Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

GEWERKSCHAFT/196: ver.di ruft Schlichtung im öffentlichen Dienst an (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 11. Februar 2010

ver.di ruft Schlichtung im öffentlichen Dienst an


Die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind in der dritten Runde ohne Ergebnis geblieben. Deshalb ruft die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) jetzt die Schlichtung an. Dies hat die Bundestarifkommission am Donnerstag in Potsdam beschlossen. "Wir wollen nichts unversucht lassen, doch noch zu einer Einigung auf dem Verhandlungswege zu kommen", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske im Anschluss an die Gespräche.

Die Arbeitgeber hatten in der dritten Verhandlungsrunde zwar erstmals ihre Position dargestellt. Diese Positionierung fällt aber aus Sicht der Bundestarifkommission völlig unzureichend aus. "Die Arbeitgeber haben sich insgesamt viel zu wenig bewegt, sowohl in der Größenordnung wie in der Ausgestaltung", betonte Bsirske. Die rund 120.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die sich in der vergangenen Woche an Warnstreiks und Protesten beteiligt hatten, hätten ein deutliches Zeichen gesetzt, dass sie von den Arbeitgebern spürbare Verbesserungen bei Einkommen und Arbeitsbedingungen erwarten. Auch spartenspezifische Fragen in den Bereichen Nahverkehr, Krankenhäuser und Versorgungsunternehmen konnten angesichts unterschiedlicher Vorstellungen über das Gesamtvolumen eines Abschlusses nicht ausreichend konkretisiert werden.

Die Schlichtung beginnt in den nächsten Tagen. Stimmberechtigter Schlichter ist der langjährige Oberbürgermeister von Hannover und Ehrenpräsident des Deutschen Städtetages, Herbert Schmalstieg. Er wurde von den Gewerkschaften benannt. Ihm zur Seite steht - diesmal ohne Stimmrecht und von den Arbeitgebern benannt - der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen, Georg Milbradt. Während der Schlichtung herrscht Friedenspflicht.

Die Bundestarifkommission von ver.di hatte Mitte Dezember ein Forderungspaket im Gesamtvolumen von 5 Prozent beschlossen, das neben einer nicht bezifferten Gehaltssteigerung inklusive sozialer Komponente unter anderem Aufstiegsmöglichkeiten, tarifliche Altersteilzeit und die Übernahme von Auszubildenden umfasst.


*


Bewertung der Arbeitgeberpositionierung durch die Gewerkschaften

Die Wirtschaftskrise ist noch nicht überwunden. Daher sind weitere Maßnahmen zur Stärkung der wirtschaftlichen Erholung und vor allem der Binnenkonjunktur unerlässlich. In dieser Situation kommt dem öffentlichen Dienst eine besondere Verantwortung zu, Impulse für die Kaufkraft zu setzen. Vor diesem Hintergrund bedauern die Gewerkschaften, dass eine Einigung trotz Annäherungen in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen nicht möglich gewesen ist. Die Gewerkschaften haben in der dritten Verhandlungsrunde am 11. Februar 2010 in Potsdam deutlich gemacht, dass sie sich eine Einigung vorstellen können, die eine lineare Erhöhung der Entgelte um 2,5 Prozent inklusive sozialer Komponente für 2010 enthält. Angesichts des begrenzten Verteilungsspielraums sehen sie dabei keinen Raum für eine Aufstockung der Leistungsprämien. Über die lineare Steigerung hinaus halten die Gewerkschaften qualitative Vereinbarungen zu den Themen Altersteilzeit, Aufstiegsmöglichkeiten und Übernahmegarantien für Auszubildende für notwendig, die im Volumen rund 1 Prozent ausmachen.

Die Position der Arbeitgeber ist demgegenüber in Größenordnung wie Ausgestaltung völlig unzureichend. Durch das von Bund und Kommunen skizzierte Volumen ließe sich noch nicht einmal die Preissteigerung für 2010 ausgleichen, für 2011 bedeutete dies für alle Beschäftigten einen deutlichen Reallohnverlust.

Die Verhandlungen haben gezeigt, dass die Arbeitgeber bereit sind, auch strukturelle und qualitative Themen aufzunehmen. Diese Themen konnten jedoch in den Verhandlungen angesichts unterschiedlicher Vorstellungen über das Gesamtvolumen eines Abschlusses nicht ausreichend konkretisiert werden. Dazu gehören auch spartenspezifische Fragen in den Bereichen Nahverkehr, Krankenhäuser und Versorgungsunternehmen.

Vor diesem Hintergrund haben die Tarifkommissionen von ver.di und dbb tarifunion daher das Scheitern der Verhandlungen feststellen müssen. Es wurde beschlossen, die Schlichtung anzurufen. Die Gewerkschaften wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, doch noch ein Ergebnis auf dem Verhandlungswege zu erzielen. Sie werden dies gemeinsam mit den Arbeitgebern tun.

Potsdam, den 11. Februar 2010


*


Quelle:
Presseinformation vom 11.02.2010
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Christoph Schmitz - ver.di-Bundesvorstand
Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Telefon: 030/6956-1011 und -1012, Fax: 030/6956-3001
E-Mail: pressestelle@verdi.de
Internet: www.verdi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2010