Industrieproduktion nach der temporären Schwächephase aufgrund des strengen Winters auch zu Beginn des zweiten Quartals noch nicht durchgreifend erholen. Die Stimmungsindikatoren zeichnen ebenfalls ein gemischtes Bild. Im Euroraum scheint die konjunkturelle Entwicklung zuletzt stabil zu verlaufen. In verschiedenen Schwellenländern bleiben allerdings die Wachstumsaussichten unsicher. In China fällt beispielsweise das Wachstum weiterhin schwach aus. Hierbei kann es sich jedoch um eine gewisse Normalisierung handeln. Zusätzlich gab es zuletzt deutliche Korrekturen am Aktienmarkt. Die nach wie vor niedrigen Ölpreise sind für rohstoffexportierende Länder eine Belastung. Nach dem verhaltenen Jahresbeginn dürfte sich das globale Wirtschaftswachstum etwas beschleunigen. Der Internationale Währungsfonds geht für dieses Jahr von einem Weltwirtschaftswachstum von 3,3 % aus. Für das kommende Jahr wird mit einem Wachstum von 3,8 % gerechnet.

Die deutschen Unternehmen haben ihre Warenausfuhren im Mai kräftig ausgeweitet. Im Vergleich zum Vormonat sind die nominalen Ausfuhren um 1,7 % gestiegen. Im Dreimonatsvergleich ergibt sich ein Anstieg um +2,9 %. Der Trend der nominalen Warenexporte zeigt damit weiterhin deutlich nach oben. Die Ausfuhrpreise sind zuletzt nach einem kräftigen Anstieg seit Beginn des Jahres leicht zurückgegangen. Die nominalen Wareneinfuhren sind im Mai ebenfalls höher ausgefallen als im Vormonat, wenn auch mit 0,4 % etwas schwächer als die Ausfuhren. Im Dreimonatstrend sind die nominalen Einfuhren mit +2,9 % weiterhin deutlich positiv. Die Einfuhrpreise waren zuletzt leicht rückläufig. Insgesamt bleibt der Ausblick für die Exporte aus Deutschland verhalten positiv.

Die deutsche Industriekonjunktur hat im zweiten Quartal etwas an Dynamik gewonnen. Im Mai wurde das Produktionsvolumen um weitere 0,4 % ausgeweitet. Nach dem spürbaren Anstieg im Vormonat ist für das zweite Quartal insgesamt mit einem positiven Ergebnis zu rechnen. Auch die Umsätze konnten in den vergangenen zwei Monaten merklich gesteigert werden und kletterten dank positiver Impulse aus dem Ausland auf den höchsten Stand seit sieben Jahren. Die Auftragseingänge sind trotz eines leichten Rückgangs im Mai im Trend aufwärtsgerichtet und profitieren derzeit insbesondere von der steigenden Auslandsnachfrage. Der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe lag im April um 4,4 % über dem Wert des Vorjahres und entspricht etwa der Produktionsleistung von fünf Monaten. Für die kommenden Monate ist daher weiterhin eine solide Industriekonjunktur zu erwarten. Gleichwohl weist der erneute Rückgang des ifo Geschäftsklimas im Juni auf bestehende Risiken hin. Die Dynamik im Bausektor hat nach dem recht starken ersten Quartal vorübergehend etwas nachgelassen. Im Mai ging die Bauproduktion wie bereits im April zurück. Damit dürfte die Bauproduktion im zweiten Quartal hinter dem Ergebnis des ersten Quartals zurückbleiben. Insgesamt bleiben die Rahmenbedingungen für die Baubranche aber gut. Dies spiegelt sich unter anderem in dem gestiegenen Geschäftsklima wider.

Der private Konsum dürfte seine Rolle als konjunkturelle Triebfeder beibehalten. Nach den deutlichen Zuwächsen der privaten Konsumausgaben in den letzten drei Quartalen ist auch im zweiten Vierteljahr mit einem positiven Wachstumsbeitrag des privaten Konsums zu rechnen. Zwar wurden die Einzelhandelsumsätze teilweise nach unten korrigiert, aber für die Berichtsmonate April und Mai war eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. Die Einzelhandelsumsätze (ohne Kfz-Handel) stiegen im Mai um 0,5 %. Auch die dem privaten Konsum zuzurechnenden Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen in der Haltergruppe der Arbeitnehmer und Nichterwerbstätigen konnten im zweiten Vierteljahr kräftig gegenüber dem Vorjahresquartal zulegen. Die Umsätze im Kfz-Handel entwickeln sich dynamisch und stiegen im April bereits den fünften Monat in Folge merklich an. Insgesamt bleiben die Rahmenbedingungen für die private Konsumnachfrage weiterhin günstig. Auch wenn die Anschaffungsneigung der privaten Haushalte - gemäß der Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung - in den vergangenen drei Monaten rückläufig war, befindet sich dieser Indikator im langfristigen Vergleich auf einem sehr hohen Niveau.

Die positiven Entwicklungen am Arbeitsmarkt setzen sich gedämpft fort. Im Mai erhöhte sich die Erwerbstätigkeit im Inland saisonbereinigt um 7.000 Personen. Insgesamt gab es im Monatsdurchschnitt knapp 42,8 Mio. Erwerbstätige, 206.000 Personen mehr als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm im April saisonbereinigt um 31.000 Personen kräftig zu. Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten verringerte sich im April gegenüber dem Vorjahr deutlich. Mit der Einführung des Mindestlohns wurde offensichtlich ein Teil der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Stellen umgewandelt. Die Arbeitslosigkeit ging im Juni um 51.000 auf 2,711 Mio. Personen zurück, 122.000 Personen weniger als vor Jahresfrist. Saisonbereinigt nahm die Arbeitslosigkeit um 1.000 Personen ab. Die Arbeitslosenquote verringerte sich damit auf 6,2 %. Die vorausschauenden Indikatoren signalisieren eine Fortsetzung der positiven Tendenzen am Arbeitsmarkt.


Hinweis:
Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der August-Ausgabe des Monatsberichts "Schlaglichter der Wirtschaftspolitik" veröffentlicht. Diese Ausgabe wird voraussichtlich in der 31. Kalenderwoche auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu finden sein.

[1] In diesem Bericht werden Daten verwendet, die bis zum 9. Juli 2015 vorlagen.

[2] Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich um Veränderungsraten gegenüber der jeweiligen Vorperiode auf Basis preisbereinigter sowie nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA kalender- und saisonbereinigter Daten.

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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 10. Juli 2015
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Internet: http://www.bmwi.de
E-Mail: info@bmwi.bund.de
Telefon: 030-186150


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2015

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